Canard Saigon (German Edition)
das Gespräch.
„Am besagten Seminar im September 1988 nahmen laut vorliegender Einladungsliste 14 Personen teil. Alle ausschließlich Männer. Einer davon war Charles Wegner. Den Trainer, Dr. Kaiser, hast du schon kontaktiert, Marc. Ein damaliger Teilnehmer lebt seit 17 Jahren in Australien und war seit vier Jahren nicht mehr in Österreich. Und einer ist vor zwei Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Damit verbleiben elf ehemalige Angestellte, denn keiner von ihnen ist heute noch bei der Elementar beschäftigt. Als mögliche Zeugen kommen natürlich alle infrage. Wenn wir uns allerdings auf unser Täterprofil konzentrieren, bleiben altersmäßig im günstigsten Fall sieben Personen übrig. Einer dieser sieben lebt in Innsbruck und leitet dort eine Bankfiliale. Er war seit Weihnachten weder krankgemeldet noch im Urlaub. Einer arbeitet als Finanzbeamter in Villach und war ebenfalls weder krank noch beurlaubt. Und einer arbeitet in einem großen Baumarkt als Buchhalter und befindet sich seit drei Wochen in Frankfurt auf Einschulung für ein neues Rechnungswesenprogramm. Somit verbleiben vier Personen, die im Altersrahmen des Profils liegen und im Großraum Wien leben.“ Johannes schob Marc und Sandra Kopien eines Computerausdrucks über den Tisch. „Wie ihr sehen könnt, sind die infrage kommenden Personen zwischen 43 und 46 Jahre alt.“
Marc und Sandra studierten die Eckdaten der Männer.
„Hervorragende Arbeit, Johannes“, sagte Marc. „Sandra und ich werden diese Personen sofort kontaktieren. Und du, Johannes, versuchst mit Fritz ihr Umfeld auszuleuchten. Ich will alles über diese Männer wissen.“
Er stand auf und beendete ihre Besprechung. „Sandra, wir fahren in fünf Minuten.“
„Ich hol mir meine Jacke“, sagte sie und ging in den War Room.
Wien, Samstag, 24. April 2010, 11.00 Uhr
Marc Vanhagen warf einen schnellen Blick auf seine Liste. „Ich denke, hier sind wir richtig“, sagte er. Sandra Kessler nickte und betätigte die Türklingel. Sie befanden sich im sechsten Stock der Wohnanlage Alt-Erlaa. Es hatte ihnen einige Mühe gekostet, sich in dem riesigen Komplex zu orientieren. Marc war zwischendurch genervt gewesen, aber dank Sandras Geduld hatten sie die Wohnung relativ rasch gefunden.
Sie hörten das Geräusch von schnellen Schritten. Die Tür wurde schwungvoll geöffnet, und vor ihnen stand eine etwa 35-jährige schlanke Frau mit kurzen brünetten Haaren.
„Ja, was wollen Sie?“, fragte sie energisch und wirkte ein wenig gehetzt.
„Frau Marlies Schreudl?“, fragte Marc.
„Ja, wer sind Sie und was wollen Sie?“ Sie schien unter Zeitdruck zu stehen.
„Wir sind vom Bundeskriminalamt und wollten zu Ihrem Mann“, sagte Marc.
„Aha, na gut. Kommen Sie einfach herein“, sagte sie, machte kehrt und rannte durch den Flur. Marc und Sandra sahen sich kurz an. Zögernd betraten sie die Wohnung.
„Und machen Sie die Tür hinter sich zu“, rief Frau Schreudl aus dem Raum, in den sie kurz zuvor gelaufen war. Vorsichtig schritten die Ermittler durch den Flur. Es roch nach gedünsteten Zwiebeln. Sie traten in das Zimmer und standen in der Küche. Marlies Schreudl stand am Herd und rührte mit einem Kochlöffel in einem großen Topf.
„Sie müssen entschuldigen, aber ich koche Gulasch, und wenn ich jetzt nicht umrühre, brennt mir der Zwiebel an. Bitte setzen Sie sich, ich bin gleich so weit.“
Marc und Sandra setzten sich an den großen Esstisch. Marlies Schreudl gab grob gewürfelte Stücke von bereits angebratenem Fleisch in den Topf, goss mit Wasser auf und setzte einen Deckel auf.
„So, jetzt habe ich Zeit“, sagte sie und kam zu den beiden Ermittlern an den Tisch. „Also, jetzt in Ruhe. Wer sind Sie und was wollen Sie von mir?“
Marc stellte sich und Sandra vor und kam direkt zur Sache. „Wir wollten mit Herrn Johann Schreudl sprechen.“
„Da sind Sie hier falsch. Der wohnt nicht mehr hier.“
„Laut Melderegister ist das hier seine Adresse“, sagte Marc und überprüfte schnell seine Liste.
„Dann hat er sich noch nicht umgemeldet. Wir haben uns vorigen Sommer getrennt. Johann wohnt jetzt im 2. Bezirk.“
„Das tut mir leid. Wie lange waren Sie verheiratet?“, fragte Sandra.
„Wir sind seit zwölf Jahren verheiratet. Und es muss Ihnen nicht leid tun“, sagte Frau Schreudl kühl. „Seit ich den Kerl rausgeschmissen habe, weiß ich wieder, was Lebensqualität bedeutet. Und Franzi, mein Sohn, blüht regelrecht auf.“
„Wie alt ist Ihr
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