Candy
Klopapierknäueln …
Draußen schwang die Tür auf, ließ ein gedämpftes Wummern der Jukebox herein und dann hörte ich Schritte auf dem Boden. Die Tür schlug zu, die Schritte hörten auf und ich bekam Stimmen mit – schwarz und hart.
»… hat er nich gesagt. Geht einfach hin und wartet ab, hat er gesagt. … und dass wir ihn anrufen solln, wenn wir sie sehen.«
»Wieso?«
»Weiß nich … macht irgendwie rum, fängt an, sich zu verknallen …«
Füße schlurften, Reißverschlüsse wurden aufgezogen und ich hörte geräuschvolles Pinkeln und übertriebenes Ächzen.
Einer von ihnen furzte.
|142| Der andere sagte: »Wenn du mich fragst, versucht sie ihn zu linken und woanders anzudocken.«
»Ja?«
»Jungs hier in der Gegend, verstehst du? Die Westway …«
»Die werden sie nich mehr wollen, wenn er’s rausfindet. Wenn der das rausfindet, ist sie keinen Penny mehr wert.«
Dann ging die Tür wieder auf und zwei andere Leute kamen rein – männliche Stimmen, laut redend, lachend und fluchend, johlend und schreiend – und ich konnte nicht mehr verstehen, was die schwarzen Typen sagten. Ich lauschte weiter, für alle Fälle, aber das Einzige, was ich hörte, war ein widerhallendes Stimmengewirr, Rufe, gurgelnde Rohre und das ständige Brausen des Händetrockners. Soweit ich es beurteilen konnte, waren die schwarzen Typen schon gar nicht mehr da.
Und außerdem
, sagte ich mir,
wovon sie auch immer gesprochen haben, es ist nicht wahrscheinlich, dass es mit dir was zu tun hat, stimmt’s? Nur weil du sie schon mal gesehen hast und sie nach einem Mädchen suchen … ich meine, verdammt noch mal … Candy ist nicht das einzige Mädchen auf der Welt, oder? Was ist denn los mit dir?
Ich blieb noch eine Weile sitzen und dachte nach, versuchte vernünftig zu denken, logisch, nüchtern … und am Ende entschied ich, ich hatte Recht – ich war drauf und dran, paranoid zu werden.
Candy
war
nicht das einzige Mädchen auf der Welt …
Und ich nicht der einzige Junge.
Ich fühlte mich nur so.
Wieder zurück im Backstageraum, blieb gerade noch Zeit genug, mir den Bass umzuhängen und schnell mit Jason und Chris unsere |143| Instrumente zu stimmen, dann waren wir dran. Es gab keinen Vorhang oder irgendwas, keinen dramatischen Auftritt – wir gingen einfach auf die Bühne und stöpselten unsere Gitarren ein. Die Hauptbeleuchtung war noch an, der DJ spielte noch Platten und die Tanzfläche war leer. Ein paar gelangweilte Gesichter saßen an Tischen, redeten und tranken und hinten erkannte ich ein paar Jugendliche, die die weite Reise von Heystone gemacht hatten, um uns zu sehen, aber das war es auch schon so etwa. Ich hoffte, dass noch jede Menge Leute in der Bar hockten und dass sie, sobald wir anfingen zu spielen, alle rübergelaufen kämen.
Doch alles in allem sah es nicht viel versprechend aus.
Ich war trotzdem ziemlich aufgeregt. Einstecken, die E-Saite anschlagen, den Lautstärkeregler ein paar Stufen hochdrehen, mich nach dem Rest der Gruppe umdrehen. Ronny schlug auf seine Snare, verstellte den Hocker, ließ die Bass Drum stampfen –
domp domp domp
. Chris drückte sich durch die Schalter und checkte die Effekte –
tschonk, tssss, öörr-dänggg
–, dann legte er richtig los und hackte ein paar wuchtige laute Töne raus. Und Jason … Jason sah überraschend gut aus. Erschöpft, unheimlich und irgendwie Angst einflößend, aber gut. Er hatte sein Hemd ausgezogen, sich die Haare angeklatscht, schlich, die Gitarre sorglos um den Rücken geschlungen und seine Augen auf den Boden fixiert, über die Bühne und murmelte vor sich hin wie ein Geisteskranker.
Ich schaute zu Chris und Ronny und wusste, sie empfanden das Gleiche wie ich – dass etwas geschehen würde. Keiner von uns wusste, was, aber wir wussten, es war da. Wir spürten es alle um uns herum – die elektrische Ladung in der Luft, die Kraft, den Funken … den Nervenkitzel einer tickenden Bombe.
Und jeden Moment würde sie hochgehen.
|144| Der DJ blendete die Platte aus, die Beleuchtung ging aus und die Bühne versank im Dunkel. Einen kurzen Moment war der Raum still und schwarz.
Dann sagte der DJ: »Ladies and gentlemen –
The Katies
.«
Und im selben Moment stand die Bühne in grellem Licht, das Schlagzeug begann mit einem krachenden Beat und dann stiegen wir mit einem fetten, ohrenbetäubenden Sound von Gitarre und Bass ein.
Gott, war das gut.
Es war unglaublich
.
Ich weiß nicht, wieso und
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