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Capitol

Capitol

Titel: Capitol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Gerät, mit dem ich diese Messungen durchführen kann. Und ein solches Gerät gibt es nicht.«
    »Wenn Sie Geräte bauen wollen, sollten Sie vielleicht ein anderes Fach studieren. Gehen Sie doch an eine technische Hochschule.«
    Und Stipock lachte. Es war ein entnervendes Lachen, und Whickit war beleidigt. »Dr. Whickit«, sagte Garol, »wenn Sie wirklich glauben, daß Physik eine mathematische Disziplin ist, warum bestehen Sie dann darauf, Daten zu verwenden, die mit Hilfe von Teleskopen und Teilchenbeschleunigern gewonnen wurden? Es ist doch nicht die Tatsache, daß ich mit Geräten arbeite, die sie stört, nicht wahr? Es ärgert Sie, daß ich Fragen stellen kann, die nicht beantwortet werden können, weil die dazu nötigen Geräte fehlen – und daß ich es wage, diese Geräte selbst zu bauen. Wenn ich unwissenschaftlich genug wäre, Psychologe zu sein, würde ich annehmen, daß Sie neidisch sind und sich bedroht fühlen. Und da ich mein Gerät schon gebaut habe und es ausgezeichnet funktioniert, wäre es mir ein Vergnügen, wenn Sie mich der Universität verweisen. Dann würde ich einfach nach Sektor H-88 gehen, meine Arbeit veröffentlichen und die Maschinen patentieren lassen.«
    Whickit war wütend; er brüllte, er ärgerte sich, er schmiedete Komplotte, er intrigierte. Aber Stipock hatte schon gewonnen. Seine Geräte leisteten das, wofür er sie konstruiert hatte. Und schon bald erkannte Whickit, daß die Verwaltung jederzeit zwanzig Whickits gegen einen Stipock eintauschen würde.
    Und man bot Stipock Somec an.
    »Wir müssen Sie am Leben erhalten«, sagten die Leute vom Schlafraum. »Sie sind einer der zehn oder zwanzig besten Köpfe des Jahrhunderts. Wir müssen Sie Hunderte von Jahren leben lassen, damit Sie die Fragen lösen helfen können, die sich dann stellen.«
    Stipock lehnte ab. »Ich arbeite an mehreren Projekten, die außer mir niemand zu Ende führen kann, und wenn sie es könnten, wäre es mir nicht recht. Wenden Sie sich wieder an mich, wenn die Projekte abgeschlossen sind.«
    Die Leute vom Schlafraum waren es nicht gewöhnt, daß man sie abwies, aber seine Gründe klangen plausibel, und er war erst fünfzehn. Sie warteten also.
    Aber Garols eigentliche Gründe waren nicht die, die er angegeben hatte.
    »Mutter«, sagte er. »Vater. Man hat mir Somec angeboten.«
    Er beobachtete seine Eltern aufmerksam. Somec war auf Capitol die Sünde aller Sünden. Amblick und die anderen Propheten hatten es als Zerstörer der Seelen und Stifter von Haß verdammt. Somec stiehlt Leben hatte es geheißen. Garol war Wissenschaftler genug, um zu wissen, daß es Gott nicht geben konnte. Er kannte genug vom Leben, um zu wissen, daß niemand an Gott glaubte und nur wenige sich daran erinnerten, daß er je in den Herzen der Menschen gelebt hatte. Aber all dieses Wissen hatte den Strukturen seiner Kindheit nichts anhaben können: Vergnügen am Sex war immer noch undenkbar, Somec war immer noch eine Sünde.
    Und deshalb beobachtete er seine Eltern, um zu sehen, ob sie dem alten Glauben noch in gewissem Maße anhingen.
    »Somec?« fragte sein Vater. »Welche Ebene?«
    »Sieben Jahre Schlaf, eins wach.«
    »Das ist hoch«, sagte seine Mutter.
    Sein Vater sah seine Mutter kurz an und fragte dann ein wenig unbeholfen: »Garol, ich habe gehört, daß jemand auf hoher Somec-Ebene mehrere Familienmitglieder bestimmen darf, die auf der gleichen Ebene Somec nehmen, damit sein Leben nicht zu sehr durcheinandergebracht wird.«
    »Ja«, sagte seine Mutter. »Und wir sind die einzigen Familienangehörigen, die du hast.«
    Beider Augen hellten sich auf vor Hoffnung, und Garol merkte, daß die letzten Reste von Religion in ihm zusammenbrachen. Er war wütend und gekränkt und fühlte sich verraten. Aber er sagte nur: »Natürlich. Ich werde erst in ein paar Jahren Somec nehmen, aber ihr könnt mitkommen.«
    »Ein paar Jahre?« fragte seine Mutter. »Warum?«
    »Ich habe zu tun.«
    Sein Vater hustete und schien ein wenig fassungslos. »Das ist dein gutes Recht, vermute ich. Aber, vergiß nicht, Garol, während du noch jung bist, werden wir langsam älter.«
    Garol vermied es, seine Verachtung zu zeigen. Am nächsten Tag ging er zum Schlafraum und kündigte an, daß er in drei Jahren Somec nehmen wolle, seine Eltern jedoch sofort Somec bekommen sollten.
    »Aber Mr. Stipock«, sagte der Mann im Schlafraum. »Sie dürfen Somec nur auf der gleichen Ebene wie Sie nehmen. Wenn sie es heute bekommen, Sie selbst dagegen erst in drei Jahren,

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