Camel Club 02 - Die Sammler
Erklärung für die Geheimhaltung. Caleb lag daran, alles zu vermeiden, was das Ansehen seines Freundes besudeln könnte.
Caleb verdrängte diese unschönen Gedanken und ging zu einem Plausch hinüber zu Jewell English, die seit mehreren Jahren regelmäßig im Lesesaal aufkreuzte, genau wie der Hemingway-Fan Norman Janklow.
Jewell setzte die Brille ab, als sie Caleb näher kommen sah, schob die Blätter mit ihren säuberlich niedergeschriebenen Notizen in einen Schnellhefter und forderte ihn mit einem Wink auf, neben ihr Platz zu nehmen. Als er saß, ergriff sie seinen Arm. »Caleb«, sagte sie aufgekratzt, »ich habe ein Angebot für einen Beadle im Mint-Zustand. Maleska, die Indianerfrau des Weißen Jägers. Es ist die Nummer eins, Caleb.«
»Ich glaube, davon haben wir auch ein Exemplar«, antwortete Caleb nachdenklich. »Achten Sie darauf, dass der Band wirklich im Mint-Zustand ist, Jewell. Die Beadle-Serie ist billig geheftet worden.«
Jewell English patschte die Händchen zusammen. »Hach, aber ist es nicht aufregend, Caleb? Die Nummer eins!«
»Doch, ja, das ist schon was. Wenn Sie möchten, sehe ich mir das Exemplar vorher an.«
»Ach, Sie sind ja ein ganz Lieber. Sie müssen mal bei mir auf einen Drink reinschauen. Wir haben so vieles gemeinsam.« Sie tätschelte seinen Arm und wölbte verheißungsvoll die nachgezogenen Brauen.
»Ja, das wäre sicher nett«, plapperte Caleb verdutzt. »Irgendwann vielleicht. Demnächst. Kann gut sein.« Es kostete ihn beträchtliche Beherrschung, nicht im Laufschritt an seinen Schreibtisch zurückzukehren. Von einer Siebzigerin ins Visier genommen zu werden, schmeichelte nicht unbedingt seinem Ego. Doch während sein Blick durch den Saal schweifte, gewann er rasch die gute Laune zurück. In der Tat hatte es etwas Tröstliches an sich, Leseratten wie Jewell English und Norman Janklow an den gediegenen Tischen sitzen und in alten Publikationen blättern zu sehen. Dadurch schien die Welt wesentlich angenehmer zu sein, als sie es wirklich war, und dieser Illusion gab sich Caleb, wenigstens für ein paar Stunden am Tag, durchaus gern hin. Ach, könnte man doch noch einmal in der Zeit des Schreibpapiers und des Füllhalters verweilen, und wenn nur für ein Weilchen.
Ungefähr zwanzig Minuten später arbeitete er noch immer an seinem Schreibtisch, als er hörte, dass die Tür des Lesesaals sich öffnete. Er hob den Blick und erstarrte. Cornelius Behan schritt auf die Anmeldung zu. Plötzlich bemerkte er Caleb und sagte etwas zu der Frau am Anmeldetisch, die daraufhin auf Caleb deutete. Behan kam zu Caleb, der unterdessen aufstand, und streckte die Hand aus. Er hatte, stellte Caleb fest, keine Aufpasser dabei; wahrscheinlich hatte der Sicherheitsdienst der Bibliothek sie wegen der Schusswaffen nicht eingelassen.
»Mr. Behan«, sagte Caleb. Auf einmal sah er Behan mit einem übers Geschlechtsteil gebreiteten Nylonstrumpf vor sich und hustete, um ein Lachen zu unterdrücken. »Entschuldigung«, fügte er hinzu. »Es liegt an der trockenen Bibliotheksluft.«
»Bitte nennen Sie mich C. B.« Sie schüttelten sich die Hand. Behan blickte sich im Lesesaal um. »Ich wusste gar nicht, dass es hier so etwas gibt. Sie sollten mehr Werbung machen.«
»Wir könnten mehr tun, um das Interesse der Öffentlichkeit auf uns zu ziehen«, gestand Caleb zu. »Aber bei schrumpfenden Budgets haben wir immer weniger Geld.«
»Glauben Sie mir, ich kenne mich mit den pekuniären Unzulänglichkeiten der Regierung gut aus.«
»Na, aber Ihre Geschäfte mit Washington lohnen sich doch«, äußerte Caleb und bereute die Bemerkung sofort, denn nun musterte Behan ihn mit gesteigerter Aufmerksamkeit.
»Es war ein schönes Begräbnis«, wechselte Behan unvermittelt das Thema. »Das heißt, soweit ein Begräbnis schön sein kann.«
»Ein wahres Wort. Es war nett, Ihre Frau kennen zu lernen.«
»Ja. Jedenfalls hatte ich in der Stadt eine Zusammenkunft mit ein paar Leuten vom Capitol Hill, und da dachte ich mir, ich sehe mir mal die Kongressbibliothek an. Die ganze Zeit war ich Jonathans Nachbar, aber hatte keine Vorstellung von seinem Arbeitsplatz.«
»Besser spät als nie.«
»Ich kann mir denken, dass Jonathan hier richtig gern gearbeitet hat, was?«
»Oh ja. Er war immer als Erster da.«
»Und er hatte bestimmt viele Freunde. Ich bin sicher, dass jeder ihn gemocht hat.« Doch in Behans Miene stand eine Frage.
»Meines Wissens hat Jonathan sich hier mit jedem gut vertragen.«
»Sie waren gestern
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