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Capitol

Capitol

Titel: Capitol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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jedem Erwachen einen Nachmittag hier verbringen darf!«
    »Ich würde mich freuen, wenn Sie kommen. Nur Sie wissen, was dies hier bedeutet.«
    »Aber Sie wollen doch etwas von mir«, sagte sie.
    Er lächelte. »Wollen Sie schwimmen?«
    »Haben Sie denn Wasser?«
    »Einen See. Kristallklares Wasser. Allerdings ein wenig kühl.«
    »Wo!«
    Er führte sie ans Wasser, und ohne zu zögern entledigte sie sich ihrer Kleidung und tauchte hinein. Doon folgte ihr bis in die Mitte des Sees, wo sie sich auf dem Rücken treiben ließ und einer Wolke nachschaute, die an der Sonne vorbeizog.
    »Ich muß gestorben sein«, sagte sie. »Dies muß der Himmel sein.«
    »Sind Sie gläubig?« fragte Doon.
    »Ich glaube nur an mich selbst. Wir schaffen unsere eigenen Himmel. Und ich sehe, Doon, daß Sie einen guten geschaffen haben. Wissen Sie, Doon, Sie sind der erste Mann, mit dem ich heute gesprochen habe, der kein kompletter Esel ist.«
    »Ich erhebe keinen Anspruch darauf, meinen Vorgesetzten überlegen zu sein.«
    Sie kicherte und wedelte mit den Händen, um sich langsam im Wasser vorwärts zu bewegen. Auch Doon ließ sich auf dem Rücken treiben, und jeder hörte die Worte des anderen durch das Rauschen des Wassers.
    »Jetzt die ganze Liste, Mr. Doon«, sagte sie. »Nennen Sie mir alles, was von Ihnen kontrolliert wird.«
    »Wie ich schon sagte«, meinte er. »Ein Teil des Kolonialministeriums.«
    »Und?«
    »Ich kontrolliere auch das übrige Ministerium. Und die anderen Ministerien.«
    »Alle?« fragte sie.
    »Auf diese oder jene Weise. Allerdings weiß das niemand. Es sind meine Leute, die die Leute im Griff haben, die die Ministerien leiten. Ich selbst gebe mich nicht mit dem täglichen Kleinkram ab.«
    »Vernünftig von Ihnen. Sollen sie doch denken, daß sie unabhängig sind. Und?«
    »Und?«
    »Der Rest der Liste?«
    »Das ist die ganze Liste. Alle Ministerien. Und die Ministerien kontrollieren alles andere.«
    »Nicht alles. Nicht Somec«, sagte sie.
    »Ach ja. Die unabhängige, unangreifbare Agentur. Nur Mutter kann die Regeln für den Schlafsaal festlegen.«
    »Aber den kontrollieren Sie doch auch, nicht wahr?«
    »Den mußte ich tatsächlich gleich zu Anfang übernehmen. So konnte ich bestimmen, wer wann aufwachte. Sehr nützlich. Dadurch kann ich die Leute loswerden, die mir im Wege stehen. Wenn sie schwach sind, lasse ich ihnen einfach seltener Somec verabreichen, und sie sterben dann bald aus. Wenn sie stark sind, lasse ich sie für längere Zeiträume unter Somec. Dann sind sie nicht oft genug wach, um mich ernsthaft zu belästigen.«
    »Sie herrschen also praktisch über das ganze Reich?«
    »Das stimmt«, antwortete Doon.
    »Haben Sie mich hierhergebracht, um mich zu töten?«
    Doon warf sich herum, trat Wasser und sah sie entgeistert an. »Das glauben Sie doch nicht im Ernst?« fragte er. »Das würde ich nie tun, Mutter, niemals. Dazu bewundere ich Sie viel zu sehr. Ich habe mein Leben nach Ihrem Vorbild gestaltet. Wie Sie zum Beispiel von Anfang an Ihr Reich unter Kontrolle hatten, und jeder glaubte, es sei Ihr Mann Selvock, der arme Hengst.«
    »Aber für die Zucht nicht geeignet«, sagte Mutter nachdenklich. »Er hatte mit keiner auch nur ein einziges Kind.«
    »Nein, Mutter. Sie sind allerdings der einzige Mensch auf der Welt, der sich mir in den Weg stellen könnte. Und ich wußte, daß Sie früher oder später erkennen würden, wer ich bin und was ich treibe. Ich habe mich auf diese Begegnung gefreut.«
    »Wirklich? Ich nicht.«
    »Nein?« Doon schwamm jetzt im Kraulstil, und bald hatte er das Ufer erreicht. Wenig später folgte ihm Mutter und fand ihn im Grase liegen.
    »Sie haben recht«, sagte sie. »Auch ich habe mich auf diese Begegnung gefreut. Die Begegnung mit dem Dieb, der mir alles nehmen will.«
    »Keine Spur«, sagte Doon. »Ich bin kein Dieb. Nur Ihr Erbe.«
    »Ich habe vor, ewig zu leben«, sagte sie.
    »Und, wenn es nach mir geht, werden Sie das auch.«
    »Aber Sie wollen nicht nur mein Reich besitzen, Doon. Sie wollen nicht nur erben.«
    »Nennen Sie es ein Sprungbrett. Wenn Sie dies Reich nicht aufgebaut hätten, hätte ich es tun müssen. Aber da es schon besteht, werde ich es zerstören und aus seinen Bestandteilen etwas Besseres errichten.«
    »Etwas noch Besseres?« fragte sie.
    »Spüren Sie nicht den Verwesungsgeruch? Nichts auf diesem Planeten lebt. Nicht die Leute. Nicht die Atmosphäre, nicht der Fels, nichts, alles ist tot, alles stagniert. Ich werde ihm wieder Leben

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