Caras Gabe
Grautönen, als Arun etwas in der Ferne entdeckte. „Wir können nicht sicher sein“, sagte er. „Nimm meine Hand.“
Sobald ich seine Finger umschlossen hatte, spürte ich den mittlerweile vertrauten Schwindel. Als die Dunkelheit abebbte, standen wir vor einem Wald. Keiner der Bäume trug mehr Blätter, doch sie wuchsen so verkrümmt und geduckt beieinander, dass ihre verwobenen Zweige ein beinahe undurchdringliches Dach bildeten. Es würde schwer werden, zwischen diesen engstehenden Stämmen hindurchzukommen.
„Das ist der Wald“, flüsterte Arun.
Ich machte einen Schritt auf die verknoteten Äste zu. „Sollen wir …?“ Eine Gänsehaut überkam mich und ich hielt inne. Dieser Wald war mir nicht geheuer.
Arun zögerte. „Wir werden warten.“ Er sah prüfend zum Horizont. Die ersten Sterne verblassten bereits im nahenden Licht. „Ich will im Vollbesitz meiner Kräfte sein. Es ist besser, wenn wir den Wald bei Nacht betreten.“
Ich versuchte, ein Lachen zu unterdrücken, und so wurde ein Schnauben daraus.
„Was ist?“, fragte Arun irritiert.
Ich zuckte mit den Schultern. „Wie häufig werden solche Worte wohl ausgesprochen?“
Er sah mich unverständig an. „Ich bin nicht sicher, was –“
„Schon gut.“ Ich winkte ab. „Lass uns einen Rastplatz für den Tag suchen.“
Zu unserem Glück ragten unweit des geduckten Waldes, wie der Dämon ihn nannte, die ersten Vorläufer der Berge auf. Die Felsen waren so schroff und von Regen und Wasserwegen ausgewaschen, dass es nicht lange dauerte, bis Arun eine Höhle fand, in der wir uns vor dem Tageslicht und seinen Häschern verbergen konnten. Kaum lichteten sich die Schleier der Nacht, tauchte in der Ebene unter uns ein Lichtträger auf. Als ich ihn erblickte, packte ich Aruns Arm.
„Wie können sie wissen, wo wir sind?“, zischte ich, unsicher, ob der Lichtträger mich auf diese Entfernung hören konnte.
Arun beobachtete die helle Gestalt mit zusammengekniffenen Augen. „Sie können es nicht“, antwortete er. „Aber ich denke, ihre Anwesenheit deutet darauf hin, dass wir hier richtig sind.“
Der Lichtträger wandte sich ein paar Mal im Kreis, spähte in verschiedene Richtungen und dann verschwand er so unerwartet, wie er aufgetaucht war, durch eine Lichtsäule, die sich aus dem Himmel auf ihn herabsenkte.
Mit einem letzten Blick auf die Ebene zogen wir uns in die Höhle zurück. Sie war feucht und roch so moderig wie die Pfützen in der Ebene, doch ihre Decke war hoch genug, dass wir aufrecht stehen konnten.
„Du hast gesagt, sie suchen nach mir“, sagte ich zu Arun. „Weshalb?“
Der Dämon hatte ein Feuer entfacht, teilte gerade den Proviant aus und verstaute den Rest im Beutel, den er von Rosana mitgenommen hatte. „Du hast einen der ihren verwundet“, sagte er und zuckte mit den Schultern. „Sie wollen Rache.“
Ich hockte mich auf die andere Seite der Flammen, kaute mein Brot und grübelte darüber nach. „Denkst du, sie haben deshalb Gibbons Tal überfallen?“
Arun sah mich kurz an und fuhr dann fort, mit einem Stock im Feuer zu stochern. „Möglich.“
Ich schluckte. Er hätte mich auch belügen können, indem er mir versicherte, dass das flammende Inferno nicht meine Schuld war. Ich seufzte schwer und legte den Rest des Brotes aus der Hand. Auf einmal war mein Appetit verschwunden.
Arun schielte missbilligend auf den Rest meines Proviants. „Sie brauchen keinen Grund, um grausam zu sein“, sagte er mit Nachdruck. „Es gibt zu vieles, das wir nicht ändern können und auf das wir keinen Einfluss haben.“ Er lächelte schief. „Kein Grund, sich deshalb zu bestrafen. Iss auf.“
Ich runzelte die Stirn und starrte auf das Brot. Nach einer Weile griff ich danach, kaute lustlos und schluckte. Auch wenn ich fand, dass Arun Recht hatte, fühlte ich mich deshalb nicht besser.
Mit dem verkohlten Ende des Stockes schmierte der Dämon etwas auf den Steinboden, das aussah wie eine behelfsmäßige Landkarte. Nachdenklich beugte er sich darüber und strich hier und da eine Stelle aus. Sein Haar fiel ihm über die Schultern und er schob es immer wieder geistesabwesend zurück. Ich lächelte. Er war so konzentriert, dass er leise vor sich hinmurmelte.
Ich schaute ihm eine Weile zu und horchte auf das Prasseln des Feuers. Schließlich erhob ich mich, um einen letzten Blick auf den nahenden Morgen zu erhaschen. Die Höhle lag recht hoch im Fels und so konnte ich die Landschaft weit überblicken. Die Sonne erhob sich glitzernd
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