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Capitol

Capitol

Titel: Capitol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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für historische Aufzeichnungen. Niemand sieht sich das jemals an.«
    »Ich freue mich zu erfahren, wie genau ich beobachtet werde. Ich werde in Zukunft darauf achten, wie ich morgens liege.« Sie wandte sich an Doon. »Gibt es einen Ort, wo wir uns treffen können, ohne daß die Vögel uns aus den Bäumen beobachten?«
    »Der einzige Ort auf Crove«, antwortete Doon, »wo die Vögel tatsächlich in den Bäumen sitzen und einen beobachten, gehört mir.«
    Sie war ganz schockiert. »Richtige Vögel?«
    »Ja. Komplett mit dem, was sie fallenlassen. Man muß aufpassen, wohin man tritt.«
    Ihre Stimme klang rauh vor Erregung. »Führen Sie mich! Schaffen Sie mich dorthin!« Dann fuhr sie herum und redete Nab und Dent an. »Und Sie beide. Das Aufnahmegerät kommt hier weg. Sie können zuhören und beobachten, aber es darf nicht ständig aufgezeichnet werden. Haben Sie verstanden?«
    Nab stimmte höflich zu. »Das ist erledigt, bevor Sie zurückkommen.«
    Sie lächelte ihn höhnisch an. »Sie haben gar nicht die Absicht, meinen Wünschen zu entsprechen, Nab. Halten Sie mich für eine Närrin?« Und sie verließ den Raum durch die zweite Tür, die Doon ihr aufhielt.
    Als die Tür ins Schloß fiel, würgte Dent und übergab sich in einen Papierkorb. Nab schaute teilnahmslos zu. »Du hast immer noch nichts gelernt, Dent. Vor ihr braucht man keine Angst zu haben.«
    Dent schüttelte nur den Kopf und wischte sich die Lippen ab. In der Rachenhöhle und im Hals spürte er das Brennen der Magensäure.
    »Geh und hol die Techniker. Wir müssen das Aufnahmegerät woanders hinhängen. Wir lassen einfach etwas aus der Wand rausreißen, so daß die Handwerker mit Reparaturarbeiten beschäftigt sind, wenn die beiden zurückkommen. Es muß so aussehen, als hätten wir die Laser ausgebaut. Beeil dich, Junge.«
    Dent blieb an der Tür stehen. »Was wird man mit diesem Doon machen?«
    »Nichts. Mutter mag ihn. Wir werden ihn einfach benutzen, damit sie auch später glücklich ist. Der Mann ist eine Null.«
     
    *
     
    Mutter empfand deutlich, daß Doon immer vergnügter wurde, als sie (unter schwerer Bewachung) die Korridore entlanggingen, die für sie freigemacht worden waren, bis sie endlich an eine Tür gelangten, vor der Doon den Kleinen Knaben der Großen Mutter bedeutete, sich aus dem Staub zu machen.
    »Sie müssen mir schon etwas Vernünftiges vortragen, Doon«, sagte Mutter und erkannte schon an seinem Verhalten, daß es etwas Vernünftiges sein würde.
    »Es wird den Spaziergang wert sein. In Ihrer Kindheit haben Sie natürlich viel weitere Wege zurückgelegt«, sagte er.
    »Viele Kilometer«, sagte sie. »Welch wunderschöne Welt. Das hört sich schon so an, als ob man über Berg und Tal wandert. Eine Welt, in der man reist. Kilometerweit. Zeigen Sie mir den Ort, wo die Vögel in den Zweigen singen.«
    Und Doon öffnete die Tür.
    Rasch trat sie ein, ging langsamer und blieb dann stehen. Und nach einer Weile schritt sie schnell zwischen den Bäumen auf und ab und hielt nur inne, um sich ihrer Schuhe zu entledigen und ihre bloßen Zehen in das Gras und die Erde zu wühlen. Ein Vogel flatterte an ihr vorbei. Eine Brise verfing sich in ihrem Haar und wehte es fächerförmig auf. Sie lachte.
    Immer noch lachend lehnte sie sich gegen einen Baum, legte ihre Hände an die Rinde, glitt am Stamm herab und setzte sich ins Gras. Hell schien über ihr die Sonne.
    »Wie haben Sie das nur geschafft? Wie ist es Ihnen gelungen, diesen Erdenfleck zu bewahren. Ich war zwanzig, als ich das letzte Mal solchen Boden berührte. Es war in einer der wenigen Parkanlagen, die es auf Capitol noch gab!«
    »Dies ist nicht alles echt«, antwortete Doon. »Die Bäume und die Vögel sind natürlich schon echt, aber der Himmel ist ein Deckengewölbe, und die Sonne ist künstlich. Sie bräunt allerdings.«
    »Ich bekam immer Sommersprossen. Aber ich sagte mir, zur Hölle mit den Sommersprossen, ich bete nun einmal die Sonne an!«
    »Das weiß ich«, sagte Doon. »Ich erzähle jedem, daß dieser Ort dem Planeten Garden nachgestaltet ist, einem Planeten, der keine unbeschränkte Einwanderung zuläßt und auf dem es nur ein Minimum an Industrie gibt. Aber Sie wissen ja, wo wir wirklich sind.«
    »Wir sind auf Crove«, sagte sie. »Die Welt meines Großvaters! So war dieser Planet, bevor man ihn mit Metall überzog, wie mit einem riesigen Keuschheitsgürtel, der alles Leben für immer fernhält; oh, Doon, Sie können von mir kriegen, was Sie wollen, wenn ich nur bei

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