Camorrista
Zeug denke, das ich gelesen habe, während ich darauf wartete, dass es ein Uhr würde, fährt es mir in den Magen. Von morgen an: absolut vermeiden. Hauptkommissar D’Intrò ist ein Mythos, ohne Frage, aber wozu soll es bei mir gut sein, einen Gesamtüberblick zu haben? Die da unten schlachten sich ab wie die Bestien, und sie werden es weiter tun (es ist schon viel, wenn wir den Schaden begrenzen).
Ich brauche einen Schluck Milch, damit sich mein Sodbrennen beruhigt, doch ich bin zu faul, aufzustehen und zum Kühlschrank zu gehen.
Manchmal fällt es mir nicht schwer, allein zu sein. Bei dem Auf und Ab, das es bei mir gibt, ist es fast eine Erleichterung, eine Verantwortung weniger. Auch wenn ich ein Glas Milch haben könnte, ohne von der Couch aufzustehen, und vielleicht auch eine dieser Fußmassagen, die wie eine Vorstufe zum Orgasmus sind. Ich knöpfe mir die Jeans auf. Die Blasenentzündung ist im Abklingen, doch der Stress hat meinen Bauch aufgebläht, gleich unter dem Nabel habe ich violette Abdrücke von den Nähten.
Orgasmus. Ich wünschte, ich wäre jetzt so drauf, mir einen erlauben zu können. Aber es ist drei Uhr, und um acht muss ich in der Abtei sein.
Ich schalte den Fernseher ein, ohne Ton, stehe auf, wühle in der Schublade mit Medikamenten herum und finde die Beruhigungsmittel, die ich vor ein paar Jahren persönlich bei meinem Vater beschlagnahmt habe. Ich nehme mein Antibiotikum (heute Abend noch einmal, morgen ist Schluss), suche nach einem Buch, dann nach einer Zeitung, doch die neueste ist eine Woche alt. Ich schalte den Fernseher aus, gehe zurück auf die Couch. So wie die Dinge liegen, das weiß ich sehr gut, wäre es noch schlimmer, ins Bett zu gehen.
Ich schließe die Augen und bin wieder in der Abtei, sehe den eckigen Glockenturm über den Zypressen. Ich spüre wieder den wilden Atem des Walds bei der Raststätte. Den kalten Atem von Kirchen aus Stein. Wenn dies der Atem Gottes ist, haben wir wirklich einen finsteren und gleichgültigen Vater. Im Schatten des Klosters gehen kapuzenverhüllte Gestalten. Ich folge ihnen, nähere mich, auch wenn ich fühle, dass ich nicht will.
Ich strecke eine Hand aus und erkenne, dass die Gestalt vor mir keine Kutte trägt. Die Kapuze ist die eines Fleece-Shirts. Die Person, die dringlichen Sonderschutzmaßnahmen unterstellt ist, die Bestie, die Nägel ausreißt und über das Gesicht eines Mädchens schmirgelt, versucht sich unter die Mönche zu mischen. Ich muss diesen Typen aufhalten. Ich stammle irgendwas. Packe ihn an der Schulter.
Er dreht sich um. Kleine krumme Zähne. Wie tausende aufs Geratewohl eingeschlagene Nägel. Ich sehe den Schädel des Jägers der Morgenröte.
Ich erwache mit den Händen auf meinem Gesicht. Renne ins Bad, überzeugt, dass jemand mir das Gesicht zerschmirgelt hat.
Vor dem Spiegel habe ich Angst, die Finger wegzunehmen. Scheiße, ich zittere vielleicht.
Schließlich sehe ich mich an. Ich bin nicht entstellt. Doch mein Gesicht macht mir trotzdem Angst.
Es ist nicht einmal vier Uhr.
Ich klopfe ein paar Mal, dann öffne ich die Tür und finde ihn genauso vor, wie ich ihn gestern verlassen habe. Quer auf dem Bett, angezogen und mit Sonnenbrille. Er hat nicht mal das Licht ausgemacht, und die Tasche steht noch auf dem Boden, geschlossen. Sogar die Aprikose ist da liegen geblieben, wo sie letzte Nacht hingefallen ist.
Sein Atem geht rau und zischend, doch regelmäßig. Er schläft. Gut so. Mir genügt es, zwei oder drei Dinge zu regeln, und ich sage mir noch einmal, dass ich ihn sicher nicht stören werde, wenn er die ganze Woche auf diesem Bett verbringen will. Ich lösche wenigstens das Licht, schließe die Tür wieder und gehe nach unten. Ich weiß, dass Padre Jacopo mich erwartet. Und tatsächlich treffe ich ihn am Fuße der Treppe, mit einer Tasse Malzkaffee in der Hand. Neben ihm steht ein Typ undefinierbaren Alters, die gelblichen Wangen scheinen wie von einem Meißel ausgehöhlt. Sein Haar steht wirr vom Kopf, er trägt ein rotes Sweatshirt, und zwischen seinen Fingern mit bleifarbenen Nägeln hält er eine Leine.
Padre Jacopo klopft ihm auf die Schulter, und der Typ geht in den Garten hinaus, wo ein hässlicher gefleckter Hund mit langer Schnauze und kupiertem Schwanz auf ihn wartet.
Der Padre grüßt mich, beobachtet aber weiter die beiden, die zusammen auf der schmalen Allee davongehen. Ich spüre,
dass er etwas für sich behält, dann fragt er mich nach den Papieren des Neuankömmlings.
»Wir haben
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