Camel Club 04 - Die Jäger
*
Während der Rückfahrt in den Ort richtete Stone eine Frage an Willie, die ihn schon seit einer Weile beschäftigte. »Sie sagten, Debby hätte Sie an dem Abend, bevor sie tot aufgefunden wurde, noch angerufen. Von wo?«
»Aus der Bäckerei. Sie hatte dort an einem Wandgemälde gearbeitet. Man hat sie aber lieber nach Ladenschluss daran arbeiten lassen. Wer Muffins und Plätzchen kauft, möchte ungern Farbe riechen. Wäre schlecht fürs Geschäft.«
Stone dachte an das halb fertige Wandgemälde, das er dort gesehen hatte. »Und die Bäckerei ist gleich gegenüber von Rory Petersons Büro?«
»Richtig. Und?«
»Er ist ebenfalls ermordet worden.«
»Aber im Ort. Und am Abend davor. Debby wurde bei ihrem Elternhaus ermordet.«
»Nein. Debbys Leiche wurde am Morgen darauf in der Nähe ihres Elternhauses gefunden. Vielleicht wurde sie ebenfalls am vorherigen Abend ermordet, am selben Abend wie Peterson. Seine Leiche ist ja wohl schon am Morgen gefunden worden.«
»Okay, ja, aber Debbys Elternhaus steht fünfundzwanzig Kilometer vom Ort entfernt.«
»Aber sie hat um dreiundzwanzig Uhr in bester Laune aus der Bäckerei angerufen. Nehmen wir an, Peterson ist um diese Zeit oder wenig später getötet worden. Sie hat vorn im Kassenbereich an dem Wandgemälde gearbeitet und hatte dabei freien Ausblick auf die Straße und die Häuser gegenüber.«
Willie straffte sich. »Wollen Sie damit andeuten, sie könnte gesehen haben, wer Peterson ermordet hat?«
»Zumindest könnte sie gesehen haben, wer sein Büro betreten hat. Vielleicht ist sie rübergegangen, um nach dem Rechten zu sehen, oder die Mörder haben sie bemerkt und mitgeschleppt – sie war ja eine mögliche Zeugin. Sie fahren mit Debby zu ihrem Elternhaus, bringen sie um und täuschen einen Selbstmord vor, und niemand kommt auf den Gedanken, zwischen den beiden Todesfällen könnte ein Zusammenhang bestehen.«
»Verdammt …«, sagte Willie gedehnt. »Das ergibt Sinn. Wir müssen Tyree einweihen.«
»Genau das habe ich vor.«
Als sie auf den Platz vor Willies Wohnsitz fuhren, sahen sie dort schon Bob Coombs’ Auto parken. Als Willie ausstieg, öffnete sich der Eingang des Wohnmobils, und auf der Schwelle erschien Bob. Er lächelte und winkte. Willie sprang die Treppe hinauf, um seinen Großvater zu umarmen. Stone, der Willie in ein paar Schritten Abstand gefolgt war, machte kehrt, um zum Dodge zu gehen und seine Tasche zu holen.
Gerade hatte er die Fahrzeugtür wieder geschlossen, als eine gewaltige Explosion ihn von den Füßen riss und mit dem Gesicht in den Lehm warf. Während es ringsum Trümmer hagelte, hob Stone benommen den Kopf. Wo das Wohnmobil gestanden hatte, war nichts mehr. Stone konnte jetzt die Bäume sehen, auf die das Wohnmobil bisher die Sicht versperrt hatte. Irgendetwas Schweres, von dessen brutzelnder Oberfläche Rauch aufstieg, prallte neben Stones Kopf auf den Boden. Er erkannte es nicht. Und man hätte es ihm kaum verübeln können.
Es waren Willie Coombs’ äußerst spärliche sterbliche Überreste.
Stones Kopf sank zurück in den Lehm, und er blieb reglos liegen.
KAPITEL 52
Annabelle und Caleb waren zum Busbahnhof gefahren und hatten festgestellt, dass derselbe Busfahrer, der Stone befördert hatte, sich nun bereit machte – ein bisschen früher als zur planmäßigen Abfahrtszeit –, mit einem Bus voller Leute wieder dieselbe Strecke zu fahren. Annabelle sicherte sich einen Platz gleich hinter dem Fahrer und löcherte ihn mit Fragen, während Caleb dem Bus im Lieferwagen folgte. Eine halbe Stunde nach der Abfahrt sah Annabelle das altbekannte 1924er Indian-Motorrad mit dem linken Beiwagen den Bus überholen, anschließend zurückfallen und sich hinter dem Lieferwagen einfädeln.
Sie seufzte erleichtert. Reuben Rhodes, der Lange, war da. Gut möglich, dass sie den Muskelmann noch bitter nötig hatten. Annabelle hatte Reuben gebeten, ein paar Sachen mitzubringen, die sie möglicherweise irgendwann brauchten. Zufrieden sah sie, dass Gepäck den Beiwagen füllte.
Ein paar Stunden später stieg Annabelle in der Mitte einer kurvigen Landstraße aus dem Bus. Auf der einen Seite erhob sich ein Berghang, während auf der anderen Seite ein steiler Abgrund klaffte, wie es in dieser Gegend anscheinend typisch war für den Straßenverlauf.
Hier, erklärte der Fahrer, seien Stone und sein Begleiter aus dem Bus gestiegen.
»Für die beiden scheint sich ja alle Welt zu interessieren«, hatte der Mann bemerkt, bevor Annabelle sich
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