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Capitol

Capitol

Titel: Capitol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Ab, du verstehst nicht. Du verstehst ganz und gar nicht.« Ihre Stimme klang rauh. »Die Frau, die neben dir auf dem Bett liegt, ist Batta B. Es ist die Frau, die sich von ihren Eltern abgewandt hat und ihrer Pflicht nicht nachgekommen ist –«
    »Verdammt, Batta, sei doch vernünftig –«
    »Ich habe keine Erinnerung daran, daß ich ihnen geholfen habe – meine Erinnerungen enden plötzlich. Ich habe sie im Stich gelassen –«
    »Nein, das hast du nicht getan!«
    »In meinen Gedanken habe ich es getan, Ab, und mit ihnen muß ich leben. Du sagst mir, daß ich ihnen geholfen habe, aber ich kann mich nicht daran erinnern, und folglich stimmt es auch nicht! Diese Wahl – bei ihnen zu bleiben –, diese Wahl hat die richtige Batta getroffen. Und durch diese Erfahrung wurde die richtige Batta geformt. Die richtige Batta hat jene Jahre durchgestanden, auch wenn sie schrecklich waren.«
    »Batta, sie waren schlimmer als schrecklich! Sie haben dich zerstört!«
    »Aber mich haben sie zerstört! Mich! Die Batta, die das tut, was sie tun zu müssen glaubt!«
    »Was ist das? Die alte Religion? Du hast die Chance, dir die Konsequenzen deines selbstmörderischen Gefühls für Recht und Unrecht zu ersparen! Du hast die Chance, glücklich zu werden, verdammt! Spielt es da eine Rolle, welche Batta welche ist? Ich liebe dich, und du liebst mich, und auch das ist die Wahrheit!«
    »Aber Ab, ich kann doch nur das sein, was ich bin.«
    »Hör zu. Du warst sofort einverstanden. Du warst damit einverstanden, daß ich jene Jahre auslöschte, so daß du aufwachen und mit mir leben konntest, als hättest du diese Qual nie erlebt. Es war freiwillig!«
    Sie antwortete nicht. Sie fragte nur: »Hat man meine Erinnerungen aufgezeichnet, als ich Somec bekam? Hat man aufgezeichnet, wie ich wirklich bin?«
    »Ja«, sagte er und wußte schon, worauf sie hinauswollte.
    »Dann gib mir wieder Somec und spiel mir das Band wieder ein, bevor du mich weckst. Dann schick mich in eine Kolonie.«
    Er starrte sie an. Er stand vom Bett auf, starrte sie ungläubig an und lachte. »Weißt du überhaupt was du sagst? Du sagst, hole mich aus dem Himmel, Gott, und schick mich zur Hölle.«
    »Ich weiß«, sagte sie und fing an zu zittern.
    »Du bist wahnsinnig. Das Ganze ist Wahnsinn, Batta. Weißt du was ich riskiert habe, was ich durchgemacht habe, um dich nach hier zu holen? Ich habe jedes Gesetz über die Anwendung von Somec gebrochen, das es gibt –«
    »Du beherrschst die Welt, nicht wahr?«
    Wollte sie ihn etwa verhöhnen?
    »Ich ziehe alle Fäden, aber wenn ich einen Fehler mache, könnte ich jederzeit stürzen. Für dich habe ich absichtlich Fehler gemacht –«
    »Also schulde ich dir etwas. Aber was ist mit mir? Bin ich mir selbst nicht auch etwas schuldig?«
    Er wurde ärgerlich und schlug mit der Faust gegen die Wand. »Natürlich bist du! Du schuldest dir ein Leben mit einem Mann, der dich mehr liebt als sein Lebenswerk! Du schuldest dir die Chance, verwöhnt und verhätschelt und umsorgt zu werden –«
    »Ich schulde mir mich selbst.« Sie zitterte immer mehr. »Ab, ich bin nicht glücklich gewesen.«
    Schweigen.
    »Ab, bitte glaub mir, denn was ich jetzt sagen muß ist das Schlimmste. Seit dem Augenblick meines Aufwachens war etwas verkehrt. Etwas war ganz schrecklich verkehrt. Ich hatte die verkehrte Wahl getroffen. Ich war nicht zu meinen Eltern zurückgekehrt. Ich selbst fühlte mich verkehrt, und das hat auf alles abgefärbt. Es ist verkehrt. Nie hätte ich mich dazu entschlossen, bei dir zu leben, und deshalb war alles daran verkehrt!« Sie sprach leise, aber eindringlich.
    »Ich wäre gar nicht hier«, sagte sie.
    »Du bist aber hier.«
    »Mein Leben darf keine Lüge sein. Ich kann mit diesem Widerspruch nicht leben. Ich muß mein eigenes Leben leben, so bitter es auch sein mag. Jeder Augenblick, den ich hier verbringe, bereitet mir Schmerzen. Es könnte nicht schlimmer sein. Nichts, das ich in meinem wirklichen Leben erlitt, kann schlimmer sein als die Qual, ein falsches Leben zu führen. Ohne diese Erinnerungen verliere ich meinen normalen Verstand. Ich habe schon gespürt, wie er mir entglitt, Ab –«
    Und er drückte sie an sich, merkte, wie sie in seinen Armen zitterte. »Ich tue für dich was du willst«, flüsterte er. »Ich konnte das nicht wissen. Ich glaubte, das Somec könnte – dem allen ein Ende setzen.«
    »Es kann mich nicht davon abbringen, die zu sein, die ich –«
    »Die du bist, das weiß ich, ich weiß es jetzt.

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