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Camorrista

Titel: Camorrista Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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diese gewisse Person hat mir mitgeteilt, dass es nötig ist, sonst würden die sich verbünden und uns vernichten. Ich habe geschossen, weil es einen Befehl gab, es zu tun. Den ganzen Rest weiß ich nicht, für mich war da nichts, ich hab nur ihn gesehen und die Straße davor. Das Ganze hat eine halbe Minute gedauert, ich hab keine Luft gekriegt und dachte nur, dass ich da wegmusste, dass ich am Ersticken war. Und dass der verdammte Capuano erledigt war. Ist es das, was du wissen wolltest? Bist du jetzt zufrieden?«

Er kommt näher. Ich kann weder Hände noch Füße bewegen. Er hat mich mit irgendetwas, das mir bei der kleinsten Bewegung in die Haut schneidet, an die Toilette gefesselt. Er bindet den Knoten des Handtuchs in meinem Nacken fester zusammen.
    »Willst du wissen, ob es mir schlecht ging, als ich es erfahren hab? Ich hab mich drei Tage lang eingeschlossen, hab gesagt, ich wäre weg, hab keinen gesehen, auch meine Leute nicht. Keinen. Alles ausgemacht, hatte nur die Playstation und die Videos von Cocíss, meinem Champion. Das war mein Kampf, ich hatte gewonnen, und alles war gut gegangen. Ich hatte drei Packungen Eis. Für die Zähne tut mir das Kalte gut. Ich habe Eis gegessen, habe gespielt, auf der Couch geschlafen, ohne zu wissen, ob Tag oder Nacht ist. Ich habe das Leben meines Drachen geführt, eingeschlossen. Da war nur er, bei mir. Und dann Cocíss auf dem Bildschirm. Nach drei Tagen habe ich mich draußen sehen lassen, am späten Abend, alle haben über eine verdammt schlimme Sache geredet, von diesen Mädchen, und ich hab nicht mal kapiert, dass sie über den Corso Due Sicilie sprachen. Niemand
wusste, dass ich es war, und niemand konnte darauf kommen, habe ich gedacht. Ich habe gemerkt, dass im Block dicke Luft war, dass die Polizei was tun würde, es war klar, dass sie jetzt was machen mussten, und ich bin in den Wohnwagen gegangen. Da, habe ich gedacht, würden sie mich nicht finden. Aber ich weiß auch nicht, vielleicht habe ich nicht richtig aufgepasst.«
    Ich sehe ihm in die Augen.
    Er wendet sich ab und dreht den Hahn am Waschbecken auf. Hält den Kopf darunter und füllt eine Hand mit Shampoo. Schäumt sich ein, spült aus. Aber er ist noch nicht fertig. Macht es noch einmal. Und noch mal. Ich sehe ihm zu, wie gelähmt. Soll er es noch mal machen, ist mir egal.
    Schaum, dann Wasser. Schaum, dann Wasser. Seine Haare werden dunkler. Da hebt er den Kopf und sieht sich im Spiegel an. Er scheint zufrieden.
    Er zieht das Tanktop aus, holt tief Luft.
    Und er tut, was ich am wenigsten möchte: Dreht sich um und sieht mich an.
     
    Er bleckt die Zähne und setzt sich sorgfältig den Mundschutz ein.
    Ich versuche die Knöchel zu bewegen, doch nichts geht. Stöhne ins Handtuch hinein, aber das führt zu nichts, nur dass ich zu ersticken riskiere. Er legt zwei Enthaarungsstreifen aufs Waschbecken. Mir entgeht keine Bewegung, kein Zucken seiner Lippen oder der Augenbrauen. Was zum Teufel hat er vor?
    Aus der Plastikseifendose in Form einer Rose holt er den Koks und verteilt ein wenig davon mit dem Finger auf den Streifen. Was zum Teufel hat er vor?
    Um die Klebestreifen richtig auf die Zähne zu bekommen, geht er nah an den Spiegel ran.
     
    Er putzt sich das Blut und den Speichel von den Lippen und wendet sich mir zu.

    Er kann nicht mehr sprechen, er hat die Zähne zusammengebissen und atmet durch die Nase, bei jedem Atemzug sieht es aus, als zerreiße es ihn (was zum Teufel hat er vor?).
    Als er ruckartig eine Schulter bewegt, schließe ich instinktiv sofort die Augen.
     
    Der Spiegel liegt zertrümmert im Waschbecken. Cocíss besieht sich die Knöchel seiner Hand.
    Dann wählt er sorgfältig eine Scherbe aus. Nicht zu groß. Ein schiefes, spitzes Dreieck.
    Er durchwühlt meinen Kosmetikkoffer, kippt den Inhalt auf den Boden und nimmt Wattepads, um die Scherbe zwischen den Fingern zu halten, ohne sich zu schneiden (was zum Teufel hat er vor?).
     
    Ein Strick wie aus Feuer martert meine Fußknöchel, aber ich schaffe es nicht, sie ruhig zu halten.
    Er sieht mich an. Die Zunge im Käfig seiner Zähne verschlossen.
     
    Er kniet sich vor mich hin.
    Der Spülkasten der Toilette bebt bei meinen Versuchen, mich zu befreien. Panische Krämpfe. Vergeblich.
    Der Kragen des T-Shirts schneidet mir in den Nacken, der Stoff reißt schräg durch.
    Er packt mich bei den Haaren und zieht meinen Kopf nach hinten. Ich kämpfe gegen die Toilette und gegen meine gefesselten Knöchel, doch nicht gegen ihn.
    Ich sehe

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