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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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»Feuer« geschrien und Onkel Pericle erkannt hatte, dass der pagliaio hin war, alles Übrige aber in Sicherheit –, da hatte auch schon die Wut Onkel Pericle überkommen. Und als er unter all den Verwandten Anteo erblickte – seinen Zwillingsvetter, wie wir sagen, sein Pendant in der Familie des Onkels, ebenfalls zweiter Sohn, Zwilling bedeutete in diesem Fall »gleich«, selbes Alter, er war mit ihm im Krieg gewesen und sie waren ganz eng miteinander, Spielkameraden und als Kinder immer gemeinsam Frösche gefangen, und damals in Cavarzere bei der Geschichte mit dem Messer und dem Pfarrer war er auch dabei gewesen –, als er den also sah, ging mein Onkel auf ihn los und packte ihn am Hemdkragen: »Wer war das? Du weißt, wer das war!«, und im Feuerschein sah sein schreiendes Gesicht dämonisch aus.
    »Ich weiß nichts«, sagte Anteo sanft.
    »Wer war das? Du musst mir sagen, wer das war«, herrschte Onkel Pericle ihn an und presste ihm mit beiden Fäusten das Hemd über der Brust zusammen.
    »Ich weiß nichts«, gab der andere verärgert zurück und drückte nun mit dem Brustkorb gegen die Fäuste des Vetters: »Und nimm die Hände weg, Pericle, bevor es zu spät ist.«
    »Es ist schon zu spät«, und er schob ihn mit all seiner Kraft, der Kraft eines Stiers, vor sich her – wie damals den Priester –, während der andere zurückwich und er weiterschob. Da hörte Großmutter auf, die anderen herumzukommandieren, wandte sich zu ihm und flehte ihn fast weinend an: »Pericle, Pericle.« Aber er reagierte nicht, er schob weiter, fletschte die Zähne, hatte mit einer Hand das Hemd schon losgelassen, die Faust wieder geschlossen und holte aus zum Schlag.
    Es war Sache eines Augenblicks: »Pericle!«, herrschte Großvater ihn an.
    Mein Onkel hielt inne, ließ die Faust sinken und ließ den Vetter los. Einen Augenblick lang sah er ihn allerdings noch mit eiserner Miene an und warnte ihn: »Zwischen mir und euch …«, er beendete den Satz nicht, machte nur mit den Händen eine knappe Geste, spreizte sie auf Hüfthöhe plötzlich auseinander, scharf wie ein Sensenhieb, um zu sagen: »Basta, mit euch habe ich nichts mehr zu schaffen«, und drehte sich um.
    »Ich hab Mitleid mit dir«, sagte Anteo da.
    »Hab nur Mitleid mit mir, aber bleib mir fern.« Und dann tat auch Onkel Pericle die Dinge, die getan werden mussten. Doch kaum sah er, dass gerettet war, was zu retten war, und alles Weitere nur noch Routine war, dass an der Basis des pagliaio nur noch Reste vom Pfahl glommen und an Stroh überhaupt nichts mehr vorhanden war, weder gutes noch verbranntes, wandte er sich an einen der jüngeren Brüder: »Turati, du Hund, spann den Wagen an«, und der sputete sich – er war mittlerweile vierzehn –, holte das Pferd und spannte es vor den Wagen.
    »Bleib zu Haus, Junge«, versuchte Großmutter es.
    »Ja, sollen wir vielleicht den dritten abwarten?«, erwiderte Onkel Pericle, und meine Onkel gingen sich anziehen und die Flinten holen. So fuhren sie mit dem Karren los – natürlich nur die Älteren –, außer Onkel Adelchi, der nicht mitkommen wollte, »irgendwer muss ja dableiben«, wie er in vollem Ernst gesagt hatte, fast mit Bedauern im Gesicht.
    »Du kommst wohl um vor Lust, mit uns mitzufahren, hm?«, sagte Turati, der Hund zu ihm.
    Sie waren also zu fünft: Onkel Pericle, Onkel Temistocle, Onkel Iseo, Treves und Turati. Fünf.
    »Das langt«, sagte Onkel Pericle, und die Jüngeren wollte er nicht dabeihaben. Onkel Turati war auch nicht so groß – er war erst vierzehn, wie ich Ihnen schon sagte –, und versuchsweise kreischte die Großmutter: »Lasst mir wenigstens den Turati zu Hause«, und hatte Onkel Temistocle auch fast schon überzeugt.
    Aber ihn, Turati, wer wollte den überzeugen? »Ich auch, ich auch! Lass mich nicht zu Hause, Pericle, dass dich der Teufel hol«, und mit einem Satz war er neben ihm auf dem Kutschbock. Onkel Pericle musste lachen und machte ihm Platz.
    Auch Tante Bissola kreischte: »Nehmt mich auch mit, nehmt mich auch mit, ihr Mistkerle!«
    »Sei still, du albernes Ding, wo willst du denn hin? Meinst du vielleicht, das ist was für Frauen?«, versuchte ihre Zwillingsschwester, Tante Modigliana, sie zur Vernunft zu bringen.
    »Aber warum? Was fehlt mir denn?«
    »Der Verstand«, und Hiebe, »der Verstand fehlt dir«, schlug Großmutter aus Leibeskräften auf sie ein. Gewisse Schläge auf den Hinterkopf.
    »Hüa!« , rief mein Onkel dem Pferd schon zu, und in Windeseile ging’s los,

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