Camel Club 04 - Die Jäger
Abwesenheit an meinen Arbeitsplatz in der Bibliothek zurückkehren? Glaubst du, man wird sich nicht auf mich stürzen?« Caleb heftete den Blick auf Reuben. »Und wenn man mir mit dem Surfbrett kommt, gestehe ich alles. Ich bin nicht so naiv, mir einzubilden, ich wäre für so was geschaffen. Und danach wandere ich für den Rest des Lebens in den Knast. Großartig.«
»Verdammt noch mal«, sagte Annabelle hitzig, »weshalb hast du dich mir angeschlossen, wenn du so denkst?«
»Weil Oliver uns etwas bedeutet und weil wir ihm helfen wollen«, sagte Reuben.
»Und inzwischen habt ihr es euch anders überlegt?«
»So einfach ist das nicht, Annabelle.«
»Doch, Reuben, ist es«, widersprach sie mit zornigem Nachdruck. »An der Sache selbst hat sich nichts geändert. Demzufolge muss sich eure Einstellung geändert haben.« Sie blickte zwischen Reuben und Caleb hin und her. »Also, was nun? Wollt ihr aufgeben? Zurück nach Hause? Von mir aus! Seht zu, dass ihr abhaut. Es ist nicht so, dass ich euch brauche.« Beklommen blickten Reuben und Caleb einander an. »Fahr an den Straßenrand, Caleb«, verlangte Annabelle. »Ich will aussteigen.«
»Reg dich erst mal ab, Annabelle«, sagte Reuben, dessen Stimme ein wenig lauter geworden war.
»Nein! Ich reg mich nicht ab! Ich kann nicht glauben, dass ihr zwei und Alex solche Memmen seid und …«
»Halt die Klappe!«, brüllte Reuben.
Annabelle zog ein Gesicht, als hätte er sie auf den Mund geschlagen. Reuben starrte sie an. In seinen Augen erkannte sie, dass er seine Wut kaum noch bezähmen konnte. »Ich habe für die Heimat im Krieg gekämpft. Ich habe mir für die Heimat den Arsch zerschießen lassen. Weil ich an Olivers kleinen Abenteuern teilgenommen habe, hätte ich ein Dutzend Mal fast ins Gras gebissen. Ich habe ihn gern wie einen Bruder, und er war für mich da, als ich niemand anders hatte. Ich bin mit ihm in eine Todesfalle namens Murder Mountain gegangen, und um ein Haar hätten wir sie nicht lebend verlassen. Und weißt du, wer an unserer Seite stand? Alex Ford. Er hat seine Laufbahn aufs Spiel gesetzt, obwohl er es nicht nötig hatte, sich aus dem Fenster zu lehnen. Auch ihn haben Kugeln erwischt. Er ist gegen einen Trupp halb verrückter koreanischer Ninjas angetreten, die uns die Gurgel durchschneiden wollten. Er hat dem Präsidenten der Vereinigten Staaten als Kugelfang gedient und hat uns allen fast im Alleingang aus dem Dreck geholfen.« Er schaute Caleb an. »Und dieser Mann wurde niedergeschlagen und entführt, ist beinahe erstickt und wäre fast in die Luft gesprengt worden – ein Mann, der Oliver und mir mehrmals den Hals gerettet hat. Und beide mussten wir verkraften, dass man einen unserer engsten Freunde umgelegt hat. Bei alldem haben wir jedes Mal erhobenen Hauptes durchzuhalten versucht. Und jetzt stecken wir hier mitten im elendsten Nirgendwo und versuchen Olivers Leben zu schützen, während uns ein verrücktes Arschloch im Nacken sitzt, gegen das Charles Manson wie ein Bettsockenträger wirkt. Wenn du uns trotzdem als Memmen bezeichnest … okay, Lady, dann bekennen wir uns dazu. Wir sind Memmen.«
Während der nächsten Minute waren in der Enge der Fahrerkabine nur Reuben Rhodes’ schwere Atemzüge zu vernehmen.
Annabelle starrte ihn an. Die verschiedensten widerstreitenden Empfindungen spiegelten sich in ihrem Gesicht, bis schließlich ein Gefühl die Oberhand gewann. »Ich bin eine Idiotin, Reuben. Es tut mir leid. Es tut mir ehrlich leid.«
»Ach ja? Na dann …« Mit gerötetem Gesicht starrte Reuben auf den Fahrzeugboden und drosch die Faust auf den Sitz.
»Vielleicht sollten wir einfach weitermachen«, schlug Caleb vor, ehe Annabelle etwas sagen konnte.
Reuben lächelte ihm grimmig zu. »Ist ja nicht das erste Mal. Und hoffentlich auch nicht das letzte Mal.«
Annabelle nahm die Männer bei den Händen. »Mir wird gerade etwas klar«, sagte sie.
»Und was?«, fragte Caleb.
»Dass ich mein großes Maul halten sollte. Ich benehme mich, als wäre ich hier die Anführerin, dabei bin ich noch nicht mal vollwertiges Mitglied des Camel Club. Ich habe mir die Mitgliedschaft noch gar nicht verdient.«
»Du machst Fortschritte«, sagte Reuben und lächelte ihr knapp zu. Annabelle erwiderte sein Lächeln und drückte beiden Männern die Hand.
»Wie heißt der nächste Ort auf der Liste?«, fragte Reuben.
Caleb blickte auf das Blatt. »Divine.«
KAPITEL 59
Mit gezogener Pistole ging Stone in die Hocke. Es gefiel ihm nicht, in dieser
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