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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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verzweifelt sein und dann fang ich vielleicht an, nach dem winzigsten bisschen Stoff zu suchen. Wenn was da ist, find ich’s   … und wenn ich’s finde, dann nehm ich’s auch. Ich will nicht, dass das passiert, aber ich werd nicht imstande sein, mich dran zu hindern. Also besteht nur eine einzige Möglichkeit zu garantieren, dass ich nichts finde: sicherzustellen, dass es nichts gibt, was ich finden kann – verstehst du?«
    »Ja«, sagte ich, stand auf und ging ins Schlafzimmer.
    »Check alles«, rief sie mir nach. »Und ich meine wirklich
alles

    Ich checkte alles: ihre Tasche, ihre Anziehsachen, ihr Make-up, ihre Handtasche, ich suchte unterm Bett, unterm Teppich   … überall. Das Einzige, was ich fand, waren ein paar Plastikstrohhalme und etwas Alufolie. Ich steckte sie zu dem übrigen Stoff in meiner Hosentasche, dann verließ ich das Schlafzimmer und ging ins Bad, wo ich sämtliche Drogen die Toilette hinunterspülte. Sie gingen nicht gleich alle runter, deshalb musste ich noch mehrere Male spülen, aber schließlich war das Wasser wieder klar und alles weg.
    Ich wollte gerade aus dem Bad, als ich mich plötzlich an etwas erinnerte, was Candy gesagt hatte.
Ich bin eine Drogenabhängige
, hatte sie gemeint.
Wir lügen und betrügen und wir verstecken Dinge.
    Ich sah mich im Bad um. Es war der ideale Ort, um etwas zu verstecken. Sie war garantiert allein dort, sie hatte jederzeit eine |308| Ausrede reinzugehen   … und, was noch stärker wog, sie hatte nicht gesagt, dass ich dort suchen sollte.
    Also fing ich an, alles abzusuchen. Schränke, Regale, unter dem Badeteppich   … ich wusste nicht so recht, wonach ich eigentlich suchte, doch ich nahm an, ich würde es schon wissen, wenn ich es fand. Ein paar Minuten später, als ich den Spiegelschrank über dem Waschbecken durchsuchte, erschien Candy plötzlich in der Tür. Erst sagte sie nichts, sondern stand nur da und sah mir zu. Es war ein etwas seltsames Gefühl, aber ich äußerte mich nicht, sondern suchte einfach weiter.
    »Du bist echt misstrauisch«, sagte sie nach einer Weile.
    »Ich hab selber ein-, zweimal Sachen versteckt«, erklärte ich ihr. »Ich weiß, wo ich nachschauen muss.«
    »Ja? Was für Sachen hast
du
denn versteckt?«
    »Geheime Sachen   …«
    »Zum Beispiel?«
    »Wenn ich’s dir sagen würde, wären sie ja nicht geheim, oder?«
    Sie nickte zustimmend, dann beobachtete sie mich schweigend weiter. Als ich mich runterbeugte und in den Schrank unter dem Waschbecken schaute, fragte ich mich, ob sie wusste, dass ich log. In Wahrheit hatte ich noch nie in meinem Leben etwas versteckt   … jedenfalls nicht, dass ich mich dran erinnerte. Ich hatte vielleicht Dinge da hingelegt, wo sie wahrscheinlich niemand finden würde

aber das ist nicht ganz dasselbe, oder? Das ist laienhaftes Verstecken, die Art Verstecken, die nicht so richtig zählt   …
    »Joe?«, sagte Candy und unterbrach mich in meinen Gedanken.
    »Ja?«
    |309| »Willst du
mich
durchsuchen?«
    Ich stand auf und drehte mich um, da stand sie, gegen die Wand gelehnt, und lächelte mich an. Aber es war so ein Lächeln, das nichts bedeutete – nur Lippen und Zähne und keine sprühenden Augen   …
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Ich meine, falls du mir nicht traust   …« Sie hob die Arme über den Kopf. »Wenn du eine richtig gründliche Durchsuchung machen willst   …«
    »Sei nicht albern   … ich will nicht
dich
durchsuchen. Ich tu nur, was du gesagt hast. Du hast verlangt, dass ich dir nicht trauen soll.« Ich schüttelte den Kopf. »Nimm die Arme runter.«
    Herausfordernd hob sie eine Augenbraue. »Bist du sicher?«
    Ich sagte nichts, ich verstand nicht, was sie vorhatte. Spielte sie mit mir – wollte sie mich auf den Arm nehmen, mich in Versuchung führen, mich testen – oder ging es um etwas anderes   … irgendeinen verdrehten Gefühlsausbruch?
    Ich wusste es nicht.
    Ich wollte auch lieber nicht drüber nachdenken.
    »Ich geh mal und koch Tee«, sagte ich.
    Als ich mich an ihr vorbeischob und wieder ins Wohnzimmer ging, schlug mein Herz heftig. Ich wünschte mir, dass es das nicht täte. Ich wollte nichts empfinden. Ich wollte nur, dass alles überschaubar blieb.
     
    Als Candy aus dem Bad kam und sich zu mir vor den Kamin gesellte, wirkte sie ein bisschen verlegen – als wüsste sie, dass sie etwas leicht Anrüchiges getan hatte, und wollte es nun zurechtbiegen, allerdings ohne jede Vorstellung, wie.
    |310| »Alles in Ordnung?«, fragte ich, als

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