Candy
Entscheidung zu verkünden.
»Nach sorgfältiger Abwägung der Umstände«, hatte er mir mit ernster Stimme erklärt, »habe ich mich entschlossen, dich an dem Konzert teilnehmen zu lassen.«
Danke, Dad, wirklich super, dass ich hier sein kann
, dachte ich insgeheim, sah mich wieder in dem Raum um und musste lachen.
Jason unterbrach seine Schimpfkanonaden und starrte mich an: »Was ist los mit dir?«
»Nichts«, sagte ich immer noch lachend.
»Na los, sag schon – was ist so lustig?«
»Das hier … wir … alles …« Ich fuchtelte mit der Hand im Backstageraum herum. »Das große Ding – wir haben es endlich geschafft …«
Ronny fing an mitzukichern, aber Jason und Chris kapierten es nicht oder
wollten
es nicht kapieren. Sie standen nur da und starrten |136| mich an. Jason leckte sich immer wieder die Lippen und züngelte wie eine Eidechse. Seine Augen wölbten sich so weit vor, dass ich dachte, sie würden jeden Moment rausfallen. Er wirkte lächerlich. Ich konnte nicht aufhören zu lachen. Nach einer Weile ließ mich Jason in Ruhe und wandte seine Aufmerksamkeit Ronny zu. Ronny lachte noch eine Weile weiter, aber unter Jasons Blick hielt er nicht stand, nach kurzer Zeit wich sein Lachen einem verlegenen Gemurmel und er senkte den Blick auf den Boden.
»Idiot«, grummelte Jason und drehte ihm den Rücken zu. »Gott, dieser Laden ist das letzte Kackloch. Wie spät ist es?«
»Halb neun.«
»Noch eine halbe Stunde«, sagte Jason und schüttelte den Kopf. »Verdammt, ich brauch was Gescheites zu trinken.«
»Die Bar hat auf«, schlug Chris vor.
Jason putzte sich die Nase. »Nein – lass uns hier rausgehen. Gegenüber ist ein Pub. Wir können uns genauso gut voll laufen lassen – der Auftritt wird sowieso scheiße. Los, kommt …«
Er schnappte sich seine Jacke und verschwand schnellen Schrittes. Chris folgte ihm im Schlepptau und ließ mich und Ronny im Backstageraum zurück. Ich kannte Ronny nicht so gut. Er war immer ziemlich still, in sich zurückgezogen und wirkte ganz zufrieden, im Hintergrund bleiben zu können. Ich mochte ihn gerade deshalb, aber wir hatten noch nie den Dreh gefunden, groß miteinander zu reden.
»Alles in Ordnung?«, fragte ich ihn.
»Ja …«
»Lass dich von Jason nicht anmachen«, sagte ich.
Ronny zuckte die Schultern. »Jase ist in Ordnung, echt. Er meint das nicht so. Der regt sich bloß schnell über was auf.«
|137| »Er sollte vom Speed runterkommen«, sagte ich. »Das Zeug tut ihm nicht gut.«
»Alles andere auch nicht.«
Ich lachte. »Wenn er weiter so züngelt, knallt ihn noch jemand ab und verarbeitet ihn zu Schuhen.«
Ronny grinste vor sich hin.
Wir saßen eine Weile da, sprachen nicht, schauten nur rum auf die schmutzigen Wände, die stockfleckige Decke, die leeren Bierdosen, die auf dem Boden lagen … und ich dachte für mich:
Wenn das der Backstageraum ist, überleg mal, wie dann erst die Toiletten aussehen müssen.
Da musste ich gleich wieder lachen.
Ronny sah mich an.
Ich schüttelte den Kopf.
Er sagte: »Willst du noch in den Pub?«
»Von mir aus.«
Und wir brachen auf.
Es war nur kurz über die Straße, aber der plötzliche Schock der kalten Nachtluft reichte aus, dass sich in meinem Kopf alles drehte. Der Sauerstoffschub, die Wirkung des Biers, die Nerven, das Adrenalin, die Aussicht, Candy wiederzusehen … alles kam plötzlich zusammen und in meinem Kopf machte sich eine schmerzhafte und schwindelerregende Übelkeit breit, die mir das Blut aus den Beinen zog.
Drinnen im Pub war die Luft heiß, schweißgetränkt und verqualmt. Während ich Ronny durch die Bar folgte, auf der Suche nach Jason und Chris, hatte ich das Gefühl, ich müsste mich übergeben.
|138| Ronny blickte über die Schulter und rief mir irgendwas zu. »Was?«, rief ich zurück.
Er nickte in Richtung Jukebox und sagte irgendwas.
»Was?«, schrie ich.
»Vergiss es.«
»ICH KANN DICH NICHT VERSTEHEN!«
»VERGISS ES!«
Wir fanden Jason und Chris an einem Tisch in der Ecke. Chris trank nur Cola, aber Jason hatte etwas vor sich stehen, das nach einem dreifachen Wodka aussah. Und nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, war es nicht sein erster. Und auch nicht sein zweiter.
Ronny kroch mir ins Ohr und sagte: »Wir haben nur noch eine Viertelstunde – soll ich dir zwei oder drei holen?«
»Zwei oder drei was?«
»Egal …« Er schlug mir auf die Schulter. »Mach dir keine Sorgen – ich hol dir was.«
Er ging an die Bar.
Ich setzte
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