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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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mich hin und schaute mich um, auf der Suche nach Gina und Mike. Gina hatte gesagt, sie würden vielleicht vorher noch was trinken gehen, und das hier war der nächstgelegene Pub   … aber ich konnte sie nirgends sehen. Es gab auch kein Anzeichen von Candy. Nicht dass ich erwartet hatte, sie zu sehen. Andererseits wusste ich überhaupt nicht recht, was ich erwarten sollte.
    »Bist du fit?«, sagte Jason zu mir.
    Ich sah ihn an. Sein Gesicht war sterbensbleich und übersät mit blassrosa Flecken. Seine Augen schossen hin und her.
    »Mit dir alles in Ordnung?«, fragte ich ihn.
    |139| »Ja   … ich bin okay«, sagte er undeutlich. »Und du? Bist du bereit   … Joe?«
    »Glaub schon.«
    »Du glaubst?«
    »Ja.«
    Er lachte und trank einen kräftigen Zug, dann starrte er mich wirr an. So wie er jetzt war, konnte ich mit ihm nichts anfangen, also sah ich weg und schaute hinüber zu einer Gruppe von Schwarzen, die neben Ronny an der Bar standen. Es waren ungefähr sechs von ihnen und sie betrachteten Ronny mit abschätzigen Blicken. Er schien sich ihrer gar nicht bewusst zu sein. Entweder das oder er war gut im Verbergen. Während ich sie beobachtete, drehte sich einer von ihnen um und sah mich an. Einen Moment hielt ich seinem Blick stand, dann schaute ich schnell zu Boden. Auch wenn ich nicht ganz auf der Höhe sein mochte, ich war doch nüchtern genug, um diese Augen wiederzuerkennen. Es waren dieselben Augen, die ich damals bei McDonald’s gesehen hatte, als mir mein ganzes Geld runtergefallen war – der eiskalte Blick, der mich ins Schwitzen gebracht hatte. Da war ich mir sicher. Die starren Augen, die rasierten Köpfe, die Skullcaps   … es waren dieselben Typen, mit denen Candy gesprochen hatte, als sie mir die Pfundmünze zurückholte, die bei ihnen unter dem Tisch gelandet war.
    Was bedeutete
das
denn?
    Ich dachte noch immer darüber nach, als Ronny wiederkam und sich neben mich setzte. »Also dann«, sagte er und stellte ein Glas auf den Tisch. Er sah Jason an. »Entschuldigung, Jase, wolltest du auch   –«
    »Wir gehen lieber«, sagte Jason und trank sein Glas leer. |140| »Komm schon, sauf aus.«
    Ich sah das Glas vor mir an – ein großes Bierglas mit einer klaren Flüssigkeit drin. Dann hob ich es an und schnupperte.
    »Was ist das?«, fragte ich Ronny.
    »Trink’s einfach«, fuhr Jason mich an und kam schwankend auf die Füße. »Also los, lasst uns zurückgehen und die Sache durchziehen.«
    Auch Chris und Ronny standen auf. Nun schauten alle drei auf mich herab und warteten, dass ich austrank.
    »Kommst du oder was ist?«, sagte Jason.
    Ich hob das Glas zum Mund und trank es in einem Zug leer. Das Brennen des Alkohols schnürte mir fast die Luft ab. Was immer es war, es war auf jeden Fall viel davon und ich spürte schon, wie die betäubende Hitze in meine Adern sickerte.
    »Verdammt«, grummelte Jason, als er einen Blick auf seine Armbanduhr warf. »Jetzt
mach
… wir müssen
los

    »Geht schon mal«, keuchte ich. »Ich muss noch aufs Klo – ich komm gleich nach.«
     
    Ich musste nicht wirklich aufs Klo, ich brauchte nur Zeit, um eine Weile allein zu sein. Wir waren, seit wir Heystone verlassen hatten, nur rumgeschwirrt, hatten getrunken und debattiert, das wurde mir alles ein bisschen viel. Um ehrlich zu sein, ich war es nicht gewohnt. Jedenfalls nicht alles auf einmal. Den komischen Drink hatte ich vorher schon mal getrunken und es war auch nicht so, dass mir das Adrenalin oder die Spannungen neu waren. Aber die Nonstop-Verbindung von allen dreien, die Kälte und die Hitze, der Lärm und die angespannten Nerven, der Schock, als ich die Typen an der Bar wiedererkannte, und zu all dem der stets gegenwärtige |141| Griff, mit dem Candy mein Herz gefangen hielt   …
    Es war einfach alles zu viel.
    Ich stolperte zu den Toiletten und übergab mich in ein Waschbecken. Hustend, würgend, prustend   … mein Magen drehte sich um   …
    »Mannomann«, murmelte ein Mann am Händetrockner.
    »Tut mir Leid«, sagte ich mit dem Kopf immer noch im Waschbecken.
    Er schüttelte den Kopf vor Abscheu und ging hinaus.
    Ich trat in eine Kabine und schloss die Tür ab.
    Einatmen
, sagte ich mir.
Setz dich hin. Atme tief durch. Entspann dich.
    Ich schaute mich in der Kabine um. Die Wände waren mit Graffiti beschmiert – dämliche Schmuddelzeichnungen, bescheuerte obszöne Wörter, Telefonnummern, zotige Botschaften, Drohungen, Sprüche, abstoßende kleine Gucklöcher, zugestopft mit zusammengeknüllten

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