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Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
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lasst das Feuer von ihren Körpern zehren. Wenn ihr die erste Nacht überleben wollt, müsste ihr Opfer bringen. Die erste Nacht ist nicht mehr fern und ihr müsst niemals wieder Leid erfahren!“
    Vereinzelte Jubelschreie wurden laut und nach und nach von anderen aufgegriffen. Ich fragte mich, ob die Priester ihresgleichen an strategischen Stellen in der Menge platziert hatten, um diese Reaktionen zu lenken.
    Von der Zustimmung getragen, sprang der Priester mit seiner Fackel von Scheiterhaufen zu Scheiterhaufen. Er hatte sich sichtlich in einen Zustand fanatischer Begeisterung geredet. Und ich hatte den Eindruck, dass er diesen Zustand mit göttlicher Inspiration verwechselte.
    „Das Licht“, schrie er und umarmte die Fackel wie eine Geliebte. Dass er sich dabei Haar und Haut versengte, schien er nicht zu bemerken. „Das Licht verbietet uns zu betteln und doch habe ich euch betteln gesehen! Aber ihr werdet rein, wenn die Schwachen brennen. Ihr werdet wieder rein sein!“
    Ich hatte schon vielen Schwachsinn aus den Mündern der Priester gehört, doch dies hier überstieg selbst meine schlimmsten Vorstellungen. Die Worte des Priesters ergaben nicht einmal Sinn. Es war der pure Wahnsinn, doch in ihrer Verzweiflung drang diese Tatsache nicht bis in die Köpfe der Menschen vor. Ich sah es in den Gesichtern, die mich umgaben. Alles, was sie hörten, war, dass ihnen ihr Leid genommen werden würde, wenn sie ein paar lästige Alte und bettelnde Kinder verbrannten. Es mussten ja nicht die eigenen sein.
    Unruhig schob sich die Menge hin und her. Einzig Lurians Stärke und den Arm, den er um mich gelegt hatte, verhinderten, dass wir abgedrängt wurden. Ich sah, wie ein Mann sich ein Kind griff und es vor sich auf den freien Platz schleuderte. Der Junge war vielleicht fünf Jahre alt. Er fiel auf die Knie und scheuerte sich die Hände auf. Eine Frau hielt einen Greis an den Haaren gepackt und schob ihn auf den Priester zu.
    „Er hat mich um Brot gebeten“, keifte sie. „Er soll auch brennen.“
    Bewegung kam in die Menge, als mehr und mehr Leute vordrängten, um wehrlose Alte oder weinende Kinder in die Mitte des Platzes zu stoßen. Ich sah Mütter, die verzweifelt ihre Kinder an sich pressten, einen Mann, der einen anderen erschlug, weil der sich dessen Mutter genähert hatte. Doch die meisten von ihnen suchten mit Händen und Augen nach Opfern, die für sie brennen konnten.
    Zahnlücke war lange nicht so klug wie Bardorack oder Kessandra, doch es reichte aus, um diesen Mob zu unterwerfen.
    Ein alter Mann kletterte ergeben auf einen Scheiterhaufen und zog ein kreischendes Kind mit sich. Das war mehr, als ich ertragen konnte. Meine Wut brach sich Bahn. Am Rande meines Bewusstseins nahm ich wahr, dass Lurians Griff um meinen Arm verschwunden war, doch das deutete ich lediglich als Zustimmung. Mit Ellbogen und Fäusten kämpfte ich mich aus der Menge heraus, lief zum Scheiterhaufen und entriss dem Alten das Kind, das er neben sich hatte brennen lassen wollen. Der Junge fühlte sich so leicht und zerbrechlich an in meinen Armen, dass ich die Tränen zurückdrängen musste. Er zitterte wie Espenlaub und klammerte sich mit aller Kraft an mich.
    „Betrug!“, brüllte Zahnlücke.
    Vorsichtig löste ich den Klammergriff des Jungen von meinem Hals und stellte ihn auf dem Boden ab. Dann drehte ich mich langsam zu Zahnlücke um. Es erstaunte mich, dass der Priester durch den Lärm der streitenden Menschen überhaupt noch hörbar war.
    „Sie betrügt euch um eure Reinheit“, kreischte er. „Das Mädchen dort. Betrug!“
    Die Menschen, die mir am nächsten gestanden hatte, waren bei dem Ausruf des Priesters zurückgewichen, als hätte ich mich in einen Lichtträger verwandelt. Doch das war nur eines der wenigen Dinge, zu denen ich in diesem Moment nur zu gerne fähig gewesen wäre. Irgendwo in meinem Hinterkopf brüllte und tobte eine Stimme, dass ich hier mein Leben riskierte, für etwas, das zu groß für mich war, doch ich weigerte mich ihr Gehör zu schenken.
    „Packt sie!“, brüllte Zahnlücke und schleuderte Speichel durch die Luft. Er sprang über zwei Scheiterhaufen auf mich zu und wedelte mit seiner Fackel. Ich nahm an, dass er ein Exempel an mir statuieren wollte, doch aus irgendeinem Grund kam er nicht näher heran.
    „Werft sie in die Flammen“, rief er von seinem Schutthaufen. „Sie soll neben ihnen brennen!“
    Zwei bullige Männer in abgerissenen Priesterroben, die aussahen, als würden sie keiner

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