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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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es so wehtun?
     
    Und dann klingelte das Telefon.
    Und ich war kurz davor, die wahre Bedeutung von
Wehtun
zu begreifen.
     
    Ich wollte glauben, dass Gina mich anrief, aber schon als ich das Handy aus der Tasche zog, wusste ich irgendwie, dass sie es nicht war. Da war irgendwas im Ton des Klingelzeichens   … etwas Kaltes und Leeres   …
    Ich sah auf das Display.
    17:27
, las ich,
ANRUFER UNBEKANNT
.
    |349| Das Handy klingelte weiter.
    Ich schaute nach dem Empfang.
    Das Zeichen zeigte, dass alles in Ordnung war.
    Das Handy klingelte weiter, kalt und leer, und verlangte eine Antwort.
    Lass es einfach klingeln
, sagte ich mir.
Wahrscheinlich ist es nur Werbung oder jemand hat sich verwählt oder so was. Ignorier es. Lass es klingeln. Schalt das Handy ab.
    Aber ich wusste, ich konnte es nicht.
    Meine Hand fühlte sich bleiern an, als ich das Handy aufklappte – bleiern und langsam und unvertraut. Als wäre ich unter Wasser. Ich beruhigte meinen Arm und hob das Gerät ans Ohr.
    »Hallo?«
    Das Handy blieb einen Moment stumm – nicht tot, sondern hohl und still. Ich konnte hören, dass jemand dran war   … ich hörte ihn atmen. Und ich
wusste
– sofort   –, ich wusste, was ich die ganze Zeit schon gewusst hatte. Ich wusste, wer dran war. Ich hatte das Schweigen schon früher gehört – auf dem Anrufbeantworter zu Hause, in Candys Zimmer   …
    Es war das Schweigen der anderen Welt.
    Iggy.
    »Lachst du immer noch, Junge?«, sagte er.
    Ich starrte mich in der Fensterscheibe an – ein in sich zusammenfallendes Gesicht in der Leere der Dunkelheit. Ich öffnete den Mund, doch es kam nichts raus.
    »Noch dran?«, sagte Iggy.
    »Ja«, murmelte ich, »ich bin dran.«
    »Gut«, sagte er schniefend. »Was machst du?«
    »Wie bitte?«
    |350| »Hör auf mit dem Scheiß. Hab dich gefragt, was du machst.«
    »Ich mach   … ich   … ich mach nichts   …«
    »So?«
    »Ich   …«
    »Hast du die Nutte?«
    »Was?«
    »Bist du taub?«
    »Nein   … ich   … ich mein nur, ich versteh nicht, was du willst   …«
    Er lachte. »Du weißt nicht, was ich will? Scheiße – du hast mich aufs Kreuz gelegt, Mann. Du hast mich verhöhnt und lächerlich gemacht. Du hast mich abgezockt. Was glaubst du wohl, was ich will?«
    Ich antwortete nicht.
    »Na los, Joey, denk nach. Mach mal einen klugen Vorschlag.«
    Ich blieb stumm.
    Er atmete sein Schweigen.
    Ich versuchte mein Herz zu beruhigen.
    »Ach, Scheiße«, sagte er schließlich, »ich hab keine Zeit für so’n Zeug. Hör zu – hörst du?«
    »Ja.«
    »Okay, dann frag ich dich noch mal: Hast du die Nutte?«
    »Du meinst Candy?«
    »Ja, ich mein
Candy
… Hast du sie? Ja oder nein?«
    »Ich weiß, wo sie ist.«
    »Das hoff ich für dich.«
    »Ich werde aber nicht   –«
    »Du wirst
gar nichts
– das Einzige, was du tun wirst, ist mir die Nutte überlassen, verschwinden und damit fertig. Kein Gezicke, |351| keine Fragen. Kein Geld.«
    »Was meinst du damit?«
    »Was glaubst du denn, was ich meine? Du hast was genommen, was mir gehört – ich will’s zurück. Und ich krieg’s auch zurück.«
    »Ich denke nicht, dass sie   –«
    »Denk nicht – hör einfach zu. Ich red mit dir. Nicht mit ihr. Sie ist nichts. Hast du gehört? Ich red mit
dir
. Du gibst mir die Nutte und verschwindest.«
    »Was ist, wenn ich Nein sage?«, hörte ich mich fragen.
    »Du wirst nicht Nein sagen.«
    »Wieso?«
    »Wieso?« Er lachte. »Willst du wissen, wieso? Darum   …« Einen Moment wurde es still in der Leitung. Ich hörte Gemurmel im Hintergrund, dann so etwas wie eine Bewegung, ein schlurfendes Geräusch, als ob etwas über den Boden gezogen würde   … und schließlich drang eine schluchzende Stimme aus dem Telefon und mein Herz erstarrte.
    »Joe   … Joe   … bist du’s?«
    »Gina«
, hauchte ich.
    Ihre Stimme weinte durchs Telefon: »Joe   … Gott sei Dank   … er hat mich   … der Scheißkerl hat mich geschnappt und
mmmmpf
–«
    »Gina!«, schrie ich. »Bist du in Ordnung? Wo steckst du? Hat er dich verletzt? Gina   … Gina?   …
GINA!
«
    Aber sie war schon nicht mehr dran. Ich hörte, wie sie weggezogen wurde, wie ihre geknebelte Stimme im Hintergrund verblasste, das Telefon weitergereicht wurde   … und dann war Iggys Stimme wieder in der Leitung.
    »Hübsches Mädchen«, sagte er. »Sehr hübsch.«
    »Du bist tot«, zischte ich. »Du bist ein toter Mann.«
    |352| Und ich meinte es so. Wenn er neben mir gestanden hätte, hätte ich ihn umgebracht, ohne

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