Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Capitol

Capitol

Titel: Capitol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
nicht vom Feuer des Lebens erfaßt wie bei Amblicks Worten. Aber zuletzt gab es bei den Versammlungen nichts mehr zu sagen, und es war auch kein Geld mehr vorhanden. Wenn Gläubige ihren Glauben verlieren, weiß es die Geldbörse früher als Herz und Verstand.
    Amblicks Kirche der Unsterblichen Stimme starb vier Jahre nach ihm. Und Garol Stipock, der zu der Zeit elf war, wußte nicht einmal, daß sie noch so lange gelebt hatte.
    Ohne den Rückhalt in der Gemeinde arrangierten sich Carols Eltern mit Capitol; der lange Krieg war vorbei. Zuerst wurde beschlossen, Garol in die Schule zu schicken. Er war acht Jahre alt, als er anfing, aber er lernte so schnell, daß er nach sechs Monaten die Kinder seines Alters eingeholt hatte, und als er zehn war, studierte er Material, das intelligenten Vierzehnjährigen Schwierigkeiten machte.
    Seine Eltern schlossen auch andere Kompromisse. Den ersten Kompromiß gab es ganz privat im eigenen Schlafzimmer, als sie anfingen, die Medizin zu nehmen, die es gestattete, Sex nicht nur zur Fortpflanzung zu benutzen. Der nächste Kompromiß war der Umzug in einen anderen Sektor, wo sie fremd waren, und sie begannen, Partys zu besuchen und Freunde zu sich einzuladen, und Garols Vater schloß sich sogar einer Gruppe von Spielwütigen an, und Garols Mutter entwickelte sich zu einer Art Feinschmeckerköchin. Sie glaubten, Garol sei zu jung, es zu bemerken. Aber es entging ihm nicht, und obwohl es nicht in seiner Natur lag, sich darüber zu äußern, war er über die Abtrünnigkeit seiner Eltern doch zutiefst erschüttert.
    Zuerst glaubte er, seine Eltern hätten ihren Glauben verraten und schwankte zwischen Haß wegen ihrer Untreue und der Angst, Gott würde sie zermalmen.
    Aber Gott zermalmte sie nicht, und nach einigen Jahren entdeckte Garol, daß seine Eltern immer noch anständige und nette Leute waren, und um diese Zeit entdeckte Garol auch die Wissenschaft.
    Zuerst beschäftigte er sich mit Geologie, wobei er Bilder von Felsen betrachtete. Er hatte in seinem ganzen Leben noch keinen Felsen gesehen. Für ihn war sogar Granit ein Edelstein, und liebevoll beschäftigte er sich mit den verschiedenen Exemplaren aus der Steinsammlung der Schule, als ob er schon durch ihre Berührung begreifen könnte, was einen Planeten ausmacht und warum er lebt.
    Dann war es Biologie, die endlose Vielfalt von Pflanzen und Tieren, die zusammenwirkten, um einen riesigen lebenden Organismus über den ganzen Planeten zu spannen. Es rührte eher seinen Schönheitssinn, als daß es seine wissenschaftliche Neugier erregte – in der Biologie gab es ohnehin kaum noch Geheimnisse, und Garol studierte sie nur so lange, bis er wußte, wie sie funktionierte.
    Und dann fand er das Gebiet, auf dem es noch etwas zu entdecken gab: die Physik. Und obwohl er auf einem Planeten eingepfercht war, wo nichts wuchs, das nicht zum Wachsen gezwungen wurde, und wo die Natur vollständig besiegt war, leistete er Pionierarbeit für die Kolonialschiffe. Es mußte doch möglich sein, noch bevor ein Schiff auf einem Planeten landete, genau festzustellen, welche Mineralien es dort gab und wo sie sich befanden; die genaue Beschaffenheit der dortigen Fauna, und welche Tiere man gefahrlos für Nahrungszwecke töten konnte; welche klimatischen Bedingungen dort herrschten. Sein Ziel war es, Methoden zu ersinnen, mit denen ein Schiff von einer Umlaufbahn aus alles ermitteln konnte, was die Kolonisten vor der Landung wissen mußten – damit man den günstigsten Landeplatz wählen und alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen treffen konnte. Er war Elektriker – er kannte die Fragestellungen auf anderen Gebieten, die nur von der Physik gelöst werden konnten.
    Er war fünfzehn und Universitätsabsolvent als er sich ernsthaft an die Arbeit machte. Seine Professoren machten sich ein wenig Sorgen über einen so jungen Studenten, und ihre Sorge verwandelte sich in Wut, als sie entdeckten, daß er ausgerechnet Maschinen konstruierte.
    »Mr. Stipock«, sagte der Dekan zu dem jungen Mann, der ruhig zuhörte und den das Ganze offenbar nicht im geringsten interessierte, »wir machen uns Sorgen, weil Sie Ihre Zeit mit Spielereien verschwenden.«
    Garol sah ihn überrascht an. »Nicht Spielereien«, sagte er. »Werkzeuge.«
    »Physik ist eine theoretische Wissenschaft, mathematischer Umgang mit dem Universum, Mr. Stipock. Kein Gebiet für Zauberkästen.«
    »Aber Dr. Whickit«, protestierte Garol, »ich muß minimale Strahlungsmengen messen. Also brauche ich ein

Weitere Kostenlose Bücher