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Cappuccino fatale

Cappuccino fatale

Titel: Cappuccino fatale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Corda
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all diese Dinge
zusammen mit unserem Großhändler Pienzo diskutieren, der den Vertrieb über
Kampaniens Grenzen hinaus für uns steuert. Was meinst du dazu, Paolo?«
    »Nun ja …«, Paolo zögert etwas, »auch ich finde, dass viele gute
Vorschläge dabei sind. Da kommt viel Arbeit auf uns zu, Pienzo davon zu
überzeugen, dass er seine Vorgehensweise überarbeitet, und ihm ins Handwerk
reinzureden. Schließlich wollen wir bei ihm gelistet bleiben«, fügt er hinzu. »Den internationalen Vertrieb schaffe ich mit meinem
Team nicht ohne einen starken Partner.«
    »Keine Sorge, mein Freund«, Sergio lacht und tätschelt Paolo die
Schulter, »niemand erwartet von dir, dass du innerhalb kürzester Zeit unseren
gesamten Vertrieb auf den Kopf stellst. Nun bring erst mal in Ruhe dein
wichtigstes Projekt über die Bühne, dann kannst du dich ja wieder Napolone
zuwenden«, zieht er ihn augenzwinkernd auf.
    Welches wichtigste Projekt?
    Alle Augen ruhen neugierig auf Sergio. Auch Paolo blickt auf und
schaut Sergio mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an.
    »Mein bester Freund und Kollege Paolo, wenn ich mir diesen privaten
Exkurs erlauben darf«, beeilt sich Conti fortzuführen, die Hand immer noch auf
Paolos Schulter, »kann sich in der nächsten Zeit nicht allzu intensiv um eine
neue Vertriebsstruktur kümmern, da er etwas anderes vorzubereiten hat, nicht
wahr, Paolo?« Conti lächelt wieder geheimnisvoll.
    Erwartungsvolles Schweigen. Paolo presst die Lippen aufeinander.
    »Unser Herr Rossi wird nämlich in wenigen Monaten … heiraten .«
    In mir tut sich eine ohrenbetäubende Stille auf. Mir ist, als hätte
ich einen donnernden Schlag auf den Kopf bekommen. Alles in meinem Hirn
rauscht. So laut, dass ich nichts mehr hören kann und alles um mich herum ganz
ruhig wird. Wie durch eine Wand nehme ich den fröhlichen Beifall Luigis und
Stefanos wahr, Lidias verhaltenes Glückwunsch-Zwinkern und Maria, die keine
Miene verzieht. Mein Herz schlägt so heftig, dass ich glaube, jeder im Raum
müsste es hören. Ich versuche ruhig zu atmen, um nicht ohnmächtig vom Stuhl zu
kippen, und spüre Paolos brennenden Blick auf mir, der mich zwischen dem
Händeschütteln und den »Auguri« -Rufen meiner Kollegen
immer wieder anstarrt.
    Irgendwann wird es wieder ruhiger und Luigi versucht mit einem
rhetorischen Bogen von den privaten zu den beruflichen Projekten den
Vertriebsfaden wieder aufzunehmen.
    Ich erhebe mich stumm und verlasse den Raum.
    Irgendwie schaffe ich es bis zum WC ,
wo ich die Tür hinter mir zuziehe und mich dann an der Wand neben den
Heizkörper sinken lasse. Ich spüre gar nichts mehr. Ich weiß nicht mal, was ich
denken soll. Merke nur, dass mir die warme Heizung an meinem zitternden Körper
guttut. Ich lehne den Kopf gegen den Drehknauf der Heizung und warte, dass ein
paar Tränen kommen. Aber nichts passiert.
    Ich weiß nicht, wie lange ich so dagesessen habe.
Irgendwann klopft es. Es ist Lidia, die die Chance einer Zigarettenpause
genutzt hat, um mich zu suchen.
    »Nina, es gibt keine Worte für das, was hier gerade passiert«, sie
schüttelt mich an der Schulter, »aber du musst zurück
ins Meeting kommen. Du musst jetzt durchhalten und dich wieder blicken lassen. Noch könnten alle denken, du hast etwas länger auf der
Toilette gebraucht, noch ist keinem etwas aufgefallen … außer dem glücklich
Verlobten vielleicht«, fügt sie verächtlich schnaubend hinzu.
    Sie packt mich und zieht mich aus dem WC hinaus. Eine Kollegin kommt in den Waschraum und mustert uns neugierig, während
Lidia mich an der Hand hinter sich herschleift.
    Irgendwie überstehe ich tatsächlich schweigend und schwer atmend die
letzte Stunde unseres Meetings. Die Fingernägel bohre ich die ganze Zeit über
in die Handflächen, aber es tut nicht weh. Ich spüre gar nichts.
    Als sich die Gruppe endlich anschickt, vom Tisch aufzustehen, um mit
den üblichen Vereinbarungen über die nächsten Termine bis hin zum Smalltalk
über das Wetter in Mailand und Neapel das Treffen zu beenden, schleiche ich
grußlos aus dem Raum in mein Büro. Zum Glück ist Simona bereits frühzeitig in
die Pause gegangen, anstatt mich mit neugierigen Blicken zu bedrängen. Ich
fahre meinen Rechner runter, packe Tasche und Mantel und verlasse die Agentur.
    Draußen herrscht ein leichter Nieselregen, der mir mein erhitztes
Gesicht kühlt und mir guttut. Ich muss ein paar Minuten warten, bis ein freies
Taxi vorbeifährt, dessen Fahrer mich wahrnimmt und Lust hat, mich

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