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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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rang – auch vom Karren, die Pistole in der Hand, und fing ebenfalls an, in die Luft zu ballern: peng peng . Dabei sah er aber sie an.
    »Wem glaubst du denn, dass du Angst machst?«, sagte sie hingegen und fuhr ihm mit den Händen unters Kinn, während er sie unverwandt ansah, und als die Mutter sich schützend vor sie stellen wollte, trat sie auch nach der Mutter: »Ich hätte an Stelle dieser Männer hier sein sollen«, rief sie und deutete auf den Vater und die Nachbarn. »Dafür bist du gut, so was hier anzurichten«, fauchte sie Onkel Pericle an.
    Wieder schoss Onkel Pericle in die Luft. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Dann sagte er zu den Brüdern: »Gehen wir«, denn dort war die Arbeit getan, die Liga niedergebrannt, und jetzt sollten die Bewohner das Feuer löschen und ihre Wohnungen retten, gemeinsam mit dieser Hexe. Auch weil mittlerweile – zu guter Letzt – sogar die Carabinieri etwas gemerkt hatten und an ihrer Kaserne schon einige Fensterläden aufgingen: »Mir scheint, ich habe da einen merkwürdigen Lärm gehört«, sagte der Marschall zur Marschallin.
    Also fuhren sie los und drehten eine Runde durchs Dorf. An den Häusern aller Verdächtigen vorbei. Fünf oder sechs. Sie kamen mit dem Wagen, hielten das Pferd an Brrr , die einen stiegen ab, die anderen blieben auf dem Wagen, und los ging’s, Schüsse auf die Fenster. Peng peng.
    »Was ist los?«, schrie ab und zu jemand.
    Und sie: »Peruzzi! Peng peng! « Einmal durchs ganze Dorf.
    Es ist ja nicht so, sehen Sie, dass meine Onkel sich hätten rächen können, indem sie ihrerseits einen pagliaio niederbrannten. Diejenigen, die bei uns Feuer gelegt hatten, besaßen keinen, das waren arme Leute – Tagelöhner, Elendsgestalten aus den casoni –, oder es waren Lehrer, Barbiere oder Schmiede. Was sollten die einen pagliaio haben? Sie hatten allesamt keinen Grund und Boden, schlimmer als wir, und wohnten im Dorf. Was sollten wir da machen, das Dorf anzünden? Wir sind zu ihnen hin, Haus für Haus, haben auf die Fenster geschossen, um ihnen zu verstehen zu geben, dass sie das sein lassen sollten. Am Ende haben wir aber niemanden getötet, nur ein bisschen verletzt. Und auch dort in der Camera del lavoro hat nur das Lokal selbst gebrannt, die Wohnungen darüber haben wir nicht in Brand gesteckt. Auch in dem Lokal hat es nicht so schlimm gebrannt, die Wände ein bisschen schwarz verrußt, Mobiliar und Fenster verbrannt, aber schon am nächsten Tag rauchte nichts mehr, und wenn man gewollt hätte, hätte man alles sauber machen und wieder instand setzen können. Ja, sie hätten es sogar versucht, aber wir sorgten dafür – mit noch ein paar Gewehrschüssen peng peng –, dass sie es sich anders überlegten, und so, ohne Türen und mit rußgeschwärzten Wänden, stand das Lokal einige Monate lang leer; bis als Mieter wir dort einzogen und das Haus des Fascio daraus machten.
    An jenem Abend jedenfalls im Dunkeln auf dem Karren merkte Onkel Temistocle irgendwann, dass etwas nicht stimmte, es kam ihm vor, als wäre es enger dort, und er zählte noch einmal alle durch: »Eins … zwei … drei … vier … fünf?« Da war noch einer. Er packte ihn am Schopf und zog, und zum Vorschein kam Tante Bissola: »Was machst du denn hier?«
    Sie war ihnen zu Fuß nachgelaufen, heimlich, und war erst auf der Piazza auf den Karren gesprungen, kurz bevor sie umkehren wollten. »Fahren wir nach Haus«, sagte da Onkel Temistocle.
    »Und Pellegrini?«, fragte Onkel Pericle.
    »Pellegrini!«, bestätigte Onkel Temistocle. Zurück machten sie einen weiten Umweg, vorbei an den casoni , denn dort wohnte er. Pellegrini erwartete sie aber vor der Behausung auf der Straße, und als er den Karren herankommen hörte, schoss er als erster: Peng.
    Aber er war weit weg, die Schrotladung streute zu weit. Man hörte ein paar Kügelchen am Pferdeleib entlangzischen – fft .
    Meine Onkel sprangen vom Wagen, stellten sich fächerförmig auf und schossen, was das Zeug hielt, während sich einer übers Feld der Hütte näherte, der andere durch den Graben. Dem Pellegrini ging unterdessen offenbar die Munition aus, und von seiner Seite aus hörte man nicht mehr schießen. Nur wir schossen, während Tante Bissola, gebückt durch den Graben laufend, sich wie eine Klette an Onkel Pericles Ärmel hängte und auch fest daran zog: »Gebt mir auch ein Gewehr.«
    »Weg da, du dumme Kuh«, sagte Turati zähnefletschend und versetzte ihr Tritte.
    So kamen wir zu dem casone , und da war keiner

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