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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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ihm gut zu gehen. Er kam ans Bett und setzte sich neben mich.
    »Darf ich?«, fragte er. »Wie läuft’s?«
    »Na ja, du weißt ja   …« Ich zuckte die Schultern.
    »Gina hat gesagt, ihr macht eine Platte oder so was. Stimmt das?«
    »Nur ein Demotape.«
    »Nicht schlecht.«
    »Nein.«
    Er kratzte sich am Kopf und sah sich im Zimmer um. Es war irgendwie |179| merkwürdig, so dicht neben ihm zu sitzen. Merkwürdig   … aber okay. Er war groß und ich konnte sein Gewicht spüren, seine Kraft, seine Power. Es war ein gutes Gefühl. Irgendwie beruhigend. Der Geruch seines Atems und seiner Haut erinnerte mich an die Zeit, als ich Kind war und Dad oft abends neben mir in meinem Zimmer saß, ehe ich einschlief.
    »Ich hab mich mal umgehört«, sagte Mike leise, »wegen diesem Iggy.«
    »Richtig«, sagte ich und versuchte ruhig zu bleiben.
    »Ich hab ein paar Leute gefunden, die ihn kennen.«
    »Was für Leute?«
    Er schüttelte den Kopf. »Besser, du kennst sie nicht   … Leute eben. Die Art von Leuten, die Bescheid wissen.«
    »Wie hast du sie gefunden?«
    Er sah mich einen Moment an, dann sagte er: »Du weißt, dass ich früher die Londoner Clubs beackert hab – als DJ, auf Feten, solche Sachen?« Ich nickte. Er zuckte die Schultern. »Na ja, das ist ein zwielichtiges Geschäft   … Man trifft eine Menge zwielichtige Leute. Manche von ihnen sind zwielichtiger als andere – verstehst du, was ich meine?«
    »Ja, ich glaub schon.«
    »Musik, Clubs, Drogen, Gangs   …« Er kratzte sich den Kopf. »Es läuft eine Menge Scheiße da draußen. Geht immer nur um Geld. Miese Geschäfte, miese Typen   …«
    »Was ist mit Iggy?«
    Mike sah mich an. »Er heißt Ignatius   – Ignatius Ithacaia. Niemand scheint sehr viel über ihn zu wissen. Entweder das oder sie haben zu viel Angst zu reden. Er ist ein unangenehmer Typ. Sehr unangenehm. Und sehr ehrgeizig. Nach dem, was ich zusammengekratzt |180| hab, hat er als Kleindealer angefangen, dann im großen Stil mit Drogen weitergemacht und heute hat er so ziemlich in allem die Finger drin. Mädchen, Waffen, Schutzgelder   …« Er unterbrach sich und wischte sich mit der Hand über den Mund. »Das ist ein ganz Übler, Joe   … der mit jeder Minute noch übler wird. Er steigt schnell auf.«
    »Was ist mit Candy?«, fragte ich. »Hast du über sie was rausgekriegt?«
    Mike schüttelte den Kopf. »Iggy hat viele Unterkünfte   – Zimmer, Wohnungen, Häuser. Er hat eine Menge Mädchen laufen. Niemand weiß, wo er lebt. Er ist mal hier, mal da. Candy könnte überall sein.«
    Ich starrte hoffnungslos auf den Fußboden. Sie konnte überall sein. Sie war irgendwo   … und tat etwas   …
    »Ich versteh das nicht«, murmelte ich.
    Mike berührte meinen Arm. »Kommt vor.«
    »Das hat Gina auch gesagt, aber ich versteh es trotzdem nicht. Wieso ist sie bei Iggy gelandet? Wie konnte sie mit jemandem wie ihm was zu tun kriegen?«
    »Typen wie Iggy   … das sind clevere Leute. Sie wissen, wie sie bekommen, was sie wollen. Die lauern auf deine Schwächen. Sie geben dir, was du glaubst zu brauchen. Sie versprechen dir die Welt und dann – eh du’s merkst – bist du an sie gekettet. Du kannst nicht mehr weg.« Er sah mich an. »Ich weiß nicht, wie Candy reingeraten ist, aber ich bin ziemlich sicher, sie hat nicht gewusst, was ablief, bis es zu spät war.«
    »Ist es immer noch zu spät?«
    »Ich weiß es nicht   … Ich glaube nicht, dass es irgendwas gibt, was wir tun können.«
    |181| »Aber es
muss
doch irgendwas geben   …«
    »Es ist eine beschissene Welt, Joe.« Er berührte wieder meinen Arm. »Manchmal muss man Dinge einfach loslassen.«
    Ich sah ihn an. »Würdest
du
aufgeben, wenn es Gina wär?«
    Das überraschte ihn. Er warf einen kurzen Blick zu mir zurück, seine Augen schwammen vor Verunsicherung. Dann senkte er den Kopf, saß bloß da und starrte leer zu Boden. Ich glaube, er malte sich aus, wie
er
sich fühlen würde, wenn er Gina an einen Mann wie Iggy verlieren würde.
    »Tut mir Leid«, sagte ich. »Das hätte ich nicht sagen sollen.«
    »Nein«, sagte er leise, »du hast ja Recht. So hab ich noch nicht drüber nachgedacht   …« Er hob den Kopf und sah mich an. »Entschuldigung. Ich weiß nicht, was ich antworten soll.«
    »Wenn du ich wärst, was würdest du tun?«
    Sein Blick war hilflos. »Ich weiß es nicht, Joe. Ich weiß es echt nicht.«
     
    Freitagmorgen, acht Uhr: Ich saß am Küchentisch, als Dad mit einer Reisetasche und ein paar Koffern

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