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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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scherzend: »Wer hat den denn eingeladen?«
    Der Sohn aber, der strahlte, weil jener auch ihn wiedererkannt hatte – »Ah, du bist Pericle, grüß mir deine Mutter und sag ihr, beim nächsten Mal soll sie mir wieder Bohnen machen« –, stutzte und sah ihn von unten herauf an: »Aber was sagt Ihr denn da, Vater? Das wäre eine Ehre gewesen.«
    »Eine Ehre wäre das gewesen? Ja, ist das vielleicht sein Zuhause, wo er tun und lassen kann, was er will? Diesmal kann ich nicht kommen! Aber wer hat denn etwas zu ihm gesagt, verdammter Flegel?«, und um nicht auf den Sohn einzuschlagen, den er sein Lebtag lang nie angerührt hat, gab er dem Pferd die Peitsche, dass es sich noch heute daran erinnert.
    Jedenfalls gingen so drei weitere Jahre ins Land, es kam das Jahr 1914, und wir waren in Cavarzere, ganz in der Nähe von der Zuckerfabrik. Onkel Pericle war mittlerweile fünfzehn, hatte Flaum auf den Wangen, aber er war ein Spätentwickler und war damals wenig mehr als ein etwas hoch aufgeschossener Junge. Und 1914 gab es auch die »Rote Woche«, ein sieben Tage währendes Chaos, vom 7. bis zum 14. Juni, und die Älteren erinnern sich noch an das genaue Datum, weil in der Woche danach der Erste Weltkrieg ausbrach.
    In Italien war damals Salandra an der Regierung, aber das Sagen hatte immer noch Giolitti, dieser durchtriebene Hurensohn, der mit einem machte, was er wollte. Etwa zwanzig Jahre lang war er an der Regierung, mit Hochs und Tiefs – »Heute bin ich an der Regierung, morgen du, aber nur pro forma, denn das Sagen habe immer noch ich.« Dieser Erzbetrüger Giolitti war dabei aber doch einer, der die Dinge durchschaute, und er durchschaute auch, dass die Dinge sich ändern mussten. Scheinbar hat sich das Land unter ihm ökonomisch stark entwickelt, vor allem die Banken und die Industrie. Er durchschaute auch die Motive der Armen, er war es, der die ersten Gesetze für den Unfallschutz und gegen Kinderarbeit machte. Kurzum, offenbar ist er irgendwann zum König gegangen und hat zu ihm gesagt: »Lieber König, so können wir nicht weitermachen. Die da, die Armen und die Arbeiter, wenn wir uns nicht zusammenreißen und sie weiterhin zu sehr drangsalieren, haben sie es früher oder später satt und werfen uns hier alle miteinander über den Haufen.«
    »Ist gut, Giolitti, du hast mich überzeugt. Was meinst du, was sollen wir tun?«
    »Man muss sie irgendwie zufriedenstellen«, und dann machte er die Gesetze, die ich eben sagte, und dehnte das Wahlrecht auf alle volljährigen Männer aus, nicht nur für die Vermögenden. »Aber mir scheint, das reicht nicht, König.«
    »Gut, wie du meinst. Was muss man sonst noch tun, deiner Ansicht nach?«
    »Man muss die Sozialisten an die Regierung lassen«, die damals, in den frühen 1900er Jahren, angeschwollen waren wie ein Tsunami.
    »Die Sozialisten?«, sagte der König zu ihm. »Aber du bist ja verrückt, die wollen doch die Republik, die wollen mich verjagen. Und ich berufe sie in die Regierung?«
    »König, red keinen Unsinn, lass mich machen, jedem sein Metier, du machst den König und ich die Politik; ich richte sie mir zu, wie ich sie brauche. Ich lasse sie an die Regierung, ich gebe ihnen erst eine Reform und dann noch eine; mit der Zeit und im Stroh werden die Mispeln reif, und die Sozialisten auch; wenn man sie leben lässt, werden sie Christenmenschen wie andere auch«, was genau das ist – Sie, der Sie die Geschichte studiert haben, werden mir zustimmen –, was die Reformisten wollten.
    Der König sagte zu ihm: »Ist gut, Giolitti, tu so, wie du sagst, ich bin in deinen Händen.« Und der zog los, zu den reformistischen Sozialisten – zu den wichtigsten: zu Bonomi, zu Treves, Turati und Modigliani – und sagte zu ihnen: »Kommt ihr mit in die Regierung?«
    »Nein danke, selbst wenn du uns dafür bezahlst nicht«, antworteten ihm die.
    »Ja, aber seid ihr denn verrückt?«, erwiderte Giolitti ihnen. »Was wollt ihr denn? Kann denn einer im Parlament sein, Wahlen veranstalten, und dann, wenn man ihm sagt, komm in die Regierung, sagt er, nein, das will ich nicht?«
    »Ach Giolí, das können wir nicht, sinnlos, dass du darauf bestehst.«
    »Aber was soll denn das heißen, hat es euch der Doktor vielleicht verboten?«
    »Nein, wenn wir in die Regierung gehen, was sollen denn dann die revolutionären Syndikalisten sagen? Die hauen uns blau!«
    »Ich verstehe, aber die sind doch nun wirklich verrückt, mit denen kann man sich doch nicht vernünftig unterhalten, die

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