Camp Concentration
quaerentium.
Als ich die widerliche Süße schmeckte, drang die Botschaft wie das Licht einer von geheimnisvollem Öl gespeisten Lampe zu mir und blendete mich mit ihrer unerträglichen Wahrheit.
»Ich hätte es längst wissen müssen!«
So deutlich wie in einem Buch sah ich unsere Namen geschrieben, in riesigen blauen und goldenen Lettern: Zuerst George Wagners Namen, dann Mordecais, dann die der anderen Gefangenen, einen nach dem andern, und ganz unten auf der Seite meinen eigenen.
Nicht daß er da stand, peinigte mich, sondern daß ich es im Grund längst gewußt hatte. Fast schon seit meiner Ankunft im Lager Archimedes.
Aquinas brach in schallendes Gelächter aus - ein arm- und beinloser Schmerbauch, der Blut in einen großen, gehörnten Kürbiskopf pumpte. Sein Lachen dröhnte gegen die Wände, erstickte den sanften Engelsgesang - und ich erwachte.
Später
Auf mein Drängen gab Haast zu, was sich jetzt ohnehin nicht mehr verschweigen läßt und was mir nur durch meine eigene verzweifelte, gewollte Blindheit verborgen geblieben war. Jetzt, da ich es weiß, jetzt, da ich weiß, daß ich es weiß, fühle ich mich tatsächlich erleichtert, wie ein Mörder, dessen Prozeß sich lange hingezogen hat und der endlich den Spruch der Geschworenen hört, an dem er im Grund nie gezweifelt hat - »Schuldig« - und dann das ebenfalls erwartete Urteil - »Tod«. Es war kein Traum, und die Botschaft stimmt. Seit dem 16. Mai bin ich mit Palladin infiziert. Alle, außer mir selbst, haben es gewußt, und ich, der ich nicht auf das Flüstern hören wollte, bis es zum Brüllen wurde, von dem die Welt widerhallte, ich habe es auch gewußt.
ZWEITER TEIL
Die folgenden, durch Punkte voneinander abgehobenen Aufzeichnungen sind so wiedergegeben, wie sie in Louis Sacchettis Tagebuch stehen. Die Reihenfolge wurde beibehalten. Datierungshinweise können wir nur dem Text selbst entnehmen. So deutet zum Beispiel die erste Erwähnung des Namens ›Skilliman‹ (unter Ziffer 12) darauf, daß diese und die folgenden Eintragungen nicht vor dem 9. August gemacht wurden. Aus den letzten drei Eintragungen (beginnend mit: »Immer öfter ist es sein Garten, in dem wir wandeln«), die den Hauptteil dieses Tagebuchabschnittes ausmachen, geht hervor, daß Sacchetti sie kurz vor der Periode niedergeschrieben haben muß, in der seine Aufzeichnungen wieder regelmäßig (und, wenn ich so sagen darf, verständlich) wurden. Das bedeutet, daß seine ›Fieberphantasien‹ (wie er selbst es später nannte) am 28. September aufhörten. Viele der im folgenden wiedergegebenen Gedanken stammen nicht von Sacchetti selbst. Wo er die Quelle nicht angegeben hat (und zumeist hat er es nicht getan), haben wir nicht versucht, sie zu finden; es wäre zu mühselig gewesen und dürfte ohnehin nur den Experten interessieren. Trotzdem seien wenigstens einige seiner Quellen genannt: die Bibel, Aquinas, die Kabbala, verschiedene alchimistische Texte, darunter der zweite Teil des Rosenromans, Richard (und George) Wagner, Bunyan, Milton, de Lautréamont, Rilke, Thomas Mann, Rimbaud und zahlreiche moderne englische Dichter. - Der Herausgeber.
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»Zu viel Grübeleien. Nicht genug Fakten. Konzentrieren Sie sich auf die plastische Beschreibung der Wirklichkeit!« Er hat recht, ich weiß es. Meine einzige Entschuldigung: In der Hölle ist’s düster.
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»Im Innern des Wales - oder des Ofens?«
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»Er hörte klagende Stimmen und hin und her hastende Schritte, so daß er manchmal glaubte, in Stücke gerissen oder wie Kot auf der Straße zertreten zu werden.« Und etwas später: »In dem Augenblick, da er sich dem flammenden Schlund näherte, schlich sich der Bösen einer von hinten an ihn heran und redete ihm mit flüsternder Stimme viele fürchterliche Gotteslästerungen ein, so daß er wahrhaftig glaubte, sie seien seinem eigenen Gehirn entsprungen ... Er war weder fähig, seine Ohren zu verschließen, noch vermochte er, den Ursprung dieser Gotteslästerungen zu erkennen.«
Bunyan
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Wir behaupten, die Kunst überdaure die Zeit. In Wirklichkeit vertreibt sie sie nur.
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»Alles was Er will, das tut Er.« Eine bittere Wahrheit.
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»Sein Leben begann jetzt, einem mit Wasser gefüllten Glas zu gleichen, wie er es zum Ausspülen seiner Pinsel benutzte: die verschiedenen Farben vermischten sich und wurden zur Farbe des Schmutzes.«
Porträt des P.
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Es ist der Anblick der hölzernen Wanne, der bewirkt, daß wir
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