Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)
Francescas Idee gewesen, die Kekse in durchsichtige Zellophantüten zu verpacken und mit rosarotem Geschenkband zuzubinden, das mit kleinen roten Herzen verziert war. Sie sahen darin ziemlich unwiderstehlich aus.
In den folgenden Wochen lief Lilys Lächeln Gefahr, zu einer Dauereinrichtung zu werden. Die Stunden, die sie in der Küche mit den beiden alten Frauen und Francesca verbrachte, zählten zu den glücklichsten, an die sie sich erinnern konnte. Es war nicht das echte Leben, Kekse zu backen in einer süß duftenden, toskanischen Küche mit einem Kind, das nicht ihr eigenes war. Doch die Momente, wenn sie Seite an Seite den Cantucci -Teig rollten oder wenn Lily Schokolade von Francescas Nase wischte oder wenn sie versuchten, Violetta das Jonglieren beizubringen, fühlten sich echt an.
Nachmittags kam Daniel, um seine Tochter abzuholen. Zuerst verblasste Lilys Lächeln, wenn er zur Tür hereinkam, und es fiel ihr schwer, ihn anzusehen, ganz zu schweigen davon, mit ihm zu sprechen, aber nach einer Weile wurde es einfach Teil ihrer neuen, unerwarteten Routine.
Sie ertappte sich sogar dabei, dass sie prüfend auf die Uhr sah, ob er zu spät war.
»Kann ich dich nachher zu einem Drink einladen?«, fragte er eines Nachmittags. »Nachdem ich Francesca bei Carlotta abgesetzt habe?«
Lily spürte Violettas wachsamen Blick heiß in ihrem Nacken und sah, dass Francesca sie aufmerksam beobachtete. Sie wollte keinen Drink, die bloße Vorstellung verursachte ihr Übelkeit, aber sie wollte gerne erfahren, was mit Eugenia los war, also stimmte sie zögernd zu.
Sie verabredeten sich in einer kleinen Bar auf der Piazza San Francesca, von wo aus man auf die Kupferkuppel von San Biagio aus einer anderen Perspektive sehen konnte.
Lily entdeckte Daniel bereits von der Gasse aus, die zu dem Platz hinunterführte, und sie wunderte sich über sich selbst, weil ihr in den Sinn kam, wie attraktiv er war. Sie hatte nicht erwartet, dass er sie auf diese Art noch interessierte. Zwei hübsche junge Frauen gingen an seinem Tisch vorbei, und Lily beobachtete Daniel, während eine der beiden nach Lilys Meinung eine richtige Schau abzog: Offensichtlich interessierte Daniel sie außerordentlich. Aber er schien sie überhaupt nicht wahrzunehmen.
Er sah aus wie ein Mann, der auf jemanden wartete. Lily spürte ein Bröckeln, die kleinste Bewegung eines einzigen Kieselsteins.
»Also, was ist jetzt mit Francescas Mutter?«, fragte sie trotzdem in barschem Ton, während sie Platz nahm.
»Sie ist in einer betreuten Einrichtung in Umbrien«, antwortete Daniel. »Dort war sie schon einmal. Sie ist in guten Händen. Aber wir wissen nicht sicher, wie lange sie dieses Mal bleiben wird. Sie muss erst noch auf die Medikamente richtig eingestellt werden.«
»Und was wird aus Francesca?«
»Carlotta tut ihr Bestes, um ihren Job und Ernesto unter einen Hut zu bekommen, so wie ich, um meinen Job und Francesca unter einen Hut zu bekommen. Aber wenn ich ehrlich bin, Lily, du und die Ferrettis und das Keksebacken … nun … ihr seid ein Geschenk des Himmels.« Er lächelte. »Meine Lily und Keksebacken in ein und demselben Satz. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch erlebe.«
»Ich denke, wir hätten beide nicht gedacht, dass wir bestimmte Dinge erleben«, entgegnete Lily in einem schrillen Ton, der sie an ihre Mutter erinnerte. »Tut mir leid«, fügte sie zweideutig hinzu und sah die Kellnerin kopfschüttelnd an, als Daniel ein Glas Rotwein bestellte.
»Lily, ich weiß, du hattest nicht viel Zeit, um nachzudenken«, begann er, nachdem sie wieder alleine waren. »Aber wenn du …«
»Nicht, Daniel«, fiel sie ihm ins Wort. »Bitte, lass es einfach. Ich bin hier wegen Francesca, weil ich aus irgendeinem Grund in der Position bin, ihr zu helfen. Und genau das will ich tun, aber ich kann es nicht ewig tun. Ich muss zurück an meine Arbeit, ich habe bald keinen bezahlten Urlaub mehr. Also mach dir nicht zu viele Hoffnungen.«
»Aber ich mache mir Hoffnungen, ich kann es nicht ändern. Und ich werde sie nie aufgeben, was dich betrifft, Lily. Niemals.«
»Nun, das ist dein Problem«, fuhr sie ihn an.
»Tut mir leid, ich wollte dich nicht verärgern«, sagte er. »Das ist das Letzte, was ich möchte. Ich bin einfach nur froh, dass du gekommen bist.«
»Ja, gut, lass uns versuchen, bei Francesca zu bleiben, okay? Wie sieht der langfristige Plan aus?«
»Daran arbeite ich gerade. Wir denken, ein Kindermädchen könnte vielleicht die Lösung sein,
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