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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Herz, meine Geistesverfassung   …
    Plötzlich war alles ganz einfach in Ordnung   …
    So wie es sein soll.
    »Ich muss los«, erklärte ich Gina. »Ich ruf dich morgen wieder an, okay?«
    »Oh   … okay«, sagte sie, ein bisschen überrascht von meiner Abruptheit. »Ist alles klar bei dir?«
    »Ja«, versicherte ich ihr und warf einen Blick auf Candy, »alles ganz wunderbar.«
     
    Und das war es auch eine Weile.
     
    Nachdem wir ungefähr eine Stunde nur so rumgehangen hatten, zogen wir unsere Mäntel an, schlossen das Haus ab und gingen in Richtung Flussmündung. Während wir Arm in Arm durch den Wald spazierten und gemütlich die Wege entlangschlenderten, nahm der Himmel ein trübes graues Licht an und die Luft wurde kühler, schon bevor die Dämmerung einsetzte. Es war mitten am Nachmittag, doch ich konnte schon die herannahende Nacht spüren. Sie lauerte in den Schatten, tief drinnen im Wald, und kroch immer näher, wie eine Bestie, die sich unbemerkt heranpirscht |302| an die Verletzlichkeit des Tages   …
    Ich wusste, sie würde kommen.
    Ich spürte schon ihren dunklen Atem.
    Aber sie war noch nicht da.
    Das Cottage liegt nicht weit von der Flussmündung entfernt und es dauerte nicht lange, bis der Wald ausdünnte und der Pfad sich durch die nicht sehr hohen Klippen hindurch nach unten wand zu dem schmalen Uferstreifen aus Sand und Matsch, der sich am Wasser entlangzieht. Alles war still. Die Flut stand still, der Wind hatte sich gelegt und das Wasser der Mündung stand hoch und schimmerte silbrig grau.
    Wir saßen auf einer Bank am Waldrand und schauten hinaus auf die Mündung. Ich beobachtete einen Eisvogel, der vorüberstreifte. Sein metallisch blauer Schein spiegelte sich in der silbernen Wasserfläche, dann war er weg wie ein kurz aufblitzender Stern und die Mündung lag wieder ruhig und still da.
    »Was ist auf der andern Seite?«, fragte mich Candy.
    »Ich weiß nicht«, gab ich zu und starrte über das Wasser auf die kargen Felder und verfallenen Scheunen in der Ferne. »Bauernhöfe, nehme ich an   …«
    »Wo ist Orwold?«
    »Da hinten«, sagte ich und deutete über die Schulter.
    »Ist es weit?«
    »Nicht wirklich   … ein paar Kilometer.« Ich sah sie an. »Warum willst du das wissen?«
    Sie drückte meinen Arm. »Keine Sorge. Ich lauf nicht weg. Ich brauch nur ein paar Sachen, das ist alles. Gibt es in dem Dorf einen Laden?«
    »Ja, ich denk schon. Wir können auf dem Rückweg dort vorbei, |303| wenn du willst.«
    »Okay.«
    Wir schwiegen wieder eine Weile. Candy zündete sich eine Zigarette an, rauchte sie still und ich saß einfach da und starrte in die Leere. Die Sonne ging unter, umrahmte den Horizont mit ihrem verblassenden Licht und die ersten matten Töne der Dämmerung färbten langsam den Himmel. Die Atmosphäre erinnerte mich an unseren Tag im Zoo, als es Spätnachmittag war, die Schulkinder und Touristen nach Hause strömten, die Tiere einschliefen und Candy und ich schweigend im entlegensten Teil des Zoos spazieren gingen   …
    Und ich fragte mich, ob wir auch jetzt im entlegensten Teil waren. Fort von all den Leuten, fort von dem ganzen Chaos   …
    War dies der Ort, wo man Geheimnisse teilen konnte?
    Ich sah Candy an und dachte:
Geheimnisse, Wahrheiten   … oder Nichtigkeiten?
    Sie schaute zurück, ihr Blick forttreibend in einem ruhelosen Nebel. »Ich mach es heute«, sagte sie leise. »Wenn wir zurückkommen   … nehm ich zum letzten Mal was und das ist es dann. Danach nichts mehr.«
    »Bist du sicher?«, fragte ich sie.
    »Ja«, flüsterte sie und wischte eine Träne weg. »Ich hab genug davon, Joe. Ich will so nicht mehr sein.«
     
    Als wir durch den Wald hindurch und die kleine Straße entlang ins Dorf gegangen waren, erlosch das Tageslicht und die Läden waren alle geschlossen. Candy wurde zunehmend mürrischer.
    »Was ist das denn?«, höhnte sie. »Eine Geisterstadt? Wieso ist hier alles zu?«
    |304| »Es muss nach fünf sein«, sagte ich. »Am Wochenende machen die Läden in dieser Gegend früh zu. Wir müssen zur Tankstelle.«
    »Super – und wie weit ist das?«
    »Nur die Straße runter.«
    Es war eine dieser Tankstellen, die alles Mögliche verkaufen – Videos, Zigaretten, Bier, Lebensmittel   … alles, was man zum Leben braucht. Candy nahm einen Einkaufskorb, raste die Gänge entlang und schnappte sich allerhand aus den Regalen, während ich hinter ihr herging. Sie war nicht in der Stimmung für Fragen, also fragte ich nicht, was sie nahm oder

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