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Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
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die Muscheln und Steine, die kalten Felsen und ertrunkenen Tannennadeln.
    Ich lag in meinem Brunnen. Der Quelle, dem Wasser, dem Brunnen. Im Wald. Ich war acht Jahre alt und ich hatte gesehen, wie mein Vater verbrannte.
    Eine gefühlte Ewigkeit lang schwebte ich in einem Zustand, aus dem weder Erwachen noch Einschlafen hinausführten. Es gab lediglich einen scharfen Schmerz, der durch meinen Körper und meine Gedanken riss wie eine Säge durch einen Baumstamm. Meine Lider waren verklebt, ob von Tränen oder Blut, wusste ich nicht. Es tat weh, sie zu öffnen.
    In der Schwärze vor mir waberte ein Licht. Es sprang und flackerte hin und her wie eine unruhige Kerzenflamme. Ich wollte eine Hand danach ausstrecken, aber ich konnte meine Gliedmaßen nicht finden. Doch ich fand meine Lippen, meine Zunge. Rissig und wund. Mein erster Versuch zu sprechen war kaum mehr als ein schmerzhaftes Ausatmen. Ich schloss die Augen und als ich sie wieder öffnete war das Licht noch da. Es war näher gekommen.
    Ich sammelte meine Kräfte und schaffte es, die Lippen zu benetzen. „Wer ... bist …?“
    Das Licht flackerte und hüpfe näher heran. Ich wollte auf keinen Fall, dass es wieder fortging. Ich wollte, dass es näher kam, zu mir, und mir meine Schmerzen nahm.
    Aus einem winzigen Fenster unter der Decke strömte graues Licht in unsere Zelle. Das warme Licht rückte auf diesen Strahl zu. Ich sah einen weißen Stumpf, die Kerzen. Umfasst von langgliedrigen Fingern und dahinter ein bärtiges Gesicht. Es war Marmon selbst, der mich in seinem Kerker besuchte.
    Wut und Angst vermischten sich zu einem dröhnenden Brausen. Ich schlotterte. Mühsam versuchte ich mich hochzustemmen.
    Marmons Gesicht, das freundliche Gesicht des alten Mannes mit dem weißen Bart und den braunen Augen, flackerte hinter dem Kerzenschein. „Ich habe meine Meinung geändert“, sagte er leise. „Ihr könnt gehen. Du sollst mir noch von Nutzen sein.“ Damit ließ er ein schwarzes Bündel fallen.
    Ungläubig starrte ich zu dem Erschaffer hoch.
    Er starrte zurück. „Es ist Nacht.“ Ein grausames Lächeln entstellte seine Züge. „Verschwindet!“, spuckte er aus und drehte sich um. Die Türen des Verlieses quietschten, fielen dröhnend zurück ins Schloss und dann war auch das tanzende Licht verschwunden.
    Meine Augen fuhren zurück zu dem Bündel, das Marmon vor mir abgeladen hatte. Kraftlos, wie ich war, konnte ich es zuerst nur anstarren, dort auf dem kalten Stein, im grauen Licht. In meinem Rücken regte sich etwas.
    Erschrocken zog ich die Luft ein. Auf einmal spürte ich meinen Körper wieder. Ich rappelte mich auf und rutschte von dem schwarzen Klumpen weg, der –
    Mein Entsetzen war so absolut, dass ich mich für die Dauer mehrerer Herzschläge nicht regen konnte. „Arun!“ Meine Stimme war eine Wolke feuchten Atems vor meinem Gesicht. Vorsichtig streckte ich eine Hand nach dem zerschundenen Körper des Varuh aus, wagte jedoch nicht, ihn zu berühren. Er lag so vollkommen reglos da, dass ich zu große Angst hatte, kalte, leblose Haut unter meinen Fingern zu spüren. Ich hatte gehofft, die Nacht würde ihn heilen, doch das war nicht geschehen.
    Tränen sammelten sich in meiner Kehle, doch mit ihnen kam noch etwas, das ich lange vermisst hatte. Mein Zorn. Die Wut über meine verzweifelte Lage, über das, was die Lichtträger und Marmon ihm und mir angetan hatten, über ihre Grausamkeit, die sie aufgrund ihrer überlegenen Stellung straflos ausleben konnten.
    Ich drehte mich zur verriegelten Tür um und meine Augen fielen auf das schwarze Bündel, das Marmon dort abgeladen hatte. War es eine Falle? Wollte er mich nur Glauben machen, dass es einen Ausweg gab, nur um diese Hoffnung dann zu zerstören? Ächzend streckte ich eine Hand danach aus. Sobald meine Finger das Material berührten, wusste ich, was ich in den Händen hielt. Aruns Umhang!
    Ich riss das samtene Material an mich und breitete es so schnell ich konnte über den verwundeten Dämon aus. Er lag auf dem Bauch, einen Arm in einem unmöglichen Winkel von sich gestreckt, die Haut mit getrocknetem Blut verkrustet. Es sah aus, als habe ihn jemand auf dem Boden zerschmettert. Sein Gesicht war blutbedeckt und so fahl wie das einer Leiche.
    Ich ignorierte seinen hoffnungslosen Zustand so gut ich konnte und konzentrierte mich darauf, ihn komplett mit dem Umhang zu bedecken. Als ich mit dem Handrücken aus Versehen seine Schulter streifte, keuchte ich eschrocken auf. Kalt wie der Tod.
    Meine

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