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Camorrista

Titel: Camorrista Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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ich will es auch nicht wissen, das habe ich dir schon gesagt. Das ist deine Entscheidung.«
    »Das ist keine Entscheidung. Ich bin jetzt praktisch auf null, so sieht es aus. Und was soll ich tun? Ich geh wieder rein ins Geschäft, aber nur kurz. Ich mache das nur mit Einsätzen. Ein oder zwei Jahre höchstens, und dann kaufe ich mir vielleicht ein Lokal, eine Diskothek, verstehst du? Ich bau mir was auf, wirklich. Ich komme da raus. Und ich will eine Freundin, wirklich .«
    »Sehr gut.«
    Daraufhin sagt er nichts, und ich schaffe es, auf den körnigen Grund dieser dünnen Kaffeebrühe zu kommen.
    »Du hast keinen Mann, stimmt’s? Einen richtigen Freund?«
    »Was hat das jetzt damit zu tun?«
    Aus der Antwort schließt er, dass ich keinen Freund habe, keinen festen, keinen Mann und keine richtige Beziehung. Außerdem ist es die Antwort, die er will.
    »Das ist komisch. Wenn ich ein Typ um die Dreißig wäre, dann würd ich wirklich bei einer wie dir bleiben.« (Das haben schon welche probiert, weißt du, aber es ist nicht einfach.) »Ich glaube, die Richtige zu finden, eine, die ein bisschen was im Hirn hat, die keinen Scheiß baut, so eine zu finden ist ein Glück, und das hält einen von manchen Fehlern ab, du kommst auf die Reihe, dein Kopf funktioniert anders, oder?«
    Ich habe keine Ahnung, wie sein Kopf funktioniert. Manchmal habe ich selbst Mühe zu kapieren, wie meiner funktioniert.

    »Ich hab mir gedacht«, fährt er fort, »ich lasse die ganzen falschen Sachen hinter mir, die ich gemacht hab, und mache sie nicht mehr. Aber sieh mal, wenn du keinen Mann hast, dann hast du auch irgendwie manche Probleme nicht, verstehst du, ich meine, Eifersucht und so, und ich glaube, dann kannst du mir auch helfen, aus allem rauszukommen. Dann schaff ich es, vom Schnee und all den Sachen wegzubleiben. Versteh mich nicht falsch, es geht nur darum. Wenn einer allein ist, endet er immer bei den falschen Leuten, mit Sicherheit, glaub mir, das ist garantiert. Dir fehlt irgendwas, aber du weißt es nicht, und du suchst andere Sachen, du willst von keinem abhängig sein, und dann fühlst du dich stark, wie ein Löwe. Aber das stimmt nicht. Innen drin fehlt dir ein Stück, hier, und ohne dieses Stück bist du ganz wirr im Kopf, das will ich sagen.«
    Ich möchte ihn daran erinnern, dass wir schon darüber gesprochen haben.
    »Mir reicht ein Jahr. Sogar weniger. Ich kriege mich auf die Reihe, das schwöre ich, und ich, ich halte mein Wort, das weißt du. Sein Wort halten und die Familie, das ist sowieso immer das Wichtigste. Und dann wollte ich noch sagen, dass, wenn du nicht gehst, ich meine, verschwindest und wir uns nicht mehr sehen, dass das für mich ist, wie was Gutes vor mir zu haben, was ich machen kann, dass es nicht stimmt, dass ich von Geburt an schlecht bin. Was hat noch mal der Marokkaner gesagt, ich meine dieser …«
    »Augustinus. Der heilige Augustinus.«
    »Ja, Bischof und jetzt auch noch heilig?«
    »Das Böse existiert nicht, sagte er.« (Was nicht bedeutet, dass man im Leben nur im Guten schwelgt.)
    »Daran will ich mich immer erinnern. Aber bis ich wieder richtig in Ordnung bin, musst du mir das sagen, du hast es mir gelernt, und du musst es mir jedes Mal sagen, wenn ich vielleicht einen Fehler mache, verstehst du?«
    Ich verstehe, aber so funktioniert das nicht, und ich schulde ihm nichts.

    »Es tut mir leid, aber das ist nicht möglich, und das weißt du. Du wirst dein Geld bekommen, eine neue Identität, und wir verabschieden uns voneinander, zum Besten für uns beide. Das geht nicht anders«, sage ich noch. Ich strecke eine Hand aus und berühre seine Schulter. Er rutscht auf dem Rand des weißen Emails näher. Das habe ich nicht erwartet. Er lässt sich umarmen, aber ohne mich auch nur mit einem Finger zu berühren. Ich spüre, dass es für ihn so etwas wie eine demütigende Kapitulation ist. Ich gebe ihm einen Kuss auf die Stirn, halte ihn fest, und er lässt sich ein bisschen gegen mich sinken.
    Er atmet schwer, in die Mitte meiner Brüste, schiebt einen Arm hinter meinen Rücken. Er zuckt ein wenig zusammen, als ich über eine Narbe unter seinem Haar streife.
    »Entschuldige.«
    »Macht nichts.«
    Dann schließt er gleich wieder die Augen, mit einem müden Beben.
    Wir bleiben so, ich auf dem geschlossenen Toilettensitz, er auf dem Rand der Wanne. Eine Zeit lang hört man nicht einmal das Ticken einer Uhr, draußen fliegt keine Krähe vorbei, kein Tropfen Wasser fließt durch die Rohre in den

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