Camel Club 03 - Die Spieler
er anfangs wie andere Parteigrößen wirkte, wussten wir, dass er ganz anders war und dass sich unter seiner Führung etwas ändern würde. Er war Kommunist, und es war klar, er würde die Sowjetunion nicht auflösen, aber ebenso war ersichtlich, unter ihm würde sich die Kriegsgefahr erheblich verringern. Dann trat Jelzin die Nachfolge Gorbatschows an, das hatte niemand voraussehen können. Unter Jelzin wurde die Sowjetunion demontiert. Aber wir mussten die alten, verknöcherten Parteiführer loswerden. Die Amerikaner stimmten mit uns überein. Auch Rayfield dachte so. Er verstand die inneren Angelegenheiten der Sowjetunion besser als jeder andere Amerikaner. Aber der Mordplan war nicht unsere Idee. Er kam von den Amerikanern.« Lesya beobachtete Stone. »Sie glauben mir doch?«
»Es sind schon manche Staatsoberhäupter ermordet worden«, gab Stone zu. »Soll das heißen, dass Gorbatschow von dem Mordplan wusste?«
»Natürlich nicht. Nur sehr wenige von uns wussten davon.«
»Auf welchem Weg haben Sie den Befehl bekommen?«, fragte Stone.
»Über unseren Kontaktmann auf der amerikanischen Seite.«
»Wer war das?«
»Liegt das nicht auf der Hand? Roger Simpson.«
»Und daraufhin haben Sie und Ihr Team Andropow und Tschernenko getötet?«
»Sagen wir mal … wir haben ihnen vorzeitig ins Grab verholfen, ja.«
»Und daran war auch Rayfield Solomon beteiligt?«
»In erheblichem Maße, ja. Die Sowjets dachten, er arbeitete für sie.«
»Woher wissen Sie, dass die amerikanische Regierung den Plan abgesegnet hat?«
»Ich habe es vorhin doch erklärt. Wir haben die Instruktionen von Simpson bekommen. Er fungierte als Mittelsmann. Und er war direkt Carter Gray verantwortlich. Und Gray wiederum dem CIA-Chef.«
»Also haben Sie Befehle befolgt, ohne Fragen zu stellen.«
»Ja.«
»Und Andropow und Tschernenko ermordet, zwei Unschuldige.«
Lesya und Stone blickten einander lange in die Augen. »Ja«, sagte sie schleppend.
»Warum hätte die amerikanische Regierung ein Interesse daran haben sollen, meinen Vater und dich zu beseitigen, wenn ihr doch euren Auftrag erfolgreich ausgeführt habt?«, fragte Finn. »Weshalb hätten sie euch als Verräter brandmarken sollen?«
»Dazu kann es nur gekommen sein, weil nicht die amerikanische Regierung die Mordbefehle erteilt hatte«, antwortete Stone. »Möglicherweise war es die CIA, oder Simpson und Gray haben es aus eigenem Gutdünken getan. Und nachdem es geschehen war, mussten sie jeden diskreditieren und liquidieren, der über die Morde Bescheid wusste.« Er sah Lesya an. »Habe ich recht?«
»Ja«, sagte sie. »Und was werden sie nach Ihrer Ansicht tun, um zu verhindern, dass diese Wahrheit jetzt noch ans Licht gelangt? Die Folge könnte ein Krieg zwischen Russland und den Vereinigten Staaten sein.« Sie wiederholte ihre Frage. »Was werden sie nach Ihrer Ansicht tun?«
»Jeden töten«, sagte Finn, »den sie töten müssen.«
»Und leider sind wir David, und sie sind Goliath«, meinte Lesya voller Verbitterung. »Die Amerikaner sind immer Goliath.«
»Aber David hat Goliath bezwungen«, wandte Stone ein. »Und uns kann das ebenfalls gelingen, wenn wir ihnen zuvorkommen.«
»Uns dreien allein?«, fragte Lesya skeptisch.
»Wir sind nicht allein«, entgegnete Stone. »Ich habe Freunde.«
Falls sie noch am Leben sind.
KAPITEL 80
Alex hatte ein Taxi gerufen und war gemeinsam mit Annabelle losgefahren. Er hatte beschlossen, nicht auf die Ankunft der FBI-Mitarbeiter zu warten. Die verkohlten Fahrzeugtrümmer, die Leichen, die im Fluss schwammen – das alles sprach ohnehin für sich. Er rief den Einsatzleiter an, teilte ihm mit, was sich ereignet hatte und dass nur er und Annabelle noch lebten. »Falls Sie uns brauchen«, sagte er, »erreichen Sie uns bei mir zu Hause. Ich stehe im Dienstverzeichnis.« Der Einsatzleiter wollte Einspruch erheben, doch Alex fiel ihm ins Wort. »Für heute haben wir genug gehabt. Räumen Sie auf und sprechen Sie später mit uns. Es ist ja nicht so, dass Bagger vor Gericht gezerrt werden soll. Er muss nun einem höheren Richter Rede und Antwort stehen.«
Das Taxi brachte sie zu Alex’ Wohnsitz in Manassas, einem freistehenden Haus mit Kieszufahrt. In der Garage stand Alex’ komplett restaurierte, feuerrote 69er Corvette, die einzige Extravaganz, die der Secret-Service-Agent sich je erlaubt hatte. Sein Dienstwagen stand vor der Haustür.
»Haben Sie Hunger?«, fragte er Annabelle, doch sie schüttelte nur den Kopf. »Ich glaube,
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