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Camorrista

Titel: Camorrista Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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die Betonburgen der Peripherie ergießt. Wie es scheint, ist dieses Happy Fish ein kleines Restaurant mit Fischspezialitäten. Es verfügt über insgesamt vierzig Plätze, sechzig, wenn man den in der schönen Jahreszeit geöffneten Garten auf der Rückseite dazunimmt. Am 28. April jedoch wurden im Garten Arbeiten durchgeführt, und er war unbenutzbar.
    So trat Riccardo Capuano, 46 Jahre alt und des Weiteren Inhaber einer Pizzeria und einer hauptsächlich von russischen und südamerikanischen Seeleuten frequentierten Discobar, auf die Straße hinaus, um eine Zigarette zu rauchen. Er stellte sich direkt vor das Schaufenster mit dem großen Aquarium. Zeugenaussagen zufolge zeigte die riesige Uhr am Centro Interphone gegenüber ungefähr acht Uhr fünfunddreißig.
    Um acht Uhr fünfunddreißig am Freitag, dem 28. April, schlossen Nunzia Matello und Caterina Di Domenico die Tür
von Haus Nr. 182 hinter sich. Das Happy Fish hat die Nummer 180. Nunzia hatte gerade eine dieser ziemlich hässlichen Puppen bekommen, keine Barbie, mit der wir früher spielten, sondern eine dieser vollbusigen Puppen, die etwas Bauchfreies tragen und einen herzförmigen Mund und fächerförmige Wimpern haben.
    Caterina hatte sich ein buntes Folklore-Armband aufs Handgelenk gemalt. Nach der Aussage von Nunzias Mutter hatten die beiden Mädchen vor, sich in der Bar La Palma zwei Häuserblocks weiter ein Hörnchen von deren selbstgemachtem Eis zu holen. Wer weiß, warum, sage ich mir. Kinder lieben Eis am Stiel (ich habe in ihrem Alter nichts anderes gegessen).
    Es gilt als sicher, dass sie vor dem Aquarium des Happy Fish stehen geblieben sind, um sich den hässlichen Hummer anzuschauen und an die Scheibe zu klopfen, weil sie sehen wollten, ob sich die Goldbrasse zu ihnen hindrehte.
    Fleisch. Seit einiger Zeit hatte das Happy Fish auch Koteletts und Steaks auf der Speisekarte. Riccardo Capuano kaufte sie bei der Dicar , der Firma von Renzo Antoniolo, seinem zukünftigen Schwager.
    Fünf oder sechs Jahre zuvor war Renzo Antoniolo der große Sprung nach vorn gelungen. Vorher hatte er Schutzgeld bei den Händlern auf dem Markt von Marchesino kassiert, jetzt ist er Fleischgroßhändler. Dieselben Leute, von denen er früher einen Beitrag für die armen Kinder, deren Vater im Gefängnis sitzt, forderte, sind jetzt seine treuen Kunden, denen er reguläre Rechnungen ausstellt. Im Moment läuft gegen ihn nur ein Verfahren wegen Betrugs zu Lasten der Europäischen Union. Er hat Beihilfen für das Schlachten von Tieren in Anspruch genommen, die es nie gegeben hat. Das nennt man einen Klassiker (einer wie er bekommt natürlich Geld, mein Vater dagegen nicht).
    Fleisch.
    Asphaltfleisch. Sie wissen es ja eigentlich, solche Typen wie Capuano, dass sie früher oder später Asphaltfleisch werden.
Früher oder später erledigt sie jemand, als wären sie Schlachtvieh. Eine Frage der Zeit. Manchmal nicht einmal von viel Zeit. Heutzutage ändern sich die Dinge schnell, für alle.
    Fisch.
    Der Hummer ist ekelhaft hässlich. Der Drachenkopf sieht aus wie ein Monster aus einem Trickfilm.
    Nach der Rekonstruktion standen um acht Uhr fünfunddreißig alle drei, Nunzia Martello, Caterina Di Domenico und Riccardo Capuano, vor dem Aquarium im Fenster. Der Tabakhändler von nebenan, der gerade geschlossen hatte, hatte sie scherzen hören.
    »Guten Abend, meine Damen, wie hübsch ihr heute seid«, soll Capuano gesagt haben.
    Um acht Uhr sechsunddreißig, spätestens siebenunddreißig, waren alle drei Asphaltfleisch.
    Der Mann, die Arme nach vorn gestreckt, zwischen dem Poller und einer verwüsteten Telefonzelle. Auf den Fotos sieht man Capuano in einer schlammfarbenen Pfütze liegen, ein Auge offen, während ein rötlicher Brei, vielleicht zerkaute Spaghetti, zusammen mit Blut aus seinem Mund quillt. Ein Kollege aus der Ermittlungsabteilung hat mir erklärt, dass man, um als Schussopfer mit solcher Würde zu sterben wie im Film, einen leeren Darm, eine leere Blase und einen leeren Magen haben muss. Denn wenn all diese Organe gefüllt sind, bringt die Welle der aufprallenden Projektile sie wie Luftballons zum Platzen, mit allem, was daraus folgt.
    Caterina sehe ich auf dem Bauch liegen, geklammert an den Poller, als wollte sie sich bei einem Schiffbruch in Sicherheit bringen. Es sieht so aus, als wäre sie auf dem überschwemmten Bürgersteig ausgerutscht. Wenn das Aquarium des Happy Fish nicht von den ersten Schüssen zertrümmert worden wäre, hätte sie es geschafft. Nur ein

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