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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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aussiehst   …«
    »Vielen Dank«, sagte ich. »Also, Iggy denkt, ich bin Kevin Williams?«
    Candy nickte.
    Ich warf Mike einen Blick zu, dann drehte ich mich wieder zu Candy. »Hast du sonst jemandem meinen richtigen Namen genannt?«
    »Wem denn zum Beispiel?«
    »Ich weiß nicht   … irgendwem. Was ist mit dem Mädchen, mit dem ich gesprochen hab, der mit den schwarzen Haaren? Sie wusste, wer ich bin. Sie wusste, dass wir im Zoo waren.«
    Candy schüttelte den Kopf. »Ich hab ihr nur gesagt, dass du ein Freund wärst. Deinen richtigen Namen hab ich niemandem gesagt.«
    Ich nickte und versuchte mich zu erinnern, ob
ich
dem schwarzhaarigen Mädchen meinen Namen genannt hatte.
Ich bin ein Freund von Candy
, hatte ich ihr gesagt.
Wir haben uns ein paarmal getroffen   …
    |273| War das alles, was ich gesagt hatte?
    Ich bin ein Freund von Candy   …
    Nein, ich hatte noch was gesagt.
Ich bin Joe.
    Scheiße.
    Ich bin Joe.
    Ich schaute auf und lenkte Mikes Aufmerksamkeit wieder auf mich.
    »Was ist?«, fragte er.
    »Nichts   …«
    »Gibt’s ein Problem?«
    »Nein«, sagte ich. »Kein Problem.«
    »Sicher?«
    »Ja.«
    Ich war mir natürlich
nicht
sicher   … aber ich war mir nicht sicher, worüber ich mir nicht sicher war. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das schwarzhaarige Mädchen ein Grund war, mir Sorgen zu machen. Ich hatte ihr meinen Vornamen genannt, das war alles. Wie sollte das ein Problem sein? Wahrscheinlich würde sie es Iggy sowieso nicht erzählen. Und selbst wenn   … na und? Dann wüsste er eben, dass ich Joe heiße. Wie sollte ihn
das
weiterbringen, mich zu finden?
Nein
, versicherte ich mir,
das ist kein Problem. Es ist nicht mal wert, dass ich’s erwähne.
    Deshalb tat ich es auch nicht.
    Aber es gab noch etwas – etwas, das wirklich nach einem Problem roch und es wert war, erwähnt zu werden   –, ich wusste nur nicht, was es war. Es war bloß ein Bruchstück von irgendwas, ein halb ausgebildeter Gedanke, der so kurz in meinen Kopf geflattert war, dass ich keine Chance gehabt hatte, ihn zu erkennen. Das |274| Einzige, was ich sicher wusste, war, dass er da gewesen war, jetzt war er weg, und was noch übrig war, war ein beunruhigender Schatten   …
    Vergiss es
, sagte ich mir.
Wenn es was Wichtiges ist, wirst du dich wieder dran erinnern. Wenn nicht, ist es egal.
    Und das war es, was ich tat.
    Ich vergaß es.
     
    Der Zug näherte sich dem Bahnhof, als Mike auf den Parkplatz einbog. Ich schnappte die Taschen, Candy öffnete die Tür und wir beide sprangen aus dem Wagen.
    »Ruf an, wenn ihr da seid«, schrie Gina aus dem Fenster.
    »Okay«, rief ich zurück.
    »Und seid vorsichtig   … beide. Macht’s gut   …«
    Während wir auf den Eingang zuhetzten, warf ich einen Blick zurück in Richtung Wagen und winkte zur Bestätigung. Gina winkte durchs Fenster zurück. Sie gab sich alle Mühe, gelassen zu wirken, doch selbst aus der Distanz bemerkte ich den Kummer in ihrem Gesicht. Ich sah, wie Mike ihr die Hand auf die Schulter legte, als sie sich die Augen tupfte, und für einen kurzen Moment dachte ich ernsthaft darüber nach umzukehren. Sie war meine Schwester. Sie hatte Angst, war verstört. Ich wollte bei ihr sein   …
    Aber dann rief Candys Stimme nach mir.
    »Jetzt komm, Joe – beeil dich. Wir verpassen den Zug   …«
    Und ich konnte ihr nicht widerstehen. Trotz aller Gefahren, aller Zweifel und Ängste   … trotz allem, was meine Vernunft mir sagte – und sie sagte mir eine Menge   –, konnte ich einfach nicht widerstehen.
    |275| Ich hing an der Angel.
    Blind für alles andere auf der Welt.
    Ich winkte Gina noch mal, dann drehte ich mich um und folgte Candy in den Bahnhof zu dem bereitstehenden Zug.

|276| 17.   Kapitel
    D as Cottage steht am Ende eines Waldwegs in der Nähe eines abgelegenen Dorfs namens Orwold. Es ist ein schönes altes Haus – ein traditioneller Fachwerkbau mit drei kleinen Schlafzimmern, einem Wohnraum mit Küche und einer wackeligen Veranda nach vorn raus. Es liegt auf einer Lichtung am Rand eines Waldstücks. Die umgebenden Kiefern spenden im Sommer Schatten, und im Winter, wenn ein scharfer Nordostwind von der nahen Flussmündung rüberbläst, schützen sie das Haus vor der schlimmsten Kälte.
    Dad hatte das Cottage vor ungefähr sechs oder sieben Jahren gekauft. Eines Tages kam er nach Hause, erklärte, wir sollten allesamt ins Auto steigen, und dann fuhr er hinaus nach Orwold und zeigte uns stolz das Gelände.
    »Das ist es«, hatte er

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