Camel Club 02 - Die Sammler
Hände, seine Kreativität und Findigkeit bei der Wiederherstellung alter Bücher und seine umfassenden Kenntnisse alter Restaurierungs- und Reparaturmethoden. »Wenn Sie Zeit haben, Monty, hier ist ein Freizeitjob für Sie.« Caleb hielt das Buch in die Höhe. »Schall und Wahn. An den Rändern sind Wasserschäden. Das Buch hat Jonathan DeHaven gehört. Ich bin mit dem Verkauf seiner Sammlung betreut worden.«
Monty schaute sich den Roman an. »Bis wann?«, fragte er mit seiner hohen Stimme.
»Lassen Sie sich Zeit. Wir sind noch im Anfangsstadium.«
Überaus qualifizierte Konservatoren wie Monty betätigten sich des Öfteren gleichzeitig an mehreren bedeutsamen wie auch minderrangigen Projekten. Sie arbeiteten bis spät abends und auch an Wochenenden, weil sie dann niemand störte. Caleb wusste, dass Monty zu Hause einen genauso gut ausgestatteten Arbeitsplatz hatte, an dem er dann und wann Aufträge in Heimarbeit erledigte.
»Reversibel?«, fragte Monty.
Die Vorschriften verlangten, dass jede Buchrestaurierung »reversibel« erfolgen musste. Am Ende des neunzehnten, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hatten sich Konservatoren, was Bücher betraf, in einer ausgesprochenen »Modernisierungsphase« befunden. Das unglückliche Ergebnis war gewesen, dass zahlreiche alte Bücher völlig umgestaltet wurden, wobei man ihre Originaleinbände wegwarf und den Inhalt in helles, neues, geprägtes Leder mit bisweilen affigen Verschlussschlaufen band. Diese Bücher sahen ganz nett aus, doch die historische Originalität war ein für alle Mal dahin und konnte unmöglich wiederhergestellt werden.
»Ja, reversibel«, antwortete Caleb. »Und würden Sie bitte aufschreiben, welche Restaurierungsmaßnahmen Sie vornehmen? Wir legen die Dokumentation dann dem Buch bei, wenn es verkauft wird.«
Monty nickte und befasste sich wieder mit seiner derzeitigen Aufgabe.
Caleb kehrte in den Lesesaal der Raritätenabteilung zurück. Auf dem Weg durch die Gänge lachte er halblaut vor sich hin. »Miltie«, murmelte er leise. »Milton und seine neue Frisur.« So viel Spaß sollte er lange nicht mehr haben.
KAPITEL 33
»Regina Collins«, sagte Annabelle forsch und reichte der Frau die Visitenkarte. »Ich habe einen Termin bei Mr. Keller.« Sie und Milton standen am Empfang des Architektenbüros Keller & Mahoney, das in einem hohen, braunen Sandsteingebäude unweit des Weißen Hauses untergebracht war. Annabelle trug einen engen schwarzen Hosenanzug, der ihr von rötlichen Glanzstellen schimmerndes Haar vorteilhaft betonte. Hinter ihr stand Milton, der wechselweise den orangefarbenen Schlips zurechtrückte und seinen Pferdeschwanz betastete, zu dem Annabelle sein langes Haar gebunden hatte.
Wenig später fand sich ein großer Mann Mitte fünfzig mit gewellten grauen Haaren ein, um sie zu begrüßen. Über dem mit einem Monogramm versehenen Streifenhemd, dessen Ärmel er aufgekrempelt hatte, hielten grüne Hosenträger seine Hose. »Ms. Collins?«, fragte er. Sie gaben sich die Hand, und Annabelle reichte ihm eine Visitenkarte.
»Ich bin sehr erfreut, Mr. Keller. Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen, so kurzfristig mit uns zu sprechen. Meine Sekretärin sollte Sie anrufen, ehe wir aus Frankreich abfliegen. Selbstverständlich suche ich mir jetzt eine neue.« Sie wies auf Milton. »Mein Mitarbeiter, Mr. Leslie Haynes.«
Es gelang Milton, »Hallo!« zu sagen und dem Mann die Hand zu drücken; er machte dabei allerdings nicht den Eindruck, sich wohl in seiner Haut zu fühlen.
»Entschuldigen Sie, wir leiden noch ein bisschen unter dem Jetlag«, sagte Annabelle, als sie Miltons Unbeholfenheit bemerkte. »Normalerweise fliegen wir nachmittags, aber die Maschine war ausgebucht. Wir mussten in Paris noch vor dem Morgengrauen aufstehen. So etwas schafft einen ganz schön.«
»Sicher, sicher«, antwortete Keller freundlich. »Ich kann es vollauf nachvollziehen.«
In seinem Büro setzten sie sich an einen kleinen Konferenztisch. »Ich weiß, dass Sie ein sehr beschäftigter Mann sind, also komme ich gleich zur Sache. Wie ich schon am Telefon sagte, bin ich Chefredakteurin einer neuen, für den Vertrieb in Europa geplanten Fachzeitschrift für Architektur.«
Keller betrachtete die Visitenkarte, die Annabelle erst früh am Morgen fabriziert hatte. »La Balustrade. Pfiffiger Name.«
»Danke. Die Werbeagentur hat viel Zeit und eine Menge Geld – unser Geld – gebraucht, um sich diesen Namen auszudenken. So etwas kennen Sie
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