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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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feuerte auch Onkel Treves, peng peng , ein paar Schüsse auf die Fenster am Corso ab – und schleunigst klappten die Leute die Fensterläden wieder zu – paff –, und so gelangte der Karren auf die Piazza.
    »Brrr« , zog Onkel Pericle die Zügel an, und das Pferd stand noch nicht ganz still, da waren auch schon alle mit einem Satz vom Wagen abgesprungen, wie heutzutage die Angriffseinheiten der Infanterie hinten aus dem Laderaum der Panzerfahrzeuge.
    Die Camera del lavoro lag an der Piazza – ebenerdig, mit verglasten Türen zur Straße. Es war ein einziger großer Raum, und darin befanden sich auch das Parteibüro der Sozialisten und die Liga. Man hatte alles dort zusammengelegt. Ich glaube, das hieß nun auch schon Casa del popolo, und um die Uhrzeit war natürlich alles dicht und das Licht aus. Im Stockwerk darüber wohnten allerdings ein paar Familien. Daher schrien meine Onkel, kaum waren sie abgesprungen, zu ihnen hinauf: »Kommt raus!«
    Die brauchten ein Weilchen: »Soll ich aufmachen oder nicht?«, berieten sie sich mit ihren Frauen, denn die Schüsse mussten auch hier gehört worden sein.
    »Nicht aufmachen, um Himmels willen.«
    Aber von unten riefen meine Onkel wieder: »Kommt raus«, und die schauten runter. Und wie sie runterschauten, sagten meine Onkel noch einmal zu ihnen: »Alle raus! Wir zählen bis drei, dann legen wir Feuer … Eins, zwei drei: Feuer!« Und sie traten die Türen ein, warfen zwei, drei Petroleumlampen auf den Boden und setzten die Camera del lavoro in Brand, während jene noch mit ihren Kindern auf dem Arm die Treppen herunterstürzten.
    Nun war die Camera del lavoro nicht unser pagliaio , fing also nicht auf der Stelle mit einer einzigen Stichflamme Feuer; auch das Brandstiften will gelernt sein, man kann nicht einfach hingehen, Feuer legen, wieder weggehen, und das Feuer macht dann alles von allein. Es ist schließlich nicht alles Stroh, und Brand ist nicht gleich Brand. Bei dem hier musste man dabeibleiben und nachhelfen, denn das Feuer wollte nicht richtig angehen. Auf die Petroleumlampen musste man noch Zeitungen und Plakate werfen, ein paar Tische und Stühle zu Kleinholz machen, und derweil waren die von oben immer noch nicht alle runtergekommen. Da war eine Frau, die kreischte: »Die Kleinen! Die Kleinen!«
    »Wirf sie runter«, rief Onkel Pericle ihr zu, er stand unter dem Fenster. Und tatsächlich warf sie ihm die kleinen Geschwister eins nach dem anderen zu, er fing sie auf und setzte sie in der Mitte der Piazza ab, während seine Brüder weiter das Feuer schürten. Dann breitete er die Arme aus und sagte zu ihr: »Komm du auch runter«, und sie war wirklich eine hübsche Blondine.
    »Scher dich zum Teufel, du Mörder«, gab sie zurück und stieg über das Fensterbrett, um sich allein vom Fenster aus hinunterzulassen – sie mochte fünfzehn oder sechzehn sein –, während Vater und Mutter ihr von unten aus zuriefen: »Geh doch über die Treppe!«
    Sie war aber schon zum Fenster heraus, sie war allerdings nicht gesprungen, sondern übers Fensterbrett geklettert und hatte sich dann an den Händen herabgelassen. Und nun tastete sie mit den Füßen, um auf einem Sims oder Mauervorsprung Halt zu finden, während der Wind und die Feuersglut ihr das Nachthemd in die Höhe wehten und man ihre schönen Waden sah. Schöne blonde Waden und etwas von den Beinen. Da schrie Onkel Pericle wieder: »Turati, du Hund!«
    Sofort war der mit dem Wagen unter dem Fenster, Onkel Pericle sprang hinauf, die Arme nach oben gestreckt, um diese blonde Hexe zu packen, aber als die spürte, wie seine Hände ihre Füße streiften, schlug sie nach allen Seiten aus wie ein Muli: »Rühr mich nicht an, du Mörder«, und strampelte am Fensterbett hängend.
    Schließlich ließ sie dann doch los, und Onkel Pericle fing sie an den Hüften auf, stellte sie auf dem Karren ab und streifte dabei mit den Händen ihre Brüste. Da aber – kaum dass sie die Planken des Wagens unter den Füßen spürte – fuhr sie herum, und statt dass sie sich bedankte, verpasste sie ihm klatsch eine schallende Ohrfeige. »Hände weg!«
    Unterdessen war in der Ferne hinten auf der Hauptstraße eine Gruppe von zwei oder drei Leuten aufgetaucht, die sich gegenseitig Mut machten und offenbar näher kommen wollten. Onkel Iseo und Onkel Temistocle überlegten nicht lang: Gewehrschüsse peng peng , und die überlegten es sich ihrerseits und kehrten um. Weg waren sie.
    Da sprang Onkel Pericle – der nach der Ohrfeige um Fassung

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