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Cappuccino fatale

Cappuccino fatale

Titel: Cappuccino fatale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Corda
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scheinen.
    »Na ja«, Paolo richtet sich auf und reibt die Hände aneinander, »nun
ist es eben so. Ich habe mich von Cristina getrennt und kann essen gehen, mit
wem ich will«, sagt er in einem trotzigen Ton, als wollte er sich selbst von
diesem Recht überzeugen. »Offenbar wollen die beiden meinem ehemaligen
Schwiegervater Monettis Vertriebsstrategie ans Herz legen.«
    »Ohne dich ?«, frage ich fassungslos. »Du
bist immerhin der Vertriebschef für Napolone.«
    »Ja, aber ich habe mich gerade von der Tochter unseres Großhändlers
getrennt«, gibt Paolo ruhig zurück. »Da bin ich vielleicht heute nicht der
richtige Sparringspartner für solche Ideen.«
    Er gibt dem Kellner einen Wink, die Rechnung zu bringen.
    »Komm, bella «, er nimmt seine Serviette
vom Schoß, legt sie neben seinen noch halb vollen Teller mit dem Hauptgang und
zwinkert mir zu, »wir lassen uns von denen nicht aufhalten. Den Absacker nehmen
wir woanders.«
    Später stehe ich in meinem Hotelzimmer im Bad, wische mir
das Make-up aus dem Gesicht und denke über den Abend nach. Was für ein Pech,
ausgerechnet bei einem so wichtigen Friedensabendessen von meinem Chef entdeckt
worden zu sein. Aber meine Güte: Ich erledige meinen Job mehr als gut und mein
Privatleben ist meine Sache.
    Paolo schien das ähnlich zu sehen, jedenfalls erholte er sich bald
von seinem ersten Schreck, nachdem wir das Restaurant verlassen hatten. Es
wurde dann ein richtig schöner, geradezu ausgelassener Abend mit ihm.
    Auf die Nacht allein im Hotel habe ich bestanden. Es wäre nicht gut
gewesen, wenn ich derart beschwipst mit zu ihm nach Hause gefahren wäre. Oder
wenn ich ihn mit auf mein Zimmer genommen hätte, je nachdem. Zwar hat es in
seinem Auto vor dem Hoteleingang kurze Zeit so ausgesehen, als würden meine
Pläne leidenschaftlich durchkreuzt, aber irgendwie ist es mir gelungen, alleine
hier oben anzukommen. Ich brauche zumindest ein paar Stunden oder eine Nacht,
um über alles nachdenken zu können. Auch wenn ich jetzt erst mal eiskalt
duschen muss, um wieder zu klarem Verstand zu kommen.

27.
    Wie verabredet fahre ich am nächsten Morgen mit dem Taxi
zu Paolos Wohnung. Er hat mir versprochen, ein üppiges deutsches Frühstück für
mich zuzubereiten, wie er es bei seinen Geschäftsreisen nach Deutschland
fassungslos zur Kenntnis genommen hat. Für Italiener ist es absolut
unverständlich, welche unsüße Massen wir Nordeuropäer morgens verdrücken
können. Im Stiefelland dagegen bekommen sie gerade eben ein Hörnchen herunter,
das mit derart süßen Cremes und Pasten gefüllt ist, dass man meinen könnte, vor
Zucker quietschen zu müssen.
    Wie schon bei meinem ersten Besuch in Neapel kommt für mich die
Taxifahrt vom Zentrum der Stadt, wo mein Hotel liegt, in das feine Posillipo im
Westen einem Wechsel in eine andere Welt gleich: Man biegt um eine Straßenecke
und das eben noch quirlige Stadtzentrum mit seinen dunklen, bald beängstigenden
Gassen, wühligen Marktständen und finsteren Passanten weicht plötzlich offenen,
geradezu prachtvollen Straßen mit gepflegten Wohnhäusern, Anlagen und der an
Ferien erinnernden Atmosphäre am Meer.
    »Machen Sie Urlaub hier bei uns in Napoli, junge Frau?«, spricht mich der gutgelaunte Taxifahrer an, dessen süditalienischen
Akzent ich kaum verstehe. Neugierig beäugt er mich im Rückspiegel auf der
Rückbank.
    »So ungefähr«, gebe ich zurück, »ich besuche … Verwandte«, beeile
ich mich zu sagen.
    »Sie haben Familie in Napoli?«, fragt er weiter.
    »Hm, ja. Na ja, angeheiratet«, sage ich.
    Schön, diese Vorstellung, denke ich.
    »Ah, ho capito, verstanden.« Der
Taxifahrer seufzt. »Ich habe auch Verwandte in Deutschland. Dort leben viele
Italiener. Man verdient da besser. Però, aber«, er
schüttelt bekümmert den Kopf, »das Wetter ist einfach zu schlecht da oben,
wissen Sie. Manca il sole! Die Sonne fehlt!«, ruft
er, formt die rechte Hand zur Artischocke und schüttelt sie in meine Richtung,
um auszudrücken, wie kompliziert ihm die Wetterlage im Norden erscheint.
    Ich überlege kurz, ob ich ihm eine Diskussion über Lebensqualität,
Sicherheit und saubere Städte aufzwingen soll, beschließe dann aber, dass er
das vermutlich als so unangenehm deutsch empfinden wird wie einen Hamburger
Regenschauer im Hochsommer.
    »Ja, das Wetter ist wirklich schön hier bei euch«, lenke ich dann
jedoch ein und blicke Richtung Meer.
    Heute ist ein wunderbar milder Tag, die Sonne scheint und wird hin
und wieder von ein paar

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