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Capitol

Capitol

Titel: Capitol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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sehen könnten! dachte er. Dann würde es innerhalb einer Stunde eine Revolution geben. Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht hielten die Leute sie wirklich für eine – wie hatte Nab sie noch genannt? – Erdenmutter, für ein Fruchtbarkeitssymbol. Wenn sie so fruchtbar war, warum hatte sie dann keine Kinder?
    Nab betrat den Kontrollraum. »Wie geht es der alten Sau?«
    »Sie träumt von Eroberung. Wie kommt es, daß sie nie Kinder hatte?«
    »Wenn du an einen Gott glaubst, dann danke ihm dafür. Wie die Dinge stehen, funktioniert alles recht gut. Die einzige Herrscherin des Universums ist eine Frau in mittleren Jahren, die wir nur alle fünf Jahre für einen Tag wecken müssen. Kein Familienstreit. Kein Erbfolgekrieg. Und niemand versucht, der Regierung Vorschriften zu machen.«
    Dent lachte.
    »Wir sollten die Musik einschalten. Wir haben noch viel zu tun.«
     
    *
     
    Die Musik setzte ein, und Mutter war sofort hellwach. Ah, ja. Es wurde Zeit. Kaiserin zu sein, bedeutete nicht nur Luxus und angenehme Erinnerungen. Es bedeutete auch Verantwortung. Es gab Arbeit, die getan werden mußte.
    Seit ich den Höhepunkt meiner Macht erreicht habe, bin ich faul, sagte sie sich. Aber ich muß dafür sorgen, daß die Räder sich weiterdrehen. Ich muß wissen was vorgeht.
    Sie stand auf und zog das schmucklose Gewand an, das sie schon immer getragen hatte.
     
    *
     
    »Will sie das wirklich tragen?«
    »Dergleichen trug sie schon, als sie noch aktiv regierte. Viele langjährige Schläfer handeln ähnlich – sie wollen tragen was ihnen seit langem vertraut ist.«
    »Aber Nab, sie sieht darin aus wie ein Relikt aus dem Pleistozän.«
    »Es macht sie glücklich. Wir wollen, daß sie glücklich ist.«
     
    *
     
    Der erste Punkt der Geschäftsordnung waren die Berichte. Die Minister mußten die Berichte persönlich vortragen, und für die seit ihrem letzten Erwachen neuernannten Minister war das Gespräch mit ihr gleichzeitig eine Eignungsprüfung. Der Flottenminister, der Armeeminister und der Friedensminister waren die ersten. Von ihnen erfuhr sie über den Krieg.
    »Mit wem«, sagte sie, »befinden wir uns im Krieg?«
    »Wir befinden uns nicht im Krieg«, sagte der Armeeminister unschuldig.
    »Ihr Budget ist verdoppelt worden, Sir, und Sie haben doppelt so viele Männer eingezogen wie gestern. Für nur fünf Jahre bedeutet das einen ganz schönen Unterschied. Und erzählen Sie mir keine Scheiße über Inflation. Wen, mein lieber Freund, bekämpfen wir denn?«
    Sie schauten einander mit kaum verhüllter Wut an. Es war der Flottenminister, der antwortete und dabei seine Verachtung für die Kollegen zu erkennen gab. »Wir wollten Sie damit nicht belästigen. Es war nur ein Grenzstreit. Vor einiger Zeit rebellierte der Gouverneur von Sedgway, und es gelang ihm, anderweitig Unterstützung zu finden. In einigen Jahren werden wir das unter Kontrolle haben.«
    Sie lächelte höhnisch. » Sie sind vielleicht ein Flottenminister. Wie kann man etwas innerhalb weniger Jahre unter Kontrolle bekommen, wenn wir, selbst mit unseren Lichtschiffen, zwanzig oder dreißig Jahre brauchen, um von hier nach dort zu gelangen?«
    Der Flottenminister wußte nichts mehr zu sagen. Der Armeeminister mischte sich ein. »Wir meinen natürlich einige Jahre nach Ankunft unserer Flotte.«
    »Nur ein Grenzkonflikt? Wieso muß dann die Armee verdoppelt werden?«
    »So sehr groß war sie ja vorher nicht.«
    »Ich eroberte – mein Gatte eroberte die ganze bekannte Galaxis mit einem Zehntel der Soldaten, die Sie haben, Sir. Wir hielten das für eine bedeutende Streitmacht. Ich denke, Sie belügen mich, meine Herren. Ich denke, Sie versuchen die Tatsache vor mir zu verheimlichen, daß dieser Krieg ernster ist, als sie anfangs glaubten.«
    Sie protestierten. Aber selbst ihre frisierten Zahlen genügten nicht, die Wahrheit vor ihr zu verbergen.
     
    *
     
    Nab lachte. »Ich habe ihnen doch gesagt, daß sie nicht lügen sollen. Die denken alle, daß sie eine Frau in mittleren Jahren, die fast immer schläft, nach Belieben zum Narren halten können, aber für sie ist die alte Kuh einfach zu schlau. Ich halte jede Wette, daß sie sie feuert.«
    »Kann sie das denn?«
    »Sie kann es, und sie tut es auch. Es ist die einzige Macht, die ihr geblieben ist, und die Narren, die glauben, daß sie ihre Berichte auch ohne meinem Rat zu folgen vortragen können, verlieren garantiert ihren Job.«
    Dent sah ihn verblüfft an. »Aber, Nab, wenn sie doch wissen, daß sie gefeuert

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