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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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lüstern auf Candy.
    »Also, dann danke, Mr Butt«, sagte ich, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. »War nett, Sie wiederzusehen. Tut mir Leid, wenn es eine Verwirrung gegeben hat   … Sie verstehen   … mit dem Haus und so.«
    »Ah«, sagte er.
    »Bis zum Wochenende sind wir wahrscheinlich wieder weg.«
    »Ah.«
    Ich nickte ihm zu.
    Er nickte zurück.
    Ich wartete, dass er ging.
    Er stand eine Weile da und nickte vor sich hin, aber dann drehte er sich – mit einem letzten Nicken in Candys Richtung – um und stapfte davon. Ich beobachtete ihn, bis ich sicher war, dass er nicht zurückkam, dann drehte ich mich zu Candy um. Sie stand noch immer mit verschränkten Armen da, doch sie wirkte jetzt nicht mehr so schüchtern. Sie sah nur aus, als würde sie sich zu Tode frieren.
    »Ich glaub, er steht auf dich«, sagte ich zu ihr.
    Der winzige Hauch eines Lächelns erwärmte für einen Augenblick |342| ihr Gesicht, doch dann taten Kälte und Schmerzen wieder ihre Wirkung und sie wölbte ihre Schultern vor, rieb sich die Arme und schlurfte zurück ins Haus.
    Ich stand eine Zeit lang da, starrte ihr hinterher und stellte mir ihr Gesicht vor.
Es war noch kein richtiges Lächeln
, sagte ich mir,
von Lächeln kann fast nicht die Rede sein – aber irgendwas war da. Du hast es dir nicht eingebildet. Es war da. Es war da   …
    Es war
da.
     
    Montagnachmittag: Es ging ihr immer noch ziemlich schlecht, die meiste Zeit lag sie im Bett, aber im Lauf des Tages merkte ich allmählich, dass sie stabiler wirkte in ihrem Kranksein. Auf jeden Fall weinte sie nicht mehr so viel. Ab und zu kam noch ein Schluchzer und einmal brach sie zusammen und hatte einen solchen Weinkrampf, dass ich fast den Krankenwagen gerufen hätte, aber davon abgesehen war sie die meiste Zeit verhältnismäßig ruhig – lag im Bett, halb schlafend, halb fernsehend   … verschwitzt, frierend, mit Schmerzen. Ganz langsam fing sie auch an, etwas mehr zu sprechen. Sie sagte noch immer nicht viel, aber wenn sie wach war und ich hereinkam, um nach ihr zu sehen, bekam sie meist ein paar Worte heraus.
    Danke   …
    Ja, bitte   …
    Wie spät ist es?
    Für sich genommen bedeutete das nicht viel, doch es bewirkte, dass ich mich ziemlich gut fühlte. Um ehrlich zu sein, fühlte ich mich fantastisch. Ich wusste, dass ich mich nicht zu sehr hineinsteigern durfte, denn ich ging davon aus, dass wir noch eine lange Strecke vor uns hatten, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass |343| das Schlimmste vorbei sei. Das Einzige, was wir jetzt nötig hatten, war ein kühler Kopf für die nächsten Tage. Nur noch ein paar Tage   …
    Und dann   …
    Und dann
was
?,
fragte ich mich.
Was machst du, wenn das alles vorbei ist? Was passiert dann mit Candy? Wohin geht sie? Und wohin gehst du? Zurück in dein altes Leben? Zurück nach Heystone? Zurück in die Schule? Zurück in dein Zimmer, wo du dann wieder auf dem Boden liegst und die Deckenplatten anstarrst?
    Ich wollte mir das nicht vorstellen können. Aber ich konnte es – ich konnte mir vorstellen, irgendwo anders zu sein als hier und von dort zurückzublicken auf jetzt, an
hier
zurückzudenken als einen Ort, der woanders war   …
    Und ich hatte plötzlich den Wunsch zu weinen.
     
    Vier Uhr: Ich saß vor dem Feuer und brannte müßig Streichhölzer ab, als ich Candys Stimme an der Tür zum Schlafzimmer hörte.
    »Da bist du«, sagte sie. »Ich dachte, du hättest mich sitzen gelassen.«
    Als ich mich umdrehte und sie ansah, musste ich einfach lachen. Sie hatte sich einen meiner Pullover ausgeborgt – ein vergammeltes altes Ding mit extra langen Ärmeln – und trug ihn über dem Nachthemd, dazu ein paar Socken, die ihr mindestens vier Nummern zu groß sein mussten.
    »Was ist?«, sagte sie und sah mich an. »Was ist los?«
    »Nichts   … ich hab nur gerade dein Outfit bewundert, das ist alles. Sehr schön.«
    »Findest du?« Sie schlenkerte mit den Ärmeln des Pullovers und schaute auf ihre Füße. Als sie das Bein anhob, knickte die |344| Spitze des Sockens nach unten. Candy wackelte kurz mit den Zehen, setzte dann den Fuß wieder auf und lächelte mich an. »Das war anstrengend«, sagte sie.
    Ich wollte aufstehen, aber sie winkte mir, sitzen zu bleiben, kam herüber und setzte sich neben mich vors Feuer. Ihre Haut war noch immer blass und sie sah wirklich hager aus, aber unter der Oberfläche konnte ich auch Gutes entdecken – das Leuchten in ihren Augen, die Art, wie sie sich bewegte, ein Zeichen von Leben

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