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Camorrista

Titel: Camorrista Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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ist sehr verwackelt. Und auch sehr dunkel. Ein Brustbild von einem Mann, der einen Arm hebt und auf irgendetwas zeigt. Ich würde sagen, er ist um die dreißig, untersetzt und kräftig, ein eckiges Gesicht, mit einem Grübchen am Kinn. An den Schläfen ist er kahl, hat aber lange Locken bis auf die Schultern. Er trägt eine dicke Jacke mit Schnallen aus Metall und dunklen Aufschlägen, vielleicht aus Cord.
    Ich mache weiter damit, das Foto zu vergrößern und Details zusammenzutragen, die mir nicht helfen, denn im Dossier über die Aprilfehde habe ich dieses Gesicht nicht gefunden. Was den zweiten Mann angeht, so sieht man ihn nur von hinten, und er trägt auch noch einen Hut.
    Festzuhalten bleibt, dass sie nicht aus der Gegend stammen. Und dass sie auf ihrem Posten dort auf dem Hügel von acht Uhr abends, als es noch hell war und Cocíss sie bemerkt hat, bis wenigstens zehn Uhr geblieben sind, als sie dem voyeuristischen Restaurantbesitzer aufgefallen sind.
     
    Unbekannte Leute, die sich nachts in der Umgebung der Abtei Spaccavento aufhalten: Ich würde sehr gern wissen, was Reja davon hält, doch ich beschließe, die Frage zurückzustellen, denn uns erwartet ein eher heikles Treffen zu dritt. Eine Sache möchte ich allerdings sofort erfahren.
    »Wusstest du, dass Cocíss nicht unter den Festgenommenen auftaucht?«, frage ich ihn, sobald wir den Flur des Polizeireviers betreten haben.

    »Da ist sicher beim Übertragen der Liste ein Fehler passiert.«
    »Die Liste kommt von der Staatsanwaltschaft.«
    »Ja und, die Staatsanwaltschaft irrt sich nie?«
    Ich finde, Reja ist seltsam nervös.
    »Wie kommt es, dass man nie seinen Anwalt zu Gesicht bekommen hat?«
    » Du hast ihn nicht zu Gesicht bekommen.«
    »In Florenz, in der Garage, da habt ihr euch gestritten, du und D’Intrò, oder?«
    »Streitest du dich nie?«
    »Tendenziell würde ich sagen nein.«
    »Stimmt nicht. Du streitest dich gerade mit mir.«
    »Dann kann ich dir ja auch sagen, was ich denke.«
    »Ich gebe dir zwei Sekunden.«
    »Cocíss gehört D’Intrò, stimmt’s?«
    »Bist du eifersüchtig?«
    Reja stößt laut die Luft aus. Dann klopft er an eine angelehnte Tür, und erst in diesem Moment geht mir durch den Kopf, dass ich besser daran getan hätte, nicht gemeinsam mit ihm zu kommen. Morano wird denken, wir hätten uns abgesprochen, und das macht das Treffen noch schwieriger.
     
    Und tatsächlich.
    Morano hat alles auf dem Schreibtisch aufgereiht. Meine beiden Berichte, Padre Jacopos Anzeige, das Protokoll der Festnahme von Giovanni Russo.
    Reja nimmt ein Schriftstück nach dem anderen, hält die Blätter am unteren Rand fest. Morano fixiert mich mit ein Paar Augen, die grauer als sonst sind.
    »War noch jemand anderes da, als es passiert ist?«, fragt Reja, während er die Zeilen überfliegt und dazu winzige, ruckartige Kopfbewegungen macht.
    »Es war spät nachts. Nur die beiden waren in der Küche.«
    »Also keine Zeugen.«
    »Wir haben das hier.«

    Morano schiebt ein weiteres Blatt bis an den Rand des Schreibtischs. Wenn ich richtig gesehen habe, trägt es den Briefkopf der lokalen Gesundheitsbehörde. Ich glaube, es ist die Aufnahmebestätigung der Ambulanz. Reja nickt langsam, sieht uns dann beide an.
    »Verbrennungen zweiten Grades auf der gesamten linken Gesichtshälfte, dem Hals und der Hand. Das sagt nichts über den Ablauf aus. Der Topf könnte bei dem Streit heruntergefallen sein.«
    »Und wer hat um ein Uhr nachts einen Topf mit Wasser auf den Herd gestellt?«, fragt Morano trocken.
    »Das weiß ich nicht.«
    »Na also.«
    »Jedenfalls wissen wir nicht einmal, wer den Topf auf den Herd gesetzt hat. Ist Giovanni Russo von einem Arzt untersucht worden?«
    Morano und ich schweigen beide; ein Nein, das es ihm erlaubt fortzufahren.
    »Aber mir scheint doch, dass bei ihm Blutergüsse und Abschürfungen vorliegen. Stimmt es, dass er einen geschwollenen Arm hat?«
    Reja wirft mir einen fragenden Blick zu, und ich kann nicht anders, als es bestätigen. Damit schwärze ich noch niemanden an, doch Morano kocht im Stillen vor Wut, das weiß ich, als könnte sich hinter jedem meiner Worte eine Art Verrat verbergen.
    »Können wir gleich klären, worauf das hinauslaufen soll?«, brummt Morano mürrisch.
    »Darauf zu verstehen, ob es eine tätliche Auseinandersetzung gegeben hat oder nicht.«
    Morano springt plötzlich auf, geht zum Fenster und öffnet es. Er kommt vor Lust zu rauchen fast um, nimmt eine noch geschlossene Schachtel Zigaretten in

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