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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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warum, sondern folgte ihr nur und sah neugierig zu, wie sie den Korb mit allen möglichen seltsamen kleinen Dingen füllte: Schokoriegeln, Keksen, Bonbons, Cola, Toilettenpapier, Aspirin, dämlichen Zeitschriften, Taschenbüchern, Körperpuder   …
    Am Ausgang knallte sie den Korb auf den Kassentisch und verlangte zweihundert Zigaretten, dann zahlte sie alles mit dem Bargeld, das sie Iggy abgenommen hatte.
     
    Es war vollkommen dunkel, als wir zum Cottage zurückkamen. Sobald wir durch die Tür waren, jagte Candy ins Schlafzimmer und schoss fast im selben Moment wieder raus, unterwegs ins Bad.
    »Ist es das jetzt?«, fragte ich sie.
    Sie blieb zögernd stehen und sah mich an.
    Ich sagte: »Ist das jetzt das letzte Mal?«
    »Ja   … ja, das ist es. Schau, es tut mir Leid   … es ist nur   … ich wusste nicht, dass wir so lange unterwegs sein würden   …« Ihr Blick flog ängstlich in Richtung Bad. »Ich brauch das jetzt echt   …«
    |305| »Du musst nirgendwo hingehen. Ich meine, du musst dich nicht vor mir verstecken   … Es macht mir nichts aus.«
    »Nein«, sagte sie schnell, »das ist nicht schön   … ich will nicht, dass du mich so siehst. Gibt sowieso nicht viel zu sehen   … das Ganze ist einfach nur   … einfach jämmerlich.« Sie schüttelte den Kopf. »Ein paar dämliche Fetzen Alufolie und so’n Mist   … und ich finde es total widerlich, dass ich das tun muss   … es ist so hässlich   …« Sie sah mich an, wischte den schimmernden Schweiß von ihren Augenbrauen und plötzlich merkte ich, dass sie Schmerzen hatte und dass alles, was ich tat, ihren Schmerz nur in die Länge zog.
    »Ist in Ordnung«, sagte ich und wies aufs Bad. »Ehrlich   … ich versteh es. Bitte, ist schon okay.«
    Sie versuchte zu lächeln, aber ihr Gesicht war zu angespannt dafür. Das Einzige, was ihr gelang, war ein steifes Nicken, wie von einem weinenden Kind, dann verschwand sie blitzschnell im Bad.
    Aber diesmal schloss sie die Tür nicht ab.
    Zwanzig Minuten später saßen wir vor dem Kamin, tranken Tee und besprachen alles. Candy war ein bisschen high, aber völlig klar im Kopf und sie schien ganz zufrieden mit dem, was sie vorhatte.
    »Ich weiß, es wird schwer werden«, erzählte sie mir, »aber ich glaub, diesmal bin ich so weit, diesmal bin ich auch im Kopf bereit. Es ist, als könnte ich mich auf der andern Seite sehen   … ich seh, was ich sein will. Verstehst du, was ich meine? Ich seh, wohin ich gehe, und ich will unbedingt ankommen.« Sie fing an, ihre Taschen zu leeren, holte den ganzen Stoff hervor, den sie Iggy weggenommen hatte, und legte ihn auf den Boden. »Ich schmeiß es besser jetzt weg«, erklärte sie, »solange ich noch weiß, was ich |306| tue.«
    Ich sah zu, wie sich die Drogen anhäuften – kleine Päckchen, Plastiktüten, Pillenfläschchen. Es war merkwürdig, wie harmlos das alles wirkte. Es war einfach irgendwelches Zeug, Pulver und Pillen – schwer vorstellbar, wie etwas so Langweiliges jemandem so viel bedeuten konnte.
    Candy stand auf und zeigte mir ihre leeren Taschen. »Alles raus«, sagte sie. »Okay?«
    Ich sah sie an. »Du musst mir nichts beweisen.«
    »Doch, das muss ich. Ich bin eine Drogenabhängige, Joe. Wir lügen und betrügen und wir verstecken Dinge. Ich traue mir nicht, dass ich es nicht auch tue. Du musst mir helfen.«
    »Also gut«, sagte ich. »Was soll ich tun?«
    Sie nickte in Richtung des Haufens am Boden. »Lass das ganze Zeug da erst mal verschwinden.«
    Ich sammelte alle Päckchen und Tüten ein und wollte sie ins Feuer werfen.
    »Nicht da rein!«, schrie Candy und hielt mich gerade noch rechtzeitig zurück. »Himmel   … wenn du die Menge verbrennst, haut uns das beide tagelang um. Spül einfach alles im Klo runter.«
    Ich stand auf und ging Richtung Bad.
    »Warte«, sagte Candy. »Du musst auch meine Tasche durchsuchen.«
    Ich blieb stehen und sah sie an. »Deine Tasche?«
    »Sie liegt im Schlafzimmer. Ich glaub nicht, dass ich dort irgendwelchen Stoff reingepackt hab, aber ich kann’s auch nicht ausschließen.«
    Ich warf ihr einen zögerlichen Blick zu.
    »Was ist?«, fragte sie.
    |307| »Nichts   … es ist nur   … verstehst du, das sind doch deine persönlichen Sachen, oder? Ich weiß nicht recht   …«
    »Es sind nur Klamotten und Krempel«, unterbrach sie mich. »Nichts, was dir peinlich sein müsste. Schau, das hier ist wirklich ernst, Joe. Wie gut meine Absichten jetzt auch sein mögen, an irgendeinem Punkt werde ich

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