Caras Gabe
Innen- und Außenseite meiner rechten Hand leuchtete eine zackige Narbe. Meine Finger zuckten bei der Erinnerung an die Schmerzen.
„Meinst du, Sowanje hat etwas dagegen, wenn ich ihn mir ausleihe?“, fragte ich Arun, während ich weiterhin die rostige Klinge betrachtete.
Der Dämon war aufgestanden und trat lautlos hinter mich. Seine Hand fuhr Zentimeter über dem Dolch über Heft und Klinge. „Nein“, sagte er leise und jagte mir einen Schauer über den Rücken. Seine andere Hand kam auf meiner Schulter zum Liegen und kurz darauf umfing mich die vertraute Dunkelheit.
Schatten entfalteten sich vor meinen Augen und nahmen Gestalt an. Sie wurden zu einer Sesselgruppe, einem schweren Schrank und einem enormen Bett, das von samtenen Vorhängen verdeckt war. Meine Füße ruhten auf weichem Untergrund und so konnte ich mich lautlos an das verhangene Bett heranschleichen.
Ein Blick über die Schulter enthüllte Arun, der als schwarzer Schemen im nächtlichen Gemach zu schweben schien. Er nickte in Richtung des Bettes. Ich fasste den Dolch fester und pirschte mich näher heran.
Mit einer Hand hob ich den Vorhang unendlich langsam beiseite. Dahinter kam das schlummernde Gesicht des Fürsten zum Vorschein. Halb vergraben von seinem Haar, flauschigen Kissen und Decken. Ein kleiner Speichelfaden hing aus seinem Mundwinkel und tropfe auf eines der Kissen.
Der Atem des Fürsten ging tief und regelmäßig und jedes Mal, wenn er ihn ausstieß, flog ein Zipfel seines Schnauzers hoch. Ich legte den Kopf schräg und betrachtete ihn genauer. Wenn er nicht so aufgeblasen guckte, wirkte er beinahe freundlich.
Aruns Hand legte sich von hinten um meine Hüfte. Er gab mir einen kaum merklichen Schubs. Ich stieß ihm meinen Ellbogen sanft aber bestimmt in die Seite, um mir ein wenig Luft zu verschaffen. Vorsichtig und unendlich langsam schob ich eine Hand zum Haaransatz den Fürsten und näherte den Dolch seiner Kehle.
Bilder von Arun in den Fängen der Lichtträger prasselten auf mich ein. Ich wollte, dass Starken aufwachte und seinem vermeintlichen Tod ins Auge sah.
Einmal nickte ich kurz, um Arun vorzuwarnen, dann packte ich zu.
Der Fürst schreckte auf, stieß einen spitzen Schrei aus. Ich riss seinen Kopf an den Haaren zurück und presste ihm den Dolch an die Kehle.
„Still“, zischte ich und bog seinen Kopf zurück. Er war stark, doch ich war wütend.
Wie flüssige Nacht strömte Arun über mich hinweg und hielt den Fürsten ans Bett gefesselt. Man sah nichts als Finsternis, wo der Dämon auf seiner Brust hockte. Es war höchst beeindruckend und furchteinflößend, wenn man dem Ausdruck in den Augen des Fürsten glauben durfte.
„Erkennt Ihr mich wieder, mein Fürst?“, fragte ich, wobei der Dolch seine verwundbare Haut aufritzte.
Starken hatte mittlerweile seinen Schrecken überwunden. Verwirrung war Wut und Erkennen gewichen. Er hörte auf, sich zu wehren.
„Ich habe geahnt“, spuckte er mir entgegen, „dass du eine Meuchlerin bist. Wer schickt dich? Für wen arbeitest du?“
Ich musste mich beherrschen, den Dolch nicht noch tiefer in seine Haut schneiden zu lassen. Stattdessen lächelte ich. „Aber mein Fürst“, entgegnete ich lieblich. „Ihr habt mich zu dieser Tat gebracht. Euer hübscher Wein hat mir die Idee gegeben und seine schmerzhaften Folgen die Entschlossenheit.“
Starken schnaubte verächtlich, wobei sein Schnauzer aufflog. Er schielte an der Klinge vorbei auf seine Brust. „Du bist mit einem Dämon im Bunde.“
Ich lachte. „Und Ihr mit einem Engel, der nichts als seine eigenen Ziele verfolgt.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Sieht aus, als hätten wir unsere Verbündeten bereits gewählt. Nun lasst uns nur noch entscheiden, ob wir einander dennoch trauen wollen, oder …“ Langsam ließ ich die Klinge an seiner Haut entlangwandern. „Wisst Ihr Starken, eigentlich stehen wir auf der gleichen Seite.“
Der Fürst sah mich verständnislos an.
Ich tat überrascht. „Na, wir wollen Marmon und seine Lichtträger vernichten. Nur im Gegensatz zu Euch verfolge ich keine weltlichen, machtpolitischen Ziele.“ Einer spontanen Eingebung folgend legte ich den Kopf schräg und sprach in verschwörerischem Ton weiter. „Ich nehme an, Lurian hat Euch versichert, er könne Marmon herausfordern und ihn besiegen.“ Der ertappte Ausdruck in den Augen des Fürsten war wie Honig auf meiner Zunge. „Seid Euch gewiss, dass das eine Lüge ist“, wisperte ich. „Nur ich kann dem Erschaffer der
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