Camel Club 03 - Die Spieler
Sie zu fragen, ob es Ihnen gut geht, wäre reichlich dämlich.«
»Ich werde damit fertig.«
»Es tut mir leid, Annabelle.«
Sie setzte sich in einen Sessel. »All die Jahre habe ich meinen Vater gehasst, weil ich dachte, er hätte meine Mutter dem Tod überlassen. Dann erfahre ich, dass es nicht so war …« Ihre Stimme verklang.
»Und da verlieren Sie ihn«, sprach Alex ihren Gedanken aus. »Aber wenigstens haben Sie es noch vor seinem Tod herausgefunden. Und er wusste, dass Sie jetzt Klarheit haben.«
»Er hätte aus dem Wagen springen können. Er könnte noch am Leben sein.«
»Sechs Monate als dahinsiechender Krebskranker?«
Annabelle sah ihn an. »Sechs Monate mit mir. Ich hätte für ihn gesorgt. Aber vermutlich war er der Überzeugung, sich zusammen mit Bagger in die Luft zu sprengen sei die bessere Alternative.«
»Nein, vielleicht war es ihm noch wichtiger als Ihnen, sich an Bagger zu rächen. Möglicherweise war er zu sterben bereit, um für den Mord an seiner Frau, Ihrer Mutter, Vergeltung zu üben. Zumindest sollten Sie seinen Mut bewundern.«
»Das tue ich«, sagte Annabelle nach kurzem Zögern. »Trotzdem wäre es mir lieber, er hätte es nicht getan.«
»Sie verdanken ihm die Narbe. Er war nicht der beste Vater der Welt.«
»Aber er war mein Vater«, stellte Annabelle halblaut fest.
»Und ein Krimineller.«
»Auch ich bin eine Kriminelle.«
»Für mich nicht.« Peinliches Schweigen folgte. »Wenn Sie schon keinen Hunger haben«, fuhr Alex schließlich fort, »mache ich Ihnen einen Kaffee. Und wenn Sie so weit sind, können wir über alles reden. Was halten Sie davon?«
»Darf ich vorher duschen? Ich fühle mich total verdreckt.«
Alex zeigte ihr das Bad, das neben dem Schlafzimmer lag. Dann ging er in die Küche, säuberte sich ein wenig, spülte einen Stapel Geschirr und goss nebenbei Kaffee auf. Als er fertig war, kam Annabelle in einem seiner Bademäntel in die Küche. »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen«, sagte sie. Ihr nasses Haar hing herab.
»Fühlen Sie sich nach dem Duschen wohler?«
»Längst nicht wohl genug.«
Sie tranken Kaffee, wobei sie kaum ein Wort wechselten. Dann zündete Alex im Kamin des Wohnzimmers ein Feuer an. Annabelle kauerte sich davor auf den Fußboden und hielt die Hände an die Flammen.
»Ich nehme an«, sagte sie leise, »das FBI wird eine Menge Fragen an mich haben.«
»Einige bestimmt. Wenn Sie möchten, kann ich Sie bei der Beantwortung beraten.«
»Danke für Ihre Unterstützung.«
»Auch Sie haben Ihr Leben aufs Spiel gesetzt.«
Annabelle hob den Blick zu Alex. »Würden Sie sich zu mir setzen? Nur ein Weilchen?«
Alex kauerte sich zu ihr auf den Boden. Stumm saßen sie vor dem Kaminfeuer, während die Flammen allmählich niederbrannten.
Carter Gray war ins Grübeln gekommen. Keiner von Carrs Kumpanen hatte aufgestöbert werden können. Jetzt fiel Gray eine weitere Möglichkeit ein – der Secret-Service-Agent mit Namen Alex Ford. Er und Stone waren dicke Freunde. Sie waren gemeinsam am Murder Mountain aktiv gewesen. Ford wusste über Grays Taten ebenso viel wie Stone. Wenn er sich nun Ford griff und ihn als Köder benutzte? Ein wenig heikel wäre es; der Mann war Bundesbeamter, ihn konnte man nicht einfach entführen. Oder vielleicht doch, wenn man ihn vorher hinlänglich diskreditierte. Das war eine der Lieblingstaktiken Grays. Erst ruinierte man die Reputation des Opfers – am besten, man stempelte es zum Verbrecher ab –, und dann packte man es an der empfindlichsten Stelle. So etwas war viel einfacher, als die meisten Menschen für möglich erachteten. Und falls sich nachträglich alles aufklärte, hatte es keine Bedeutung mehr.
Gray machte ein paar Anrufe und leitete die Operation ein.
Wenig später erhielt er einen Rückruf eines seiner Maulwürfe beim FBI. Der Mann wusste interessante Neuigkeiten. Er erzählte Gray Einzelheiten der Ereignisse, die sich am Vorabend um Ford und Bagger abgespielt hatten. Und dass Ford eine Frau bei sich hatte, eine Person mit anscheinend fragwürdiger Vergangenheit. Nach einer heftigen Explosion in Washington hatten beide den Ort des Geschehens verlassen. Ford hatte die FBI-Leute vertröstet, erst am nächsten Tag mit ihnen zu sprechen. Vermutlich hatte er die Frau mit nach Hause genommen.
Gray bedankte sich bei seinem Spitzel und legte auf.
Diese neuen Mitteilungen änderten die Lage beträchtlich. Sehr bald würde Alex Fords Karriere einen dramatischen Knick erleiden.
KAPITEL 81
Nachdem
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