Canard Saigon (German Edition)
Sohn?“, fragte Sandra behutsam.
„Franzi ist zwölf. Ja, ich wurde damals schwanger und wir mussten heiraten, wie man so schön sagt.“
„Und was ist schiefgegangen?“
„Johann war schon einmal verheiratet. Seine erste Ehe hat zwei Jahre gehalten. Das hätte mir zu denken geben sollen. Er ist einfach nicht beziehungsfähig. Gleich nach der Geburt unseres Sohnes interessierte er sich nur mehr für seine Karriere. Er hatte einen guten Job bei der Wiener Elementar. Ich bin Lehrerin. Zusammen hatten wir ein schönes Einkommen. Aber das war ihm zu wenig. Er schmiss den Job hin und engagierte sich bei den Blauen. Die hatten ihm Flausen in den Kopf gesetzt, was er nicht alles erreichen könnte. Johann arbeitete dann als persönlicher Sekretär eines blauen Staatssekretärs, der ihn als Nachfolger aufbauen wollte. Er sah sich schon als Abgeordneter zum Nationalrat oder gar als Minister. Aber nachdem die schwarz-blaue Koalition abgewählt war, platzten einige seiner Träume. Eigentlich hat er jetzt bei der ASFINAG auch einen tollen Job, aber für ihn ist das ein Abstieg. Und die ganze Zeit über hatte er für uns, seine Familie, nichts über. Wir waren ihm ein Klotz am Bein. Mir warf er vor, ihn bei seiner Karriere nicht so zu unterstützen, wie es sich für eine anständige Ehefrau gehört. Bäh, das war zum Speien. Ich bin froh, dass ich diesen kaltherzigen Kotzbrocken los bin.“ Marlies Schreudl schüttelte sich angewidert. „Aber das wird Sie herzlich wenig interessieren. Warum wollten Sie meinen Mann sprechen?“
„Wir brauchen Informationen aus der Zeit, als er bei der Wiener Elementar beschäftigt war“, sagte Marc.
„Da kann ich Ihnen leider nicht helfen.“
Sandra bat Frau Schreudl um die genaue Adresse und Telefonnummer ihres Mannes und schrieb die Angaben in ihren Notizblock. Dann standen die beiden Ermittler auf und bedankten sich. Sie gingen Richtung Wohnungstür, als Marc sich umdrehte.
„Ach, Frau Schreudl, hatte Ihr Mann schon einmal Probleme mit der Schilddrüse?“
„Mit der Schilddrüse?“, wiederholte Frau Schreudl und lachte. „Nein, der ist gesund wie eine Kirsche. Außer ab und zu einer Verkühlung oder einem Hautausschlag hat er keine gesundheitlichen Probleme. Ich glaube, der war in den zwölf Jahren unserer Ehe nicht ein einziges Mal im Krankenstand. Warum fragen Sie?“
„Das ist nicht so wichtig. Es hat mit der Sache von damals zu tun. Jedenfalls bedanke ich mich nochmals, dass Sie sich Zeit genommen haben. Auf Wiedersehen.“
Sandra verabschiedete sich ebenfalls, dann machten sich die beiden Ermittler auf den Weg zu ihrem Auto.
Wien, Samstag, 24. April 2010, 12.30 Uhr
Marc hatte das Auto vor dem Mietshaus in der Donhartgasse, Ecke Hütteldorfer Straße geparkt. Sandra saß am Beifahrersitz und hatte ihren Laptop auf den Knien. Sie studierte die Updates, die Johannes Schmied eben gesendet hatte. Marc telefonierte mit Martin Schilling.
„Die Fahndung nach dem Jaguar von Klein ist bisher erfolglos verlaufen“, sagte Martin. „Ich bin frustriert. Wir haben sämtliche Videoaufnahmen entlang der Westautobahn kontrolliert, aber keine Spur vom Jaguar entdeckt. Der einzige gesicherte Anhaltspunkt ist die Raststation bei Linz, von wo aus Klein telefoniert hat. Wie er dorthin gekommen und wohin er danach gefahren ist, konnten wir noch nicht eruieren.“
„Vielleicht ist der Doktor gar nicht mit dem Jaguar unterwegs.“
„Das vermute ich auch. Wir durchsuchen jetzt nochmals die Videoaufnahmen an der Raststation. Dabei sehen wir uns alle Fahrzeuge an, die zwei Stunden vor und zwei Stunden nach dem Telefonat die Kameras passiert haben. Besonderes Augenmerk legen wir auf alle Kastenwagen. Aber die Suche ist mühsam. Die Aufnahmen haben keine hohe Auflösung und in den wenigsten Fällen ist das Kennzeichen lesbar.“
„Wenn Firmenaufschriften auf den Fahrzeugen erkennbar sind, überprüft diese sofort“, sagte Marc. „Vielleicht ist er mit jemandem mitgefahren.“
„Möglich, aber wo ist der verdammte Jaguar? Wir werden jedenfalls nochmals alle Bekannten und Verwandten des Doktors überprüfen. Und was macht ihr?“
„Sandra und ich befragen damalige Seminarteilnehmer. Na ja, je länger ich darüber nachdenke, desto weniger Erfolgschancen sehe ich. Aber solange wir keine besseren Spuren haben, ziehen wir es einfach durch.“ Marc verabschiedete sich von Martin.
„Hast du mitgehört?“, fragte er Sandra.
„Ja, die haben also keine Spur“, antwortete sie.
„Und,
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