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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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geschäftsmäßig ist für mich nicht viel drin.« Er schniefte wieder. »Also, wie gesagt, du lässt mir die Nutte und verschwindest oder du verabschiedest dich von deiner Schwester, für immer. Und das ist es – das ist der Deal. Kein Rumgetrickse, keine weiteren Bedingungen.« Er schniefte wieder. »Noch irgendwelche Fragen jetzt?«
    »Woher weiß ich, dass ich dir trauen kann?«
    »Gar nicht. Sonst noch was?«
    Ich schaute hinüber zu Candy. Sie zitterte. Starrte mich an. Ihr Blick angefüllt mit nichts. Ich wandte mich wieder dem Telefon zu.
    »Ruf mich in zehn Minuten an«, sagte ich ruhig.
    »Was?«
    »Ich brauch Zeit zum Nachdenken.«
    »Verflucht   … meinst du das
ernst

    »Gib mir nur zehn Minuten – bitte. Das verändert doch nichts. Zehn Minuten, das ist alles.«
    »Du hast fünf«, sagte er wütend, »fünf Minuten. Und wenn ich zurückruf, will ich ’ne Antwort – du willst deine Schwester, dann erfahr ich, wo die Nutte ist. Ich will die Adresse. Ich frag dich ein Mal, nicht öfter. Eine Frage – eine Antwort. Irgendwas anderes und deine Schwester gehört mir.«
     
    Als er aufgelegt hatte, konnte ich mich eine Minute lang nicht rühren. Ich
wollte
mich nicht rühren. Das Einzige, was ich wollte, |356| war irgendwo anders sein – an einem Ort, wo das alles nicht geschah. Ich wollte der
andere
Joe Beck sein – der Joe Beck, der nie eine Beule an seinem Handgelenk gehabt hatte, nie zum Arzt gegangen war, sich nie am Bahnhof King’s Cross verlaufen hatte   …
    Der Joe Beck, der Candy niemals getroffen hatte.
    Ich wollte dort sein, wo
er
war.
     
    »Er hat Gina, nicht wahr?«, sagte Candy nach einer Weile.
    Ich sah sie an. Sie hatte sich nicht gerührt. Sie stand noch immer mitten im Zimmer und starrte mich an. Zitterte noch immer.
    »Ja«, sagte ich.
    Sie erwiderte nichts, sondern starrte mich nur weiter an. Es war nichts übrig in ihren Augen. Keine Fragen, kein Schock   … nicht einmal Angst. Nur völlige Resignation.
    Ich durchquerte das Zimmer und zog sie an mich. Sie reagierte nicht, hing bloß schlaff und leblos in meinen Armen.
    »Komm«, sagte ich und führte sie hinüber zum Sofa.
    Sie setzte sich in die Ecke und starrte zu Boden. »Gott, es tut mir so Leid«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Arme Gina   … hätte ich doch nur nicht   –«
    »Niemand ist schuld außer Iggy«, erklärte ich ihr. »Es ist nicht dein Fehler.«
    Sie starrte weiter zu Boden und sprach, als hätte sie mich gar nicht gehört. »Ich wusste es – ich
wusste
, er würde etwas in dieser Art tun. Ich hätte dich nicht   –«
    »Hör mir zu«, sagte ich bestimmt. »Wir haben keine Zeit dafür. Iggy wird jeden Moment zurückrufen. Wir müssen überlegen, was wir tun.«
    Sie sah mich an. »Wir
können
nur eins tun – er will mich, |357| stimmt’s?«
    »Ja, aber   –«
    »Und er hat Gina.«
    Ich nickte.
    Sie berührte meine Hand. »Du weißt, was er mit ihr tut, wenn er mich nicht bekommt?«
    Ich nickte wieder und versuchte, nicht drüber nachzudenken.
    »Ich hab’s mitgemacht, Joe«, sagte sie. »Ich weiß, wie es ist – ich kann damit leben. Gina nicht.«
    »Er wird dich umbringen.«
    »Nein, wird er nicht – er ist nicht dumm. Er wird mich vielleicht ein bisschen zusammenschlagen, aber solange ich Geld wert bin für ihn, bringt er mich nicht um.«
    »Du gehst nicht zu ihm zurück«, sagte ich. »Du darfst nicht   … es muss einen andern Weg geben. Es muss noch was anderes geben, was wir tun können   …«
    »Er wird merken, wenn wir ihm eine Falle stellen, Joe. Er merkt es immer. Deshalb lebt er noch. Man spielt nicht mit Iggy und kommt als Sieger heraus – glaub’s mir. Man tut, was er sagt   … oder man verliert.«
    Ich wusste, dass sie Recht hatte, aber ich konnte nicht akzeptieren, was es bedeutete. Ich konnte sie nicht zu ihm zurückgehen lassen   … ich würde mir das nie verzeihen. Doch wenn ich sie
nicht
gehen ließ   … und Iggy Gina nähme   …
    Nein, das war undenkbar. Unmöglich. Die Welt konnte das einfach nicht zulassen. Nicht Gina   … nie im Leben.
    Nie, nie, nie.
    Nie.
    Ich sah wieder Candy an und sah ein Nichts. Sie war ein Geist. |358| Ich war ein Geist. Das einzig Existente zwischen uns war das Handy in meiner Hand.
    Ich schaute drauf.
    Es klingelte.
    Ich klappte es auf und hob es ans Ohr.
    Schweigen.
    Dann: »Wo ist sie?«
    »Woodland Cottage«, sagte ich.
    »Wo zum Teufel ist das?«
    Ich sagte es ihm.
     
    Er wollte keine Wegbeschreibungen, schrieb nur

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