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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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müssen. Schließlich hatte ich eben erst heiß geduscht – ich hatte zehn Minuten dagestanden und die rote Leuchte am Boiler angestarrt   …
Natürlich
war Strom da. Ich hatte es nur nicht kapiert, das war alles. Meine Gedanken waren auf anderes gerichtet gewesen.
    Also wechselte ich die Birne im Wohnzimmer aus, danach kontrollierte ich auch alle andern Birnen   … räumte die ganzen Kerzen weg   … und überlegte gerade, was ich noch tun könnte, um die Zeit rumzubringen, als plötzlich mein Handy klingelte.
    Es war Gina.
    »Hallo?«, sagte ich.
    »Joe? Bist du’s?«
    »Ja.«
    »Ich kann dich nicht verstehen   …«
    »Warte   … der Empfang ist schlecht.« Ich ging nach draußen und setzte mich in einen ramponierten alten Stuhl auf der Veranda. »Ist es jetzt besser?«, fragte ich ins Telefon. »Kannst du mich hören?«
    »Ja, gut«, sagte Gina. »Und, wie läuft’s? Ist alles in Ordnung?«
    »Ja, nicht schlecht   …«
    »Wie geht’s Candy?«
    »Sie ist okay   … wir haben letzte Nacht über vieles geredet. Du weißt schon – darüber, mit dem Heroin aufzuhören, und so was alles. Ich glaub, sie wird es versuchen.«
    »Ich dachte, ihr hättet schon drüber gesprochen.«
    |299| »Ja, ich weiß   … ich will nur sagen, sie hat ihre Meinung nicht geändert oder so. Sie will es echt immer noch   …«
    »Wirklich?«
    »Ja   …«
    »Das ist ja super.«
    »Ich weiß   … aber es ist auch ein bisschen beängstigend.«
    »Tja, kein Wunder. Ich meine, das ist wirklich ein Riesending – physisch, mental, emotional   … in jeder Hinsicht. Für eine Weile wird es die Hölle werden. Für beide von euch wahrscheinlich. Deshalb hab ich gesagt, ruf uns an, wenn du Hilfe brauchst. Falls du mich nicht erreichst, ruf Mike an. Er hilft dir gern. Jederzeit, nachts oder tagsüber, das spielt keine Rolle   … Nimm einfach das Handy – okay?«
    »Ja, danke.«
    »Ach, und übrigens, bevor ich’s vergesse – Jason hat heute Morgen wieder angerufen. Er will, dass du ihn zurückrufst – sagt, es ist dringend.«
    »Okay   … Hat Dad von sich hören lassen?«
    »Nein, noch nicht. Was soll ich Jason sagen, wenn er wieder anruft?«
    »Wird er nicht. Mach dir keine Gedanken.«
    »Tu ich auch nicht. Wie steht’s im Cottage?«
    »Alles in Ordnung. Ich bin im Moment auf der Veranda   … es ist echt schön.« Während ich sprach, schaute ich zum Wald rüber und nahm alles in mich auf – die Winterbäume, die Brombeersträucher, den weiten Himmel   …
    Es war wirklich schön: kalt und leer und kilometerweit weg von allem.
    »Habt ihr gut geschlafen?«, fragte Gina.
    |300| »Was?«
    »Ob ihr beide gut geschlafen habt?«
    »Äh   … ja   …«
    »Ich bin nicht neugierig   …«
    »Doch, bist du.«
    Sie lachte.
    »Nichts passiert«, sagte ich. »Wir sind nur Freunde, okay?«
    »Ja? Diesen Satz hab ich schon öfter gehört.«
    Ich antwortete nicht. Ich wusste nicht, wie. Es ging gar nicht unbedingt darum, dass ich über Candy und mich nicht reden wollte – obwohl ich es zugegebenermaßen wirklich nicht wollte   –, doch entscheidend war, dass ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Ich
wusste
nicht, was wir waren. Wir waren nicht Freund und Freundin, wir waren kein Liebespaar   … aber auf der andern Seite, einfach nur gute Freunde waren wir auch nicht. Wir waren irgendwas anderes. Wir
hatten
etwas anderes. Ich wusste nur nicht so recht, was es war.
    »Joe?«, sagte Gina. »Bist du noch dran?«
    »Ja   …«
    »Bist du sauer auf mich?«
    »Nein   …«
    »Ich wollte nichts andeuten damit   … ich wollte auch nicht aufdringlich sein. Ich hab das nur als Schwester gesagt, das war alles.«
    »Ich weiß – ist schon in Ordnung.«
    »Ich mag Candy. Sie ist ein nettes Mädchen. Und ich weiß, wie sehr du sie magst   … Ich will nur, dass du aufpasst – okay?«
    »Ja, werd ich   …
mach
ich. Alles okay – ehrlich. Ist kein Problem.«
    Genau da öffnete sich die Tür des Cottage und Candy kam raus |301| auf die Veranda. Sie trug einen dicken grünen Pullover, dazu ihre kleine schwarze Mütze, und als sie so im Sonnenlicht stand, schwarzen Kaffee trank und mir zulächelte, schien plötzlich nichts anderes mehr von Bedeutung. Verwirrung, Traurigkeit, Wut, Hass   … alles trieb im Wind fort. Alles war wieder in Ordnung. Ich war in Ordnung. Candy war in Ordnung. Wir waren in Ordnung. Nichts hätte schöner sein können – weder das Wetter noch die Welt noch wie ich mich fühlte   … mein Körper, mein

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