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Capitol

Capitol

Titel: Capitol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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dieser einstündigen Unterhaltung liebgewonnen hatte. Oder vielleicht, weil es keine Pferde mehr gab, auf denen sie reiten konnte, und weil sie es das erstemal im Schlafzimmer ihrer Eltern getan hatte, als diese ausgegangen waren. Sie hatte es sich erschlichen, nicht frei genommen unter den Strahlen der Sonne an einem Felshang. Sie hätte gern gewußt, wie es an einem Felshang wohl war. Sie stellte sich vor, daß sie an einem solchen stand und hinunterschaute. Aber es lag alles so tief unter ihr. Viele Meter ging es nach unten. In Gedanken schrak sie vor dem Blick in die Tiefe zurück. Felshänge waren nur etwas für längst vergangene Zeiten.
     
    *
     
    »Sie sind also Abner Doon.«
    Er nickte. Seine Hand zitterte nicht. Er sah sie nur fest an. Seine Augen waren unergründlich, und sie war ein wenig beunruhigt. Sie war es nicht gewohnt, daß man ihrem Blick so leicht standhielt. Es schien ihr fast, als schaute er sie freundlich an.
    »Ich habe gehört, daß Sie den klugen Plan ausgedacht haben, hinter dem Gebiet des Feindes Planeten zu kolonisieren.«
    Abner lächelte. »Es schien mir produktiver, als die ganze menschliche Rasse der Vernichtung auszuliefern.«
    »Ein Krieg, der dadurch ausgetragen wird, daß man mehr baut als der Feind. Ich muß sagen, die Idee ist neu.« Sie stützte den Kopf in die Hand und wunderte sich darüber, daß sie diesen Mann nicht gleich angriff. Vielleicht weil sie ihn mochte. Aber sie kannte sich besser und wußte, daß sie ihn deshalb nicht angriff, weil sie noch nicht sicher war, wo seine Schwäche lag. »Sagen Sie mir, Abner, wie weit erstreckt sich der gegenwärtige Besitz des Feindes?«
    »Er erstreckt sich über ein Drittel der bewohnten Planeten«, antwortete Doon.
     
    *
     
    Zuerst war Dent erschrocken, dann wurde er wütend. »Er hat es ihr gesagt! Er hat es ihr eben gesagt! Der Kanzler wird seinen Kopf fordern.«
    Nab lächelte nur. »Niemand wird seinen Kopf fordern. Ich weiß nicht, wie er es ausgeklügelt hat, aber er und dieses Mädchen Hannah – die beiden können mit der alten Kuh umgehen. Die Regel lautet: Genau sein, auch wenn man lügt.«
    »Er macht alles kaputt!«
    »Nein, Dent. Die anderen Minister haben sich selbst abgeschossen. Warum sollte er es ihnen gleichtun? Der Knirps ist schlauer, als ich dachte.«
     
    *
     
    Doon durfte eine Viertelstunde bei ihr bleiben – ein unerhörter Vorgang, wo doch gestandenen Ministern kaum je eine Audienz zugestanden wurde, die länger als zehn Minuten dauerte. Und draußen vor der Tür konnte der Kanzler nur mühsam seiner Erregung Herr werden.
    »Mr. Doon, wie ertragen Sie es nur, so unglaublich klein zu sein?«
    Damit hatte sie Doon endlich einmal auf dem falschen Fuß erwischt, und sie genoß diesen kleinen Sieg.
    »Klein?« fragte er. »Ja, das bin ich wohl. Aber das kann ich nicht selbst beeinflussen, und deshalb denke ich nicht darüber nach.«
    »Und was können Sie denn beeinflussen?«
    »Die Zuweisungsabteilung des Kolonialministeriums«, antwortete er.
    Sie lachte. »Das ist keine komplette Liste, nicht wahr, Mr. Doon?«
    Er legte den Kopf schief. »Wollen Sie darauf wirklich eine Antwort haben?«
    »O ja, Mr. Doon, das will ich.«
    »Aber ich werde Ihnen darauf keine Antwort geben Mutter. Jedenfalls nicht hier.«
    »Warum nicht?«
    »Weil zwei Männer im Kontrollraum alles hören, was wir sagen und alles aufzeichnen, was wir tun. Wenn wir keine Zuhörer haben, werde ich offen mit Ihnen reden.«
    »Ich werde ihnen befehlen, nicht zuzuhören.«
    Doon lächelte.
    »Oh, ich verstehe. Ich mag regieren, aber ich beherrsche nicht immer alles. Das meinten Sie doch. Nun, wir werden sehen. Bringen Sie mich zum Kontrollraum.«
    Doon stand auf, und sie folgte ihm, als er den Raum verließ.
     
    *
     
    »Nab! Nab, er bringt sie her! Was sollen wir tun?«
    »Ganz natürlich verhalten. Mach sie bloß nicht auf das Gerät aufmerksam.«
    Die Tür zum Kontrollraum öffnete sich, und Doon ließ Mutter eintreten. »Guten Tag, meine Herren«, sagte sie.
    »Guten Tag, Mutter. Ich heiße Nab, und dieses versteinerte Häufchen Elend ist mein Assistent Dent.«
    »Sie sind also die beiden, die dauernd zuhören und meine Anweisungen befolgen.«
    »So gut es uns möglich ist, natürlich.« Nab strahlte eitel Zuversicht aus.
    »Monitoren. Fernsehen! Wie merkwürdig!«
    »Man hat beschlossen, daß holographische Aufzeichnungen unpassend wären.«
    »Quatsch, Nab«, sagte Mutter liebenswürdig. »Hier steht doch ein solches Gerät.«
    »Nur

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