Camel Club 04 - Die Jäger
Lafayette Park. Er hat dort länger die Stellung gehalten als jeder andere. Auf seinem Schild stand ›Ich will die Wahrheit wissen‹, wenn ich mich recht entsinne.«
»Er hat direkt gegenüber vom Weißen Haus nach der Wahrheit gesucht? Das ist ja so, als würde man in einer Synagoge nach Nazis fahnden. Stufen Sie den Mann als wichtig ein?«
»Ja. Weil er nicht mehr dort ist, wo er immer war.«
»Was wissen Sie sonst noch über ihn?«
»Viel zu wenig. Auch aus diesem Grund messe ich ihm Bedeutung bei.«
»Und die Graböffnung auf dem Nationalfriedhof Arlington?«
»Zufällig war ich an dem Tag, als Carter Gray sie angeordnet hat, in seinem Büro.«
»Hat er Gründe genannt?«
»Er versteht sich besser darauf, Befehle zu erteilen, als sie zu begründen.«
»Wer lag in dem Sarg? John Carr? Oder jemand anders?«
»Weder noch. Der Sarg war leer.«
»Carr könnte also noch leben?«
»Möglich.«
»War er ein Drei-Sechser? Ich habe Auszüge seiner Militär-Personalakte gelesen. Er würde ins Bild passen.«
»Nehmen Sie das ruhig mal als Arbeitshypothese.«
»Damit hätten wir eine Verbindung zu Gray. Könnte man folgern, dass Carr und Stone ein und dieselbe Person sind?«
»Ich wüsste nicht, was dagegen spräche.«
»Aber wieso hätte Carr dann Gray und möglicherweise auch Simpson umbringen sollen?«
»Einige Drei-Sechser waren bei ihrem Ausscheiden nicht sehr gut auf die Abteilung zu sprechen. Carr könnte einer von ihnen gewesen sein.«
»Dann hätte er aber sehr lange damit gewartet, die Rechnung zu begleichen. Und er war in Grays Villa. Hatte er etwas mit der Sprengung zu tun?«
»Das glauben wir nicht.«
»Er hätte Gray bei dem Besuch in der Villa töten können.«
»Vielleicht hatte er zu dem Zeitpunkt noch kein ausreichend starkes Motiv.«
»Und was könnte sich geändert haben?«
»Genau das sollen Sie herausfinden, Knox. Am Tatort standen dieser Grabstein und die Fahne. Für mich ist das ein klarer Beweis, dass ein Zusammenhang zwischen John Carr und der Graböffnung besteht.«
Knox konnte nur staunen, wie es Hayes binnen weniger Augenblicke gelungen war, ihn geradewegs in die gewünschte Richtung zu leiten, indem er Schwerpunkte gesetzt hatte. »Da kann ich nicht widersprechen, Sir. Nur scheint der Mann in der falschen chronologischen Reihenfolge vorgegangen zu sein.«
»Vielleicht hatte er seine Gründe. Also: regelmäßige Berichterstattung auf dem Dienstweg. Aber nehmen Sie heute Abend Rücksprache mit mir. Zögern Sie nicht, es mir zu sagen, wenn Sie Unterstützung brauchen. Wir werden tun, was in unserer Macht steht – innerhalb bestimmter Grenzen, versteht sich. Nicht jeder zieht in dieser Angelegenheit mit uns an einem Strang. Tja, ich kann es nicht ändern. In Geheimdienstkreisen ist Einmütigkeit heutzutage so fern wie religiöser Friede im Irak.«
Wie ermutigend. Die Rechte sagt mir, mich ins Getümmel zu stürzen, während die Linke mir ein Messer an die Gurgel setzt.
Macklin Hayes drückte eine Taste in der Armlehne. Knox spürte, wie das Flugzeug sich in eine enge Rechtskurve legte. Offenbar war die Besprechung beendet, und wie es aussah, sollte auch der Flug in Kürze vorbei sein.
Wie um diesen Eindruck zu bekräftigen, stand Macklin Hayes wortlos auf und strebte durch den Mittelgang zu einer Tür im Heck des Flugzeugs. Hinter ihm fiel sie ins Schloss.
Knox sah die Wolken dahinziehen, während die Maschine am Himmel Virginias den Landeanflug begann.
Eine halbe Stunde später fuhr Knox in seinem Rover auf der Interstate 66 nach Osten. Er hatte vor, die Reihe der Vernehmungen mit Alex Ford zu beginnen und sie mit den üblichen Verdächtigen fortzusetzen. Aber nach allem, was Hayes gesagt und ungesagt gelassen hatte, lief das Ganze darauf hinaus, dass die Ermittlungen zu einem Mann namens Oliver Stone führten.
Falls Stone wirklich ein Drei-Sechser gewesen war und nach all den Jahren noch das Meisterstück fertiggebracht hatte, Gray und Simpson in der Manier eines Profis regelrecht zu exekutieren, war höchste Vorsicht geboten. In diesem Fall hegte Knox Zweifel, ob er diesem Gentleman wirklich begegnen wollte. Doch solche Begegnungen gehörten nun mal zu seinem Beruf. Und noch stand Knox auf beiden Beinen.
Aber das galt auch für Oliver Stone.
Wahrhaftig gefährliche Zeiten.
Der Ruhestand wirkte auf Knox immer verlockender. Die Voraussetzung war allerdings, dass er lange genug überlebte.
KAPITEL 11
Greyhound-Busse verirrten sich nicht in die Nähe von
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