Camel Club 02 - Die Sammler
zitterndem Finger auf Annabelle. »Ich wusste es! Ich hab gleich geahnt, dass du solch einen Mist abziehen willst!«
Tony sah beide der Reihe nach an. »Wer ist Jerry Bagger?«
»Der übelste Dreckskerl der Welt«, stieß Leo hervor. »Du solltest hoffen, ihm nie über den Weg zu laufen, Jungchen.«
»Wenn du Tony weiter so scharfmachst«, scherzte Annabelle, »will er die Nummer noch allein durchziehen.«
»Mit Jerry Bagger lege ich mich nicht für 3 Millionen, nicht für 33 Millionen und nicht für 333 Millionen an, weil ich sowieso nicht überlebe und deshalb nichts von der Knete habe.«
»Aber du bist mit uns gekommen, Leo. Und wie du eben schon sagtest – du hast gewusst, dass ich’s auf ihn abgesehen habe.« Annabelle stand auf, kam um den Tisch herum und legte Leo den Arm um die Schultern. »Und wenn wir schon bei der Wahrheit sind, dann ist es doch so, dass du seit zwanzig Jahren auf eine Gelegenheit lauerst, es dem Drecksack zu zeigen. Gib’s zu.«
Auf einmal wirkte Leo verlegen, zündete sich eine weitere Winston an und blies den Rauch zur Zimmerdecke. »Jeder, der schon mal mit Bagger zu tun hatte, will diesen Mistkerl zur Hölle schicken. Na und?«
»Ich will ihn nicht umbringen, Leo, ich möchte ihm so viel Geld wegnehmen, dass es ihm richtig weh tut. Du könntest seine Familie umbringen – er würde längst nicht so jammern, als wenn jemand den Zaster abgreift, den er von den armen Trotteln einsackt, die jeden Tag durch seinen Spielsalon latschen.«
»Klingt cool«, meinte Tony, während Freddy noch unsicher wirkte.
Wütend sah Leo den jungen Mann an. »Cool? Du hältst das für cool? Ich will dir mal was sagen, du Grünschnabel. Wenn du bei Jerry Bagger einen solchen Flop landest wie in der Bank, bleibt von dir nicht genug übrig, um es deiner Mama in einem Briefumschlag zur Bestattung zu schicken.« Leo wandte sich um und wies erneut mit dem Finger auf Annabelle. »Lass mich eins klarstellen. Ich lege mich nicht mit Jerry Bagger an. Und ich lege mich erst recht nicht mit dem Kerl an, wenn so eine Lusche wie der Kleine dabei ist.«
»Okay, okay, Mann, ich hab einen Fehler gemacht!«, erregte sich Tony. »Ist dir das noch nie passiert?«
Leo gab ihm keine Antwort, starrte stattdessen Annabelle an.
»Tonys Mitwirkung beschränkt sich auf das, was er am besten kann«, sagte Annabelle. »Er bekommt es nie mit Jerry persönlich zu tun.« Sie sah Freddy an. »Und Freddy bleibt sowieso im Hintergrund. Er muss nur ein paar erstklassige Papiere fabrizieren. Der Erfolg des Unternehmens hängt von dir und mir ab, Leo. Falls du nicht der Meinung bist, wir beide wären nicht gut genug, sehe ich keinen stichhaltigen Einwand.«
»Man kennt uns, Annabelle. Wir sind da schon gewesen.«
Wieder umrundete Annabelle den Tisch, öffnete eine Sammelmappe und hielt zwei Hochglanzfotos eines Mannes und einer Frau hoch.
»Wer ist das?«, fragte Freddy.
»Annabelle und ich«, antwortete Leo mürrisch, während er die Bilder betrachtete. »Vor langer Zeit. In Atlantic City«, äffte er sie nach.
»Woher hast du die Aufnahmen?«, fragte Tony.
»Jedes Kasino hat ein so genanntes Schwarzbuch – eine Porträtsammlung von Leuten, die versucht haben, eine krumme Tour abzuziehen«, erläuterte Annabelle. »Diese Informationen werden mit anderen Spielhöllen ausgetauscht. Du hast nie versucht, ein Kasino zu bescheißen, Tony, und ebenso wenig Freddy – was einer der Gründe ist, warum ich euch ausgeguckt habe. An die Fotos bin ich herangekommen, weil ich hier in der Stadt noch ein paar Kontakte habe. Erwischt und fotografiert hat man uns nie. Diese Bilder sind nach Personenbeschreibungen aus Standardkomponenten zusammengefügt worden. Hätten sie echte Fotos, wäre ich jetzt wohl nicht hier.«
»Aber so seht ihr überhaupt nicht mehr aus!«, sagte Tony und fügte spöttisch hinzu: »Tolle Informationen.«
Annabelle entnahm der Sammelmappe zwei weitere Hochglanzfotos. Diese Bilder hatten mehr Ähnlichkeit mit ihr und Leo. »Wie die Polizei es bei verschwundenen Kindern macht, beschäftigen die Kasinos Experten, die es verstehen, Fotos digital zu altern, wobei der normale Alterungsprozess zugrunde gelegt wird. Diese aktualisierten Bilder kommen dann ins Schwarzbuch und werden überdies dem elektronischen Überwachungssystem eingespeist, das mit Gesichtserkennungssoftware arbeitet. Darum werden wir ganz anders aussehen, wenn wir Jerry Bagger ausnehmen.«
»Ich leg mich nicht mit Jerry an«, knurrte Leo.
»Komm
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