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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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aus, kaute auf ihren Lippen und drehte sich weg von mir auf die Seite.
    Ich hob meinen gefühllosen Arm vom Kissen, rieb ein bisschen Leben hinein, dann glitt ich aus dem Bett, schnappte mir ein paar frische Sachen zum Anziehen und tappte ins Bad, um ausgiebig zu duschen.
     
    Ungefähr eine Stunde später stand ich in der Küche und kochte gerade Kaffee, als Candy in der Schlafzimmertür erschien. Sie sah schrecklich aus. Ihre Augen waren blutunterlaufen, der Verband ums Handgelenk hatte sich gelöst und das dünne T-Shirt , das sie trug, kaschierte kaum die grausigen blauen Flecken um ihre Taille. Als sie müde durchs Zimmer schlurfte, noch ganz dösig und verquollen vom Schlaf, musste ich an einen benommenen Boxer denken, der sich müht, den Morgen nach dem Kampf zu überstehen.
    »Hallo«, sagte ich betont fröhlich. »Willst du einen Kaffee?«
    Sie fuhr sich mit den Händen durch ihre verworrenen Haare und murmelte etwas vor sich hin.
    »Wie bitte?«
    Sie gähnte. »Wie spät ist es?«
    »Kurz nach zwölf. Willst du einen Kaffee?«
    »Was?«
    »Kaffee«, sagte ich und schwenkte ihr einen Becher entgegen.
    »Ja   … gleich.«
    Sie stand einen Augenblick da, runzelte die Stirn und murmelte etwas in Richtung Fußboden, dann drehte sie sich um und tappte zurück ins Schlafzimmer. Ich starrte ihr nach und fragte mich, |296| was sie tat – sich anziehen? Sich schminken? Sich wieder ins Bett legen? Doch dann kam sie zurück und ich wusste sofort, was sie vorhatte. Sie ging direkt aufs Bad zu, jetzt nicht mehr tappend, sondern zielstrebig, und verbarg dabei etwas hinter ihrem Rücken   …
    Um zu bekommen, was sie brauchte.
    Ich wusste mich nicht zu verhalten.
    Ich wusste nicht mal, wie ich darauf hätte reagieren
sollen
.
    Sauer werden?
    Ruhig bleiben?
    Etwas sagen?
    Nichts tun?
    Ich glaube, was ich wirklich wollte, war, sie anschreien, ihr sagen, sie solle aufhören, ihr sagen, sie solle doch nachdenken, was sie da tat   …
    Aber ich machte es nicht.
    Ich machte gar nichts. Ich trat einfach zurück und beobachtete, wie sie ins Bad ging, die Tür hinter sich zumachte und abschloss. Das Schnappen des Riegels erwischte mich kalt. Es brachte mich um. Höhlte mich aus. Das simple kleine Geräusch sagte alles – dass ich nichts war, dass sie mich nicht wollte, dass sie mich nicht brauchte.
    Das Einzige, was sie brauchte, war Heroin.
    Und das hasste ich.
    Ich hasste seine Kraft, seine Anziehung, seine Macht.
    Ich hasste, wie es sie fortnahm   …
    Von sich selbst.
    Von mir.
    Von allem.
    |297| Ich
hasste
es.
     
    Es dauerte einige Zeit, in die Gänge zu kommen für den Tag. Während Candy im Bad beschäftigt war, machte ich Toast und trank Kaffee   … wusch die Tassen und Teller ab   … kochte neuen Kaffee   … und dann stand ich auf und verbrachte ein bisschen Zeit damit, einfach durchs Haus zu laufen.
    Ich weiß nicht, ob es an meiner Stimmung lag, doch als ich in die leeren Zimmer schaute, wirkte alles verkehrt. Irgendwas fehlte, aber ich wusste nicht, was. Soweit ich sagen konnte, handelte es sich nicht um eine physische Abwesenheit – es fehlte nichts aus den Zimmern. Es war etwas Gefühlsmäßiges. Etwas, das mit Erinnerungen zu tun hatte   … Erinnerungen an mich und Gina   … Mum und Dad   … Familienausflüge   … andere Zeiten   …
    Ich glaube, das war es.
    Die Erinnerungen waren nicht sonderlich alt, aber aus irgendeinem Grund schienen sie schwer wiederzufinden. Sie fehlten nicht – sie existierten   –, sie waren nur nicht mehr
hier
. Selbst wenn ich etwas sah, das irgendwas hätte bedeuten
sollen
– eine getrocknete Gänseblümchenkette hinten in einer Schublade, ein paar Bücher, die mein Vater auf einem Regal zurückgelassen hatte, vergessene Schuhe und abgelegte Kleider   –, es gelang mir offenbar nicht mehr, sie zuzuordnen. Ich erkannte sie wieder, ich wusste, um was es sich handelte, aber das war auch alles.
    Ich hatte keinerlei Bezug mehr zu den Dingen hier.
    Ich versuchte, nicht dran zu denken, als ich ins Schlafzimmer ging und die Tasche ausräumte, die Gina für uns gepackt hatte. Ich trennte Klamotten von Lebensmitteln, legte die Anziehsachen in den Kleiderschrank und die Lebensmittel in den Kühlschrank   … |298| und als das getan war, entschloss ich mich, nach dem Strom zu gucken. Am Ende stellte sich heraus, dass die Hauptsicherung sehr wohl eingeschaltet war. Das ganze Problem lag in einer defekten Glühbirne im Wohnzimmer. Es hätte mir wirklich auffallen

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