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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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noch viel schlimmer werden würde.
    »Also«, sagte er zu mir. »Alles klar wegen morgen?«
    »Was ist morgen?«
    »Mittwoch«, spottete er. »Der Tag, an dem wir proben – erinnerst du dich?«
    »Oh, stimmt   … ja   … hm, die Sache ist   …«
    »Wie?«
    »Ich hab Hausarrest.«
    »Du hast
was

    »Ich darf nicht raus.«
    Seine Augen füllten sich mit Hohn. »Du darfst nicht
raus

    »Ist nur für eine Woche.«
    »Wir müssen
üben
. Wir müssen uns auf das Demo vorbereiten.«
    »Ja, ich weiß   … tut mir Leid, aber   –«
    »Verdammt!«, fluchte er. »Ich
glaub
es nicht. Wir versuchen hier einen Vertrag zu kriegen, wir sind
so
dicht davor. Wir
müssen
üben – und du
darfst nicht raus
? Was glaubst du, was das hier ist? Ein Spiel? Glaubst du, wir sind hier im Kindergarten?«
    Ich war drauf und dran, Ja zu sagen, einfach zum Spaß, nur um zu sehen, wie er reagieren würde. Aber es tangierte mich nicht. Um ehrlich zu sein, nichts kümmerte mich weniger. Ja, es |176| war peinlich – Hausarrest zu haben, behandelt zu werden wie ein Kind. Ja, ich fühlte mich klein und armselig. Und ja, Jason hatte wahrscheinlich Recht, wütend zu sein.
    Aber was soll’s?
    Was kümmerte es mich?
    Zur Hölle mit ihm.
    Ich stand auf und ging.
     
    Mittwoch: Ich hätte begeistert sein sollen über das Interesse der Plattenfirma, ich
wollte
begeistert sein, aber ich fühlte gar nichts. Selbst wenn ich keinen Hausarrest gehabt und wenn Jason den Moment nicht zerstört hätte, indem er mich niedermachte und anbrüllte, bin ich nicht sicher, ob ich irgendetwas empfunden hätte.
    Das Einzige, was ich empfand, war Candy.
    Ihre Abwesenheit, ihr Geheimnis, ihre Augen, ihr Lachen   … Gott, ich vermisste sie so. Sie füllte meine Tage mit Schmerzen und ich wusste nicht, wie viel mehr ich noch aushalten konnte.
    Ich versuchte, mit Gina drüber zu reden. Ich versuchte es wirklich. Aber es ist schwer, Gefühle zu erklären, vor allem wenn sie keinen Sinn ergeben, und das war das Problem – sie ergaben
überhaupt
keinen Sinn.
    Ich wusste das und Gina wusste es auch.
    Sie sagte: »Ich versteh, wie du dich fühlst, Joe. Ich versteh, wie es ist, jemanden zu vermissen   … Aber findest du nicht, dass du es ein bisschen übertreibst?«
    »Wie meinst du das?«
    »Na ja, du weißt schon   …«
    »Was?«
    |177| Sie sprach sanft. »Du hast sie doch nur zweimal getroffen.«
    »Zweieinhalb Mal«, berichtigte ich sie.
    »Okay – zweiein
halb
Mal. Das ist aber immer noch nicht oft, stimmt’s?«
    »Es reicht.«
    »Ach, Joe   … du kennst sie doch kaum.«
    »Ich kenn das Gefühl, das sie mir gibt – was muss ich noch kennen?«
    Gina sah mich lange an. Ich war mir nicht sicher, ob sie versuchte, eine Antwort zu finden, oder ob sie die Antwort wusste und nur zu entscheiden versuchte, ob sie sie mir geben sollte oder nicht. Irgendwie hoffte ich, dass es überhaupt keine Antwort gäbe.
    Vielleicht las sie meine Gedanken, denn nach einer Weile lächelte sie mich einfach an und nahm mich in den Arm. »Ich weiß nicht, Joe«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Solche Dinge – die passieren eben. Du kannst nicht viel daran ändern. Du kannst sie nur auf dich zukommen lassen. Vielleicht bekommst du nicht immer das, was du dir wünschst, aber so läuft es einfach manchmal.«
     
    Donnerstag: Jason rief mich am Abend an. Die Unterhaltung dauerte ungefähr dreißig Sekunden.
    »Joe?«
    »Ja?«
    »Hier ist Jason. Ich hab einen Anruf von
Dead House
gekriegt. Sie haben für uns am 8. und 9.   März in London ein Studio gebucht. Das ist die Woche nach der kommenden – Samstag und Sonntag.«
    »Gut   …«
    |178| »Wir haben den Probenraum für diesen Samstag gemietet und wir versuchen auch noch, ihn für ein paar Extra-Abende nächste Woche zu kriegen. Bist du dabei oder nicht?«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich muss wissen, ob du kommst, denn wenn nicht, müssen wir uns jemand andern suchen.«
    »Ja«, sagte ich. »Ich komm.«
    »Bist du sicher? Ich hab keine Lust mehr, verarscht zu werden   …«
    »Ich komm.«
    »Na hoffentlich – es ist deine letzte Chance.«
    Und das war’s.
    Ende der Unterhaltung.
     
    Später in meinem Zimmer saß ich bloß da und klimperte auf meiner Gitarre, in der Hoffnung, mich für ein, zwei Stunden selbst zu verlieren, als Mike plötzlich reinkam. Ich hatte ihn seit Freitagnacht nicht mehr gesehen. Sein Gesicht sah immer noch ein bisschen lädiert und geschwollen aus, aber davon abgesehen schien es

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