Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)
weshalb sie auf die Torta hatte verzichten müssen, obwohl es ihr vielleicht nicht schaden könnte, ein bisschen versüßt zu werden. »Wir riskieren Unannehmlichkeiten, wenn wir eine ›Außenseiterin‹ hineinziehen, wenn ihr mich fragt«, fügte sie hinzu. »Und wer weiß schon, ob sie Alessandro nicht fortscheucht, sobald wir unseren Teil erledigt haben.«
Die Witwe Benedicti hatte das nicht bedacht und blickte panisch und hilfesuchend zu Violetta.
Die Liga war offiziell eine Demokratie, in der Entscheidungen aufgrund von Mehrheitsbeschlüssen getroffen wurden, aber in Wirklichkeit war Violetta die Anführerin und war es von Anfang an gewesen. Es war eine göttliche Stellung, ein bisschen wie der Dalai Lama, nur in Schwarz.
Und die Wahrheit war, dass Violetta immer gespürt hatte, dass sie einen sechsten Sinn besaß für Herzensangelegenheiten. Und hierin wurde sie unterstützt von Luciana, die fünfeinhalb Sinne besaß.
Normalerweise wusste Violetta genau, was wer zu tun hatte, aber heute klingelten keine Glocken, blitzten keine Zeichen auf, und ihr Verstand war klar wie Minestrone. War Alessandro wirklich der Calzino rotto? Und war Lily wirklich die Frau, die sein gebrochenes Herz heilen konnte?
Fühlte Violetta sonst nichts als absolute Gewissheit, hatte sie heute das Gefühl, als hätte das Cornetto zum Frühstück sich in ihrem Brustkorb verkeilt und würde für ewig dort festsitzen. Mehr fühlte sie nicht.
»Was ist mit Roberto, dem Busfahrer aus Cremona?«, sagte Luciana, die in die Bresche sprang. »Erinnert ihr euch? Wir haben ihn mit Angelica von der Sprachschule verkuppelt. Der Anfang war ein bisschen holprig, aber mittlerweile haben sie Kinder und sogar Enkelkinder.«
»Cremona ist nicht im Ausland«, bemerkte die Witwe Ercolani.
»Hand hoch, wer von euch war schon einmal in Cremona?«, sagte Violetta, die ihre Schlagfertigkeit wiedergefunden hatte und die Gelegenheit sofort nutzte.
Keine einzige Hand hob sich.
»Und Hand hoch, wer von euch war schon einmal in Amerika?«
Wieder hob sich keine einzige Hand.
»Folglich denke ich, wir können sicher davon ausgehen, dass Amerika nicht ausländischer ist als Cremona.«
Dies schien die Gruppe im Großen und Ganzen zufriedenzustellen, nur Fiorella fühlte sich veranlasst, ihre Skepsis kundzutun. »Gut, lasst mich das mal klarstellen. Diese blonde Turista wurde also dabei beobachtet, wie sie sich unten im Tal mit dem alten Hängehintern unterhalten hat, und aus diesem Grund beschließt ihr, dass die beiden zum Liebespaar taugen?«
»Die blonde Turista hat sich mit dem alten Hängehintern an einem von Violettas besonderen Tagen unterhalten«, erklärte die Witwe Benedicti. »Das ist der Schlüssel. Außerdem hat er keinen Hängehintern.« Dass Alessandro seinen Hintern gut in Schuss hielt, war bereits bei einer Reihe von Gelegenheiten besprochen worden.
»Ah ja. Tolles System«, antwortete Fiorella in schleppendem Ton und rollte mit den Augen, etwas, in dem sie Übung besaß.
Bei jeder anderen Gelegenheit hätte Violetta sie mit einem bösen Blick zum Schweigen gebracht oder die Witwe Mazzetti aufgefordert, die Statuten des Regelbuchs in Bezug auf die Volkszugehörigkeit zu zitieren, aber die Ereignisse des Tages hatten sie aus dem Gleichgewicht gebracht. Außerdem spürte sie immer noch diesen stechenden Schmerz in der Brust, der in ihr herumstocherte wie ein böser Finger.
In der Vergangenheit hatte Violetta gelernt, dass ein heikles Problem manchmal gelöst werden konnte, indem sie ein paar aufs Stopfen bezogene Weisheiten aus der Tasche hervorzauberte. In Anbetracht der Umstände beschloss sie, dies auch jetzt zu versuchen.
»Darf ich euch daran erinnern«, verkündete sie den versammelten Witwen, »dass es nicht unsere Aufgabe ist, die Socken nach ihrer Farbe zu beurteilen oder sogar nach der Qualität der Wolle, sondern einfach nur, die Löcher zu stopfen, egal ob in der Spitze oder Ferse.«
Ihre Erklärung erntete zunächst Schweigen, dann ein paar Kopfnicken, dann noch ein paar mehr, und schließlich nickte die ganze versammelte Liga.
Bis auf ein Paar Augen, die sich verdrehten.
14
Die frühe Morgensonne warf einen freundlichen Strahl auf Lilys Gesicht, und ein paar verschlafene Sekunden lang dachte sie, sie wäre zu Hause in ihrer Wohnung in New York.
Sie öffnete die Augen, streckte die Arme aus und brauchte ein paar träge Takte lang, bis ihr einfiel, dass sie nicht neben Daniel auf dem Hästens-Bett lag, das sie sich zu ihrem
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