Canale Mortale (German Edition)
und Gelächter. Sie zog sich rasch um, schlüpfte wieder in Jeans
und T-Shirt und stieg zur Altana hoch. Dort oben saßen Ugo, Jana und Florian
mit Dosenbier und Cola. Die drei waren bester Stimmung und wollten gerade zu
dem verabredeten Fußballspiel aufbrechen. Antonia schloss sich ihnen an. Von
ihrem Treffen mit Guido Massato sagte sie nichts.
Von den Zattere aus nahmen sie das Boot nach St. Elena zum
Stadion. Als das Schiff aus dem Markusbecken in Richtung Giardini fuhr,
bemerkte Antonia, dass Jana, die neben ihr an der Reling stand, unruhig wurde.
»Ich habe ganz vergessen, dass ich noch bei einer Freundin
vorbeischauen sollte. Ich wollte ihr bei einer Hausarbeit für die Uni helfen,
ich denke, ich steige bei den Giardini aus und fahre zurück.«
Antonia spürte, dass Jana log, und warf Florian einen vielsagenden
Blick zu, als sie das Boot an der Haltestelle verließ. Sie wusste inzwischen,
dass Guido Massato ein Zimmer bei seiner Mutter im Castello-Viertel bewohnte,
und sie vermutete, dass Jana den Besuch des Fußballspiels zu Hause nur
vorgeschoben hatte, um sich in Wirklichkeit mit ihm zu treffen.
Als sie den Vaporetto in der Nähe des Stadions verließen, flüsterte
sie Florian zu: »Ich glaube, sie trifft ihren Onkel Guido, den Mann, den wir am
ersten Tag gesehen haben.«
Florian sah sie verwundert an. »Du denkst, sie hat eine heimliche
Affäre?«
Antonia legte warnend einen Zeigefinger an den Mund und nickte in
Richtung Ugo. »Später!«
Ugo drehte sich jedoch lässig um und blinzelte ihnen verschmitzt zu.
»Soll ich vielleicht nicht hören, dass Jana sich mit Onkel Guido trifft? Das
weiß ich schon lange. Ich habe die beiden selbst in den Giardini gesehen, noch
letzte Woche.«
Florian blieb gelassen. »Und was hältst du von deinem Onkel?«,
fragte er.
»Weiß nicht …«, wich Ugo aus. »Ich war ein paarmal mit den beiden
Eis essen, und er schleimte ziemlich herum, aber ich glaube, mit Jana meint er
es ernst.«
Inzwischen hatten noch zwei weitere Boote, von Murano und vom Lido
kommend, angelegt, und immer mehr Menschen drängten sich auf dem Weg zum
Stadion. Antonia, die nicht das Geringste von Fußball verstand, ergab sich in
ihr Schicksal und ließ sich mit den lärmenden Fans durch den Eingang schieben.
Florian hatte Plätze in der dritten Reihe vorne spendiert.
Triest spielte von Anfang an ein aggressives Spiel, und trotz
heftiger Anfeuerung durch die venezianischen Fans blieben die Leoni die ganze
erste Halbzeit über in der Defensive. Ugo hieb sich mit der flachen Hand vor
die Stirn, wenn ein Pass fehlschlug, und auch Florian sprang bei Torchancen der
Leoni aufgeregt vom Sitz auf. Antonia, die kaum einen Zusammenhang zwischen
diesen Reaktionen und den spielenden Männern auf dem Rasen erkannte, bemühte
sich, es ihnen gleichzutun, um nicht allzu laienhaft zu wirken. Die Spieler aus
Triest schossen zwei Tore, und die Venezianer kämpften noch verzweifelter.
In der Halbzeitpause gingen Florian und Ugo zum Kiosk, um Cola und
Mineralwasser zu besorgen. Antonia blickte auf das leere Grün des Fußballfeldes
und ging noch einmal im Kopf die Fakten durch, die sie bisher gesammelt hatte.
Der Conte sollte unter Druck gesetzt und vermutlich erpresst werden, es ging
vielleicht um Kunst. Octavia gegenüber hatte er Aram Singer als Kunsthändler
bezeichnet. Die Erpresser beriefen sich auf die Märtyrer aus der Zeit der
deutschen Okkupation. Was war mit der undurchsichtigen Flavia? Tat sie ihr
vielleicht Unrecht, nur weil sie so unsympathisch war? Aber wer sollte sonst in
ihrem Koffer herumgeschnüffelt haben? Es schien ihr mit einem Mal unmöglich, in
der fremden Stadt einen Fall zu lösen. Sie würde ihre Gastgeberin bitten, mit
den Briefen zur Polizei zu gehen. Einen anderen Weg gab es nicht.
Als Ugo vom Kiosk zurückkam, ging er weiter nach unten an das
Absperrgitter zum Fußballfeld und sprach mit ein paar Jungs in seinem Alter.
Florian ließ sich neben ihr nieder und seufzte, wie gut ihm das Spiel täte.
»Immer nur üben, üben, üben. Vom Leben in dieser Stadt bekomme ich
rein gar nichts mit … Mit wem warst du denn heute Mittag verabredet?«
»Mit George Clooney«, antwortete Antonia schnippisch.
»Ist der nicht etwas zu alt für dich?«
»Ganz und gar nicht. Zumindest hat er gute Manieren …«
Florian legte den Arm um sie. »Du weißt doch, dass ich in den Proben
nicht gestört werden darf.«
Antonia sah wieder zum Absperrgitter hinüber und bemerkte, dass Ugo
nicht mehr bei
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